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Pilotprojekt in Rostock
Fußballfans vor Rückkehr in Stadien

Fünf Monate lang wurde im Profi-Fußball in Deutschland ohne Fans in den Stadien gespielt. Das ändert sich ab diesem Wochenende zumindest für einen Verein: Drittligist Hansa Rostock darf ab morgen in einem Pilotprojekt wieder Fans ins Stadion lassen.

Von Raphael Späth | 19.03.2021
Blick auf die Eckfahne mit dem Vereinslogo vom FC Hansa Rostock.
Beim Drittliga-Spiel zwischen Hansa Rostock und Halle dürfen erstmals wieder Fans ins Stadion. (dpa)
Der 7-Tage-Inzidenzwert in der Region Rostock ist derzeit so niedrig wie fast nirgendwo in Deutschland, liegt momentan bei 22,9. Das ist auch der mit Abstand niedrigste Wert in Mecklenburg-Vorpommern. Deshalb hat die Landesregierung um Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) entschieden, dass im Rostocker Stadion ein Pilotprojekt gestartet werden soll.

Großes Interesse der Bundesliga

Am Samstag dürfen 777 Zuschauende beim Drittliga-Spiel gegen Halle dabei sein. Der Großteil davon: Sponsorenvertreter oder Dauerkarteninhabende, die in der Rostocker Region wohnen. Und natürlich werden bei diesem Spiel auch Vertreter aus der Bundesliga dabei sein, um zu schauen, ob dieses Konzept auch in anderen Stadien realisierbar ist.
Einer dieser Bundesligisten ist Union Berlin. Das Stadion an der "Alten Försterei" ist einer von drei Orten in Berlin, wo ebenfalls ein Testlauf für Fans in Stadien oder Arenen stattfinden soll. Der Berliner Senat will darüber informieren, wie das Projekt und vor allem das Hygienekonzept genau aussehen soll. Orientieren wird man sich dabei wohl am Modell aus Rostock.

Corona-Schnelltests für jeden Zuschauenden

In Rostock wird sehr genau kontrolliert werden, ob die Vorschriften eingehalten werden. Das Konzept wurde in enger Abstimmung mit dem Gesundheitsministerium in Mecklenburg-Vorpommern entworfen: Vor dem Einlass ins Stadion gibt es Schnelltests für jeden Besucher, auch die Zugangswege sind klar geregelt, um eine Massenansammlung zu vermeiden.
Im Stadion selbst gelten die gängigen Abstandsregeln, es herrscht eine strenge Maskenpficht - und auch mit einer Corona-App, die Infektionsfälle registrieren und zurückverfolgen soll, wird gearbeitet.
Der Verein betont aber, dass man noch gar nicht wisse, ob tatsächlich alle 777 Zuschauende erscheinen werden. Die Besucher wurden per E-Mail kontaktiert und eingeladen. Für den Verein sei diese Ungewissheit aber nicht unbedingt negativ, sondern ein weiterer Indikator dafür, wie groß die Lust auf Fußball ist - oder ob doch die Sorge vor einer möglichen Infektion überwiegt.
Was feststeht: Dieser erste Probelauf wird für den Verein auf jeden Fall ein Minusgeschäft sein. Die Verantwortlichen nehmen das aber in Kauf für ein Pilotprojekt, das nicht nur für den Profi-Fußball, sondern auch für andere Sportarten und Großveranstaltungen in Deutschland wichtig ist.

