Dienstag, 16. April 2024

Allianz für den Regenwald
Warum Brasilien, Indonesien und DR Kongo für den Klimaschutz so wichtig sind

Die drei wichtigsten Regenwaldnationen Brasilien, Indonesien und die Demokratische Republik Kongo kämpfen zusammen für den Schutz ihrer Tropenwälder. Klimaexperten und Umweltorganisationen warnen vor einer Austrocknung der Regenwälder. Das hätte fatale Folgen für das Klima der Erde.

20.11.2022
    Luftblick auf eine verbrannte Fläche im Amazonas-Urwald nahe der BR-319 Autobahn.
    Der Zustand des brasilianischen Regenwaldes hat sich wegen der massiven Abholzung massiv verschlechtert (picture alliance / dpa / Fernando Souza)
    Die drei größten Regenwaldstaaten der Erde haben während der UN-Klimakonferenz 2022 in Ägypten eine Klimapartnerschaft ins Leben gerufen. Diese sieht unter anderem den Zugang zu Klimafinanzierung und Entschädigungen für die Reduzierung der Abholzung vor. Die Vereinbarung der drei Länder Brasilien, Indonesien und die Demokratische Republik Kongo (DRK) setzt eine Unterstützung durch reichere Länder voraus.
    Brasilien ist das Land mit der größten Fläche an tropischem Regenwald weltweit. Mit 318,7 Millionen Hektar hatte Brasilien 2020 mehr als drei Mal so viel Regenwald wie die Demokratische Republik Kongo - das Land mit der zweitgrößten Fläche an tropischem Regenwald. Indonesien war 2020 das Land mit der drittgrößten Fläche an Regenwald.
    Brasilien ist das Land mit der größten Fläche an tropischem Regenwald weltweit. Mit 318,7 Millionen Hektar hatte Brasilien 2020 mehr als drei Mal so viel Regenwald wie die Demokratische Republik Kongo - das Land mit der zweitgrößten Fläche an tropischem Regenwald. Indonesien war 2020 mit 93,8 Millionen Hektar das Land mit der drittgrößten Fläche an Regenwald.
    (Statista)
    Die Allianz der drei Regenwaldstaaten ist deshalb von großer Bedeutung. Oscar Soria von der Kampagnenorganisation Avaaz erklärte der britischen Zeitung "The Guardian": "Dieses Abkommen könnte ein viel versprechender Schritt nach vorne sein. Diese drei Ökosysteme sind entscheidend für die ökologische Stabilität der Welt."
    Bereits bei der der Weltklimakonferenz 2021 in Glasgow (COP26) hatten 145 Staaten einen Pakt gegen Waldzerstörung geschlossen und sich dazu verpflichtet, die Entwaldung bis zum Jahr 2030 zu stoppen. Das bedeutet, dass die Abholzung jedes Jahr um zehn Prozentpunkte zurückgehen muss. Seit der letzten COP sei diese aber nur um 6,3 Prozentpunkte gesunken, stellt Friedrich Bohn vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung fest.

    Wie ist die aktuelle Lage im Amazonas-Regenwald?

    17 Prozent des Amazonas-Regenwaldes sind bereits durch Waldzerstörung vernichtet worden - etwa durch Abholzung, Ausbau von Infrastruktur, Umwandlung der Wälder in Weideland und landwirtschaftlich genutzte Flächen (z.B. für Rinderzucht und Sojaanbau) sowie Ölförderung.
    Die internationale Umweltorganisation WWF hat auf der Weltklimakonferenz zudem eine Studie mit "alarmierenden Erkenntnissen zum Zustand des Amazonas-Regenwalds" veröffentlicht. Darin warnt der WWF, dass mehr als ein Drittel des Gebietes in naher Zukunft "umkippen", also austrocknen und zur Savanne werden könne. Es gibt dafür drei Risikofaktoren: Es regnet weniger im Regenwald, die Trockenzeit ist länger und die Erwärmung insgesamt setzt dem Regenwald zu.
    Kipp-Punkte
    Ein Kipp-Punkt / Kipp-Element ist ein kritischer Grenzwert, an dem eine kleine zusätzliche Störung zu einer qualitativen Veränderung im System führen kann. Auch im Klimasystem gibt es Kipp-Punkte, bei deren Überschreiten es zu starken und teils unaufhaltsamen und unumkehrbaren Störungen kommen kann. Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) erklärt das mit folgender Metapher: Schiebt man eine Kaffeetasse über den Schreibtischrand, passiert erst nichts, bis sie einen kritischen Punkt erreicht, an dem sie kippt und abstürzt. Forscher haben einige Kipp-Punkte identifiziert, deren Überschreitung gravierende Auswirkungen auf das Klimasystem der Welt hätten.
    Auch die Wissenschaft schlägt Alarm. Im sechsten Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC wird das Risiko des Umkippens des Amazonas-Regenwaldes ebenfalls erwähnt. Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung hat im Frühjahr davor gewarnt, dass der Regenwald an Widerstandsfähigkeit und Fähigkeit, CO2 zu speichern, verlieren kann. Einige Klimamodelle ergeben einen vollständigen Zusammenbruch des Amazonas-Regenwaldes noch in diesem Jahrhundert.

