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Rechtsruck in der Slowakei
Neo-Faschisten im Parlament

Bei den Wahlen in der Slowakei Anfang März hat die rechtsextreme Partei "Unsere Slowakei" (LS-Nase Slovensko) 14 der 150 Mandate errungen und zieht somit erstmals ins Parlament ein. Sprachrohr von LS-Nase Slovensko ist Marian Kotleba, ein Mann mit radikalen Überzeugungen. Er hat jetzt schon die politische Landschaft in der Slowakei verändert.

Von Stefan Heinlein | 16.03.2016
    Marian Kotleba von der rechtsextrmen slowakischen Volkspartei
    Marian Kotleba von der rechtsextremen slowakischen Volkspartei (dpa/picture-alliance/ Vaclav Salek)
    Im Oktober 1939 leistet der neue Präsident Jozef Tiso seinen Eid auf die Verfassung. Die Slowakei ist ein Marionetten-Staat Adolf Hitlers. Das klerikal-faschistische Regime sorgt für die Vernichtung der 60.000 slowakischen Juden und kämpft bis kurz vor Kriegsende an der Seite von Nazi-Deutschland.
    Die kritische Aufarbeitung dieser dunklen Vergangenheit steckt in der Slowakei bis heute in den Kinderschuhen. Viele Slowaken betrachten das Tiso-Regime als Erfüllung des Traums vom eigenen Nationalstaat. In seinen Reden macht sich Marian Kotleba zum Sprachrohr dieser ultra-nationalistischen Bewegung:
    "Für uns treue Patrioten ist Jozef Tiso für immer unser Präsident. Und nicht ein irgendein Clown, dem Homosexuelle mehr bedeuten als das slowakische Volk."
    Kotleba sammelt vor allem Stimmen bei jungen Wählern
    2003 wird der Informatiklehrer zum Führer der Extremisten-Bewegung "Slowakische Gemeinschaft". In Fackelzügen marschieren seine Anhänger in schwarzen Uniformen durch die Straßen und hetzen gegen die Roma-Minderheit. Die Partei wird wenige Jahre später vom obersten Gerichtshof verboten, doch schon bald ist Marian Kotleba mit der Volkspartei politisch wieder aktiv. 2013 wird er völlig überraschend zum Gouverneur in der Mittelslowakei gewählt. Seine Uniform hat er inzwischen abgelegt – doch seinen radikalen Überzeugungen bleibt er weiter treu:
    "Die Politik unserer Volkspartei beruht auf drei Pfeilern. Sozial, national und christlich. Wir verweigern uns dem Diktat der Europäischen Union und fordern den Austritt aus der Verbrecherorganisation NATO."
    Mehr als acht Prozent der slowakischen Wähler machen Anfang März ihr Kreuz bei der Volkspartei. Die europäische Flüchtlingskrise spielt bei dieser Entscheidung nur eine Nebenrolle. Mit einem modernen Wahlkampf in den sozialen Netzwerken sammelt Marian Kotleba vor allem Stimmen bei jungen Wählern in den östlichen Armutsregionen des Landes, so der Publizist Robert Kotian:
    "Viele soziale Probleme der Gesellschaft sind weiter ungelöst. Hinzu kommen eine flächendeckende Korruption und die Klientelwirtschaft der Oligarchen. Auch die fehlende Integration der Roma-Minderheit sorgt für den Erfolg dieser Partei."
    Die politische Entwicklung wird in Brüssel genau beobachtet
    Ein Erfolg mit dem Marian Kotleba die politische Landschaft in der Slowakei verändert hat. Sollte angesichts der schwierigen Mehrheitsverhältnisse im neuen Parlament die Bildung einer tragfähigen Regierung scheitern, versprechen die Umfragen der Volkspartei weitere Stimmenzuwächse. Der politische Rechtsruck könnte so durchaus die Stabilität der jungen Demokratie der Slowakei gefährden, befürchtet Robert Kotian:
    "Ich halte das für sehr gefährlich. Marian Kotleba und seine Partei werden das Parlament als Bühne für ihre faschistische Politik nutzen. Unser Land wird extremistischer. Es droht ein Klima der Gewalt."
    In wenigen Monaten übernimmt die Slowakei erstmals seit ihrem EU-Beitritt Anfang 2004 den europäischen Ratsvorsitz. Die politische Entwicklung in Bratislava wird deshalb in Brüssel mit besonderer Aufmerksamkeit beobachtet werden.