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Pensionsgelder für Kohlekraftwerke
Initiativen fordern: Der Bund soll nachhaltig anlegen

Umweltbewusst leben und umweltbewusst anlegen: Das Divestment, also das Abstoßen unethischer Aktien, Anleihen oder Fonds, bekommt immer mehr Zulauf. Nun fordern mehrere Initiativen erneut, dass auch der Bund die staatlichen Pensionsrücklagen nachhaltig anlegen soll. Dabei gehe es auch um Generationengerechtigkeit.

Von Sina Fröhndrich | 02.07.2019
Blick aufs Meer, an dessen Horizont sich ein industrieller Komplex aus Wind- und Kohlekraft zeigt. Weißer Rauch steigt auf.
Windparks oder Kohlekraftwerke: Wie sollte der Bund Pensionsgelder anlegen? (picture alliance / blickwinkel / H. Baesemann)
Was steckt hinter der Bewegung Divestment?
Im Prinzip wird das Geld abgezogen von Unternehmen, die ihr Geschäft mit fossilen Energien machen. Es geht da beispielsweise um Aktien von Firmen, die mit Öl, Gas oder Kohle ihr Geld verdienen, diese Aktien werden verkauft. Und dann wird neu angelegt – nach nachhaltigen Kriterien. Das können Fonds sein, die nicht nur auf ökologische Aspekte schauen, sondern auch auf soziale, wie Arbeitsbedingungen. Waffengeschäfte können ausgeschlossen werden. Und inzwischen sind auf diese Weise mehr als 130 Milliarden Euro in Deutschland angelegt. Allerdings: Es gibt noch keine klare einheitliche Kennzeichnung für solche Fonds, daran wird aber gerade auf EU-Ebene gearbeitet. Und der Versicherer Axa hat im vergangenen Jahr angemerkt: Es gibt noch gar nicht genügend grüne Projekte, um umzuschichten.
Wie legt der Bund derzeit die Pensionsgelder an?
Es geht beispielsweise um die Pensionen von Beamtinnen und Beamten, aber auch um die Altersbezüge für Beschäftigte der Deutschen Bahn – in Summe sind das fast 450.000 bereits Pensionierte und fast 300.000 Anspruchsberechtigte, die derzeit noch arbeiten. Um diese Milliardensummen vorzuhalten, sorgt der Bund vor - mit zwei Pensionsfonds und dann kommt noch der Versorgungsfonds für die Beschäftigten der Bundesagentur für Arbeit dazu. Diese drei verwalten zusammen knapp 28 Milliarden Euro. Ein Teil dieses Geld wird auch in Aktien gesteckt. Und zwar in den Index Eurostoxx. Der enthält die 50 großen, börsennotierten Unternehmen der Eurozone - und da sind auch dabei: Energiekonzerne wie engi, die auch Kohle verstromen oder der französische Minierölkonzern Total. Auch Chemieunternehmen wie Bayer und BASF.
Nicht zum ersten Mal fordern Initiativen - wie fossilfree in Berlin - zusammen mit den Fridays for Future, dass diese Aktien verkauft werden sollten. Den Initiatoren geht es auch um Generationengerechtigkeit. Und sie verweisen da auch Städte wie etwa Münster oder Leipzig, die sich dem Divestment schon angeschlossen haben.
Ist die nachhaltige Geldanlage für den Bund eine Option?
Das Thema ist erkannt. Es gibt seit kurzem einen Beirat im Bundesfinanzministerium, der sich mit der nachhaltigen Geldanlage beschäftigt. Und Union und SPD haben auf Seite 17 im Koalitionsvertrag formuliert: "Beendigung aller Beteiligungen staatlicher Fonds an Atomkraftwerken im Ausland." Allerdings ist das noch nicht passiert. Das Bundesinnenministerium hat auf Dlf-Anfrage hin erklärt – derzeit prüft eine Nachhaltigkeits-Ratingagentur, welche Aktien dann noch in Frage kommen, wenn Atomkraftwerke ausgeschlossen sind.
Der Bundestagsfraktion der Grünen dauert das alles viel zu lang. Es gibt nämlich längst ein Nachhaltigkeitskonzept für das Vermögen. Und darin sind auch Ausschlusskriterien definiert. Das Innenministerium nennt Negativkriterien wie verbotene Waffen, Tabakendprodukte, schwere Arbeitsrechtverstöße. Verglichen mit anderen Divestment-Strategien ginge es noch strenger – aber es wäre ein Anfang und ein Symbol, meinen Befürworter. Denn wenn der Bund Kohleaktien abstößt, könnte das einen Dominoeffekt haben.