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Partnerschaft mit Europa
"Die Chinesen wissen, dass sie sich öffnen müssen"

Die USA unter Trump werden in Europa nicht mehr als verlässlich wahrgenommen. Wird jetzt die Zusammenarbeit mit China stärker? Ja, glaubt Michael Fuchs (CDU). Denn auch für China werde Amerika zum schwierigen Partner - das Land nehme deswegen Europa nun mehr in den Fokus, sagte Fuchs im Dlf. Doch in der Partnerschaft gebe es noch Einiges zu tun.

Michael Fuchs im Gespräch mit Jürgen Zurheide |
    Michael Fuchs, Vizefraktionsvorsitzender der CDU/CSU im Bundestag
    Michael Fuchs (CDU), stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Union (picture alliance /dpa /Karlheinz Schindler)
    "Wir haben noch eine Menge Verhandlungspotenzial", sagte Fuchs. So etwa in der Wirtschaft: Deutsche Firmen dürften im Moment in China Unternehmen nicht zu 100 Prozent übernehmen - chinesische Firmen deutsche aber schon. "Da müssen gleiche Verhältnisse hergestellt werden".
    Das Bekenntnis Chinas nach der Wahl Donald Trumps zu den Regeln der Welthandelsorganisation sei ein positives Zeichen gewesen, so der CDU-Politiker. Das müsse jetzt mit Leben gefüllt werden. "Wir müssen ihnen klarmachen, dass sie nicht mit Dumpingpreisen auf den Märkten agieren können."
    Auch im Bereich Klimaschutz wüssten die Chinesen angesichts etwa der Smog-Situation in Peking, dass sie handeln müssten: "Sie werden schnell reagieren", meint Fuchs. Dabei steckten sie allerdings in einer Zwickmühle: Denn China brauche sehr viel Energie und die lasse sich derzeit nicht aus erneuerbaren Quellen abdecken.

    Das Interview in voller Länge:
    Jürgen Zurheide: Die Europäische Union und China scheitern an gemeinsamer Klimaerklärung. Das ist eine der Überschriften, die es gestern gab nach dem EU-China-Gipfel, und man reibt sich verwundert die Augen. Denn eigentlich hieß es ja, nun gut, die Chinesen sind unsere neuen Freunde im Osten, und da macht man so einiges. Jetzt hören wir, es hat eigentlich keine Probleme beim Klima gegeben, sondern eher beim Klima der Verhandlungen zu den wirtschaftlichen Auseinandersetzungen. Und damit sind wir eigentlich bei dem spannenden Thema, über das wir jetzt reden wollen mit Michael Fuchs, dem Vizefraktionsvorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Erst mal guten Morgen, Herr Fuchs!
    Michael Fuchs: Guten Morgen, Herr Zurheide!
    Zurheide: Ist das eigentlich jetzt ein gutes Zeichen oder ein schlechtes Zeichen, dass da gestern nichts unterschrieben worden ist? Man kann ja sagen, dem Klima tut es schlecht, auf der anderen Seite bei der Wirtschaft gibt es so heftige Differenzen, dass man nicht alles da unter den Tisch fallen lässt. Wie bewerten Sie das?
    Fuchs: Wir haben noch eine ganze Menge an Verhandlungspotenzial und -notwendigkeit mit den Chinesen. Bis jetzt sind in den Verhandlungen noch keine Reziprozitäten hergestellt worden. Ich will mal sagen, was Reziprozität ist.
    "Wir sollten gleiche Verhältnisse herstellen"
    Zurheide: Genau. Kompliziertes Wort am Morgen.
    Fuchs: Genau. Wenn man als deutsche Firma in China investieren will, dann kann man maximal 49 Prozent des chinesischen Unternehmens erwerben. 51 Prozent müssen in chinesischer Hand bleiben. Das kann ein Staatsunternehmen sein, es kann aber auch ein Privatunternehmen sein. Es gibt also keine Möglichkeit, zu 100 Prozent zu erwerben. Umgekehrt ist das in Europa möglich. Und das ist einer der Streitpunkte, die wir mit den Chinesen haben, und ich weiß, dass die Bundeskanzlerin diese Woche mit dem Ministerpräsidenten ebenfalls darüber gesprochen hat und gesagt hat, wir sollten da gleiche Verhältnisse herstellen. Beide Seiten müssen zu hundert Prozent Unternehmen erwerben können. Es ist positiv, wenn chinesische Unternehmen bei uns kaufen, weil das zeigt, dass man Zusammenarbeit haben will, dass man nicht nur Zusammenarbeit haben will, sondern auch Arbeitsplätze in Deutschland schafft. Denn das Beispiel Kuka zeigt das, in Deutschland werden Arbeitsplätze geschaffen. Das Beispiel auch von Putzmeister zeigt es, dass es ein gutes Joint Venture geworden ist – et cetera. Aber es ist auf der anderen Seite nicht einzusehen, dass das nicht für deutsche Unternehmen in China in gleicher Weise gilt.
