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Reaktionen auf Tsipras-Wiederwahl
Brüssel hofft auf rasche Umsetzung der Reformen

Brüssel gratuliert dem Wahlsieger Alexis Tsipras und ist mit seiner Wiederwahl offenbar nicht unglücklich. Denn mit Tsipras muss nun derjenige das Reformprogramm politisch umsetzen, der es zuvor mit den Gläubigern verhandelt hat. In Brüssel hofft man deshalb, dass er sich an die Vereinbarungen halten wird.

Von Jörg Münchenberg | 21.09.2015
    Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras bei seiner Ankunft zum EU-Sondergipfel in Brüssel.
    Auch in Zukunft wird Griechenlands alter und neuer Ministerpräsident zu Gesprächen nach Brüssel reisen. (picture alliance / Belga Photo / Nicolas Maeterlinck)
    Offiziell hält sich Brüssel an die übliche Sprachregelung. Gratulation für den Wahlsieger Alexis Tsipras, verbunden aber auch mit der Hoffnung, dass die Reformschritte in Griechenland nun schnell umgesetzt werden. Der Sprecher der EU-Kommission Margaritis Schinas:
    "Die Kommission gratuliert Alexis Tsipras zu seinem Wahlsieg. Und die Kommission ist auch darüber erfreut, dass dem neuen Parlament viele proeuropäische Parteien angehören. Die Regierung hat jetzt das Mandat, die vereinbarten Reformen umzusetzen. Da wartet viel Arbeit und es gilt, keine Zeit zu verlieren."
    Insgesamt aber überwiegt in Brüssel die Erleichterung. Denn mit Tsipras muss nun derjenige das vereinbarte Reformprogramm politisch umsetzen, der es zuvor mit den Gläubigern verhandelt hat. Das lässt darauf hoffen, dass sich der alte und vermutlich auch neue Ministerpräsident an die Vereinbarungen halten wird.
    Zugleich haben die schärfsten innenpolitischen Kritiker des Reformprogramms, das Hilfen von bis zu 86 Milliarden Euro für die nächsten drei Jahre vorsieht, eine eigene Partei gegründet. Auch das stärkt die Position von Tsipras. Er werde mit der neuen Regierung eng zusammenarbeiten, kündigte unterdessen auch Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem an. Neuverhandlungen über das dritte Hilfspaket hatte der niederländische Finanzminister allerdings schon beim letzten Treffen der Eurofinanzminister vor gut einer Woche explizit ausgeschlossen:
    "Wir werden das dritte Hilfspaket nicht wieder aufschnüren. Das ist nicht möglich, aber auch nicht notwendig. Denn es gab ja im griechischen Parlament eine breite Unterstützung für dieses Programm."
    Lediglich bei bestimmten Maßnahmen, wie etwa den Reformen auf dem Arbeitsmarkt, gibt es für die neue Regierung eine gewisse Flexibilität. Ansonsten ist der weitere Fahrplan genau vorgegeben. Schon im Oktober müssen wichtige Maßnahmen wie etwa eine Pensionsreform oder auch die Stärkung des Finanzsektors angepackt werden. Absehbar ist jedoch, dass sich die angestrebte Überprüfung der Reformmaßnahmen zeitlich verzögern wird. Auch die Kommission wollte sich heute auf einen genauen Zeitpunkt nicht mehr festlegen. Allerdings ist Griechenland bis November durchfinanziert.
    Unterdessen warnte auch der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz Tsipras in diesem Programm vor möglichen Verzögerungen bei den Reformschritten, die es gerade bei Griechenland in den letzten Jahren immer wieder gegeben hatte:
    "Die Maßnahmen, die beschlossen worden sind, sind ja auch von ihm selbst beschlossen worden. Von daher glaube ich, dass wir kein Interessen daran mehr haben müssen, über diese Pakete zu diskutieren. Sondern den gesamten Schwerpunkt auf zwei Dinge zu legen: Investitionen ins Land zu bringen und darüber hinaus Beschäftigung für junge Leute zu schaffen. Das muss unser Ziel sein."
    Doch die Eurogruppe hat noch ein weiteres Druckmittel in der Hand: Schuldenerleichterungen – etwa durch eine weitere Streckung der Tilgungsfristen sowie die dringend erforderliche Rekapitalisierung der griechischen Banken wird es ebenfalls nur bei einer positiven Zwischenüberprüfung der Reformschritte geben.