Drei-Stufen-Plan könnte in naher Zukunft greifen

Ende Februar hatten Vertreter aus Sport, Kultur und Wissenschaft ein Drei-Stufen-Konzept ausgearbeitet, mithilfe dessen Schritt für Schritt wieder Zuschauende bei Indoor- und Outdoor-Veranstaltungen zugelassen werden sollen. Auch der Deutsche Handball-Bund hatte damals an dem Konzept mitgearbeitet. Dementsprechend aufmerksam beobachtet auch die Handball-Bundesliga das Geschehen in Rostock.
Ein Bundesliga-Spiel ohne Fans
Rückkehr von Fans in die Stadien - Neue Pläne, alte Ideen
Egal ob Fußball, Handball oder Eishockey - seit vier Monaten sind Geisterspiele in allen Profiligen wieder Realität. Ein Bündnis aus Sport und Kultur hat nun ein Konzept vorgestellt, wie eine Rückkehr der Fans aussehen könnte. Wichtige Fragen bleiben aber offen.
"Es ist aus meiner Sicht die richtige Entscheidung, sich nicht weiter einzuschließen, sondern sehr sorgsam einen Weg zurück ins wirkliche Leben vorzunehmen", sagt der Geschäftführer der Handball-Bundesliga, Frank Bohmann dem NDR. "Wichtig ist dabei, dass hier sehr genau nachverfolgt wird, wie die Ergebnisse sind, ob man Ansteckungsrisiken eingeht oder nicht, und daraus dann die richtigen Schlüsse zieht."
Das sehen die Offiziellen von Fußball-Bundesligist Union Berlin ähnlich. Die Berliner hatten schon vergangenes Wochenende beim Heimspiel gegen Köln Corona-Schnelltests für alle Personen organisiert, die auf dem Gelände zugelassen waren. Auf diese gut 300 Schnelltests gab es weitestgehend positive Resonanzen - positive Test-Ergebnisse gab es nicht.
Sollten sich die Projekte in Rostock an diesem Wochenende und in Berlin - dort vermutlich Anfang April - bewähren, könnte es sein, dass es auch in anderen Fußball- und Sport-Arenen bald wieder Fans auf den Rängen geben wird.

Volle Stadien in Großbritannien bis Juni

Auch andere europäische Länder planen eine schrittweise Öffnung im Sportbereich. In den Niederlanden will man beispielsweise nächste Woche die ersten Pilotprojekte starten. Beim Länderspiel in Amsterdam werden aber nicht nur einige hundert, sondern knapp 5.000 Fans im Stadion sein. Auch dort sind Schnelltests und eine Corona-Warn-App Teil des Konzeptes.
Großbritannien will spätestens im Frühsommer mit sogenannten COVID-Zertifikaten arbeiten, verkündete der Sportminister Oliver Dowden. Der Plan ist, spätestens Ende Juni wieder große Menschenmengen in Stadien oder Veranstaltungsorten zusammenbringen zu können. Das würde natürlich auch in den Zeitplan des europäischen Fußball-Verbandes passen.
Aleksander Ceferin bei einer Pressekonferenz.
Fußball-EM 2021 - Brisante UEFA-Forderung nach Fans in Stadien
Ein Vorstoß der UEFA sorgt für Aufhorchen: Präsident Aleksander Ceferin verlangt eine Garantie der EM-Ausrichterstädte, dass Fans in Stadien zugelassen werden - trotz Pandemie. Das ist auch deshalb brisant, weil diese EM in ganz Europa stattfinden soll, unter anderem in München.
UEFA-Präsident Alexander Ceferin hatte in dieser Woche angekündigt, dass alle zwölf Austragungsorte der Fußball-Europameisterschaft - dazu gehört auch München - dafür sorgen müssen, dass im Sommer Fans ins Stadion dürfen. Die UEFA hat diese absolute Aussage inzwischen relativiert. Der Wunsch, Fans bei der EM im Stadion zu haben, ist aber groß.
Der englische Fußball-Verband hatte schon vorher anklingen lassen, dass man durchaus bereit sei, auch mehr Spiele in diesem Sommer auszutragen, als ohnehin geplant. In Großbritannien soll das FA Cup-Finale Mitte Mai als erstes großes Pilotprojekt mit einer größeren Anzahl an Zuschauenden genutzt werden – das ist Teil eines Vier-Stufen-Plans der Regierung.
Also: Nicht nur in Deutschland, auch in anderen europäischen Nationen wird es wahrscheinlich schon sehr bald wieder Publikum in Fußball-Stadien und dann Schritt für Schritt auch bei anderen Großveranstaltungen geben.