    "Die Chinesen wissen, dass sie sich öffnen müssen"
    Zurheide: Es gibt ja eine ganze Reihe Fragen, die wir gleich noch mal abhandeln werden, was da in den Wirtschaftsbeziehungen sich möglicherweise verbessern muss. Ich will noch mal zurückkommen zu meiner Ausgangsfrage. Die war ja: Ist das eigentlich ein gutes Zeichen, dass man jetzt sagt, beim Klima verzichten wir auf die gemeinsame Erklärung, die ja auf sieben oder acht Seiten schon verabschiedet war, weil wir uns in der anderen Frage nicht geeinigt haben. Ist das für sie eigentlich ein gutes oder ein positives Zeichen?
    Fuchs: Nein, ich sehe das nicht positiv. Ich hätte ganz gern gehabt, dass man möglichst viel abarbeitet. Aber Sie wissen, das ist in internationalen Verhandlungen so, da werden auch manchmal Dinge miteinander verknüpft, die nicht notwendig sind oder die nicht notwendig wären. Man muss die Verhandlungen offenhalten, und ich gehe auch davon aus, dass es weitergeht. Gucken Sie, der chinesische Staatspräsident Xi Jinping wird ja am Ende des Monats auch zu uns nach Deutschland kommen, und da gibt es weitere Verhandlungen. Ich nehme an, wir kommen da auch ein Stück weiter. Die Chinesen wissen, dass sie sich öffnen müssen. Die Chinesen haben ja auch in dem Moment, als Trump gewählt wurde, sofort reagiert. Ich erinnere an die Rede von Xi Jinping in Davos beim Weltwirtschaftsgipfel, wo er ganz deutlich gemacht hat, dass die Chinesen sich hinter die WTO stellen und auch hinter die WTO-Regeln, oder die WTO-Regeln verstärken wollen. Das ist ein positives Zeichen gewesen, das müssen sie natürlich jetzt auch mit Leben füllen.
    Zurheide: Genau das ist der Punkt. Reden ist das eine, und Handeln ist was anderes, und da gibt es viele bei uns, die sagen, das tun die Chinesen eben nicht. Ich komme auf bestimmte Branchen wie die Stahlindustrie, die Aluminiumindustrie, die man ansprechen kann. Da wissen wir alle, allein die Überkapazitäten in China sind größer als die gesamten europäischen Kapazitäten, und dann gibt es diese Ungleichgewichte im Markt. Unter anderem deshalb wird ja der marktwirtschaftliche Status den Chinesen im Moment noch nicht gegeben. Halten Sie das für richtig, dass man da so lange zögert, bis die Dinge abgehandelt sind?
    Fuchs: Ich glaube schon, dass das notwendig ist, denn wir müssen den Chinesen klar machen, dass sie nicht mit Dumpingpreisen auf den Märkten agieren können. Das tun wir auch. Die Chinesen haben das ja zu spüren bekommen, denn chinesischer Stahl wird ja mit Strafzöllen belegt, wenn er nach Europa kommt. Das ist auch richtig so. Aber man muss natürlich auch sehen, dass selbst deutsche Stahlunternehmen massiv nach China exportieren. Also es gibt schon auch für deutsche Firmen noch eine Chance, vor allen Dingen da, wo sie Nischenhersteller sind. Aber wir wissen, dass die Chinesen deutliche Überkapazitäten im Stahl haben, und die werden sie abbauen müssen. Das ist schmerzlich, aber nicht zu verändern.
    Klimaschutz: "China wird schnell reagieren"
    Zurheide: Es gibt ja gelegentlich den Hinweis oder die Sorge, dass die Kanzlerin, vielleicht auch, weil sie, durch die Automobilindustrie getrieben, sagt, wir dürfen die Chinesen nicht verärgern, dann machen die den Markt noch schneller zu, als es ohnehin irgendwann kommen wird, und dann vergisst man bestimmte andere Industriebereiche. Haben Sie diese Sorge auch?
    Fuchs: Nein. Ich glaube, dass die Kanzlerin da genau den richtigen Weg geht. Nach meinem Gefühl und auch nach meinem Wissen hat sie den Chinesen immer sehr deutlich gemacht, dass sie für offene Märkte ist und dass das für alle Bereiche der Wirtschaft gelten muss. Und da ist sie auch wirklich sehr engagiert, wie auch die ganze Bundesregierung sehr engagiert ist.
    Zurheide: Kommen wir noch mal zum Thema Klima. Da ist ja das andere, diese Erklärung ist nicht verabschiedet worden, obwohl man eigentlich da auf einer Linie ist. Glauben Sie, dass die Chinesen da so weitermachen, intensiv, und dass es auch dann eine Allianz zwischen Europa und China gibt und sich die geostrategische Lage am Ende ein Stück weit verändern wird? Ist das so, oder gibt es da auch vielleicht den einen oder anderen Tropfen, der da sagt, na ja, also so ganz können wir dem noch nicht trauen, was da passiert?
    Fuchs: Ich meine, die Chinesen wissen auch, dass sie beim Klima was tun müssen. Das haben sie selbst an vielen Stellen gemerkt. Gucken Sie sich die Wetterlagen in Peking oder auch im Pearl-River-Delta und so weiter an. Da ist einfach ein Klima, was nicht mehr auszuhalten ist und für viele Leute schon dazu führt, dass sie eigentlich am liebsten weg würden. Und das haben die Chinesen kapiert, und ich nehme an, dass die Chinesen da auch sehr schnell reagieren, sie sind ja dabei. Und deswegen gehe ich auch davon aus, dass sie im Klimabereich relativ bereit sind, mitzumachen. Nur sie haben natürlich auch noch ein Problem: Sie brauchen Energie, und zwar erheblich. Das kriegen sie nicht alles mit erneuerbaren Energien hin. Der Wind bläst ja nun mal nicht jederzeit, und auch die Sonne scheint nicht immer, auch in China nicht. Und deswegen müssen sie auch noch konventionelle Energien haben. Sie bauen ja massiv Kernkraft aus, um nicht so viel CO2 zu produzieren bei der Stromherstellung. Aber sie werden auch noch eine Zeit lang an Kohle nicht vorbeikommen, weil sie einfach die Kapazität brauchen. Und da liegt eine Schwierigkeit für die Chinesen, das alles zu erfüllen, was man in Paris im Großen und Ganzen vereinbart hat.
    USA für China schwierigerer Partner als Europa
    Zurheide: Aber die Frage ist ja, im Moment scheint sich – ich sage bewusst scheint sich - geostrategisch etwas zu verändern. Die Amerikaner sind nicht mehr, wie die Kanzlerin das gesagt hat, der verlässliche Partner. Ist eine Aussage, was unser Chinakorrespondent heute Morgen noch mal deutlich gemacht hat, die in den chinesischen Staatsmedien ganz breit gelaufen ist. Die Chinesen bieten sich da quasi an. Können wir dem trauen, um es mal auch zugespitzt zu fragen?
    Fuchs: Ich glaube schon. Denn die Chinesen wissen auch ganz genau, dass sie nicht allein auf die amerikanische Karte mehr setzen können, denn das, was Trump macht, gilt ja viel mehr für die Chinesen als für die Europäer. Man muss ja eines sagen: Bis jetzt hat er sehr viel angekündigt, aber noch nichts umgesetzt. Bis jetzt haben wir ja keinerlei Schwierigkeiten für deutsche Unternehmen, in die USA zu exportieren. Es ist ja immer noch der Status quo da. Ob und wann sich da was verändert – nobody knows. Aber ich sage mal, die Chinesen sind eher dran. Er hat TPP aufgekündigt, das Abkommen mit den asiatischen Staaten. Das hat er schon gemacht, und das trifft die Chinesen zwar nur indirekt, weil die ja nicht daran beteiligt sind, aber die Chinesen haben natürlich erhebliche Interessen in den USA, weil sie der größte Exporteur nach USA sind, also die meisten Waren kommen aus China. Amerika kann aber auf der anderen Seite auch nicht ganz darauf verzichten, das wird es nicht hinbekommen. Also da wird es noch Schwierigkeiten geben. Nur haben die Chinesen gemerkt, dass sie in den USA unter Umständen einen wesentlich schwierigeren Partner haben als in Europa. Und deswegen sehe ich schon, dass eine gewisse Konzentration auf Europa jetzt erfolgen wird.
    Zurheide: Eine Konzentration auf Europa. Das heißt, es geht weiter zwischen China und Europa, das sagt zumindest Michael Fuchs von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Herr Fuchs, ich bedanke mich heute Morgen für das Gespräch, danke schön!
    Fuchs: Vielen Dank Ihnen auch, einen schönen Tag!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.