    Welche großen Regenwaldflächen sind sonst noch von Zerstörung betroffen?

    Die größten zusammenhängenden tropischen Regenwaldgebiete liegen im Amazonastiefland, im Kongobecken und in Südostasien. Jedes Jahr verschwindet ein Teil der weltweiten tropischen Regenwälder. Im Jahr 2021 wurden laut Global Forest Watch 3,75 Millionen Hektar Regenwald vernichtet. Am meisten von dem Verlust an Regenwald betroffen war Brasilien. Der größte Teil des Amazonas-Regenwaldes liegt dort, aber auch Peru, Kolumbien, Venezuela, Bolivien, Guyana, Surinam, Ecuador und Französisch-Guyana haben Anteile an ihm.
    Brasilien war im Jahr 2021 das Land mit dem größten Verlust an Tropenwald: 1,5 Millionen Hektar Urwald gingen in dem südamerikanischen Land verloren. An zweiter Stelle stand die Demokratische Republik Kongo mit einem Verlust von 499 Tausend Hektar.
    Länder mit dem größten Verlust an Regenwald 2021 (Statista)
    Die zweitgrößte Regenwaldregion der Erde liegt im zentralafrikanischen Kongobecken mit den sechs Ländern Kamerun, Zentralafrikanische Republik, Republik Kongo, DR Kongo, Äquatorialguinea und Gabun. Die DRK hat dabei den größten Anteil am Regenwald und nach Daten von Global Forest Watch aus dem Jahr 2021 den zweithöchsten Verlust an Tropenwald weltweit zu verzeichnen (fast 500.000 Hektar). An dritter Stelle liegt Bolivien, gefolgt von Indonesien.

    Welche Rolle spielt der Regenwald für das Weltklima?

    Regenwälder sind Gebiete von entscheidender Bedeutung für die Kohlenstoffspeicherung und Biodiversität. In einem Hektar Tropenwald sind im Durchschnitt 734 Tonnen CO2 in Form von Kohlenstoff gebunden. Mit jedem Stück zerstörtem Regenwald gelangt mehr CO2 in die Atmosphäre. Beim Verbrennen der Wälder wird das in Blättern, Wurzeln und Holz sowie in den Böden gespeicherte CO2 freigesetzt. Schon jetzt stößt der Amazonas laut einer Studie mehr Kohlenstoff aus als er bindet.
    Bei Regenwäldern handelt es sich im Prinzip um selbsterhaltende Systeme: Es regnet, das Wasser verdunstet über die Bäume und Blätter in riesigen Mengen, es bilden sich neue Wolken und der Regen fällt erneut. Durch diese großen Mengen an Feuchtigkeit wird der Atmosphäre Wärme entzogen. Die Größe des Waldes ist hier entscheidend, denn je weniger Bäume der Wald hat, desto weniger Feuchtigkeit liegt in der Luft und desto geringer ist die Niederschlagsmenge. Die Böden trocknen aus, der Wald verliert an Widerstandsfähigkeit, die Atmosphäre erwärmt sich.
    Wird der Regenwald weiter vernichtet und schreitet die globale Erwärmung weiter fort, droht der Amazonas-Regenwald auszutrocknen. Bei Erreichen des Amazonas-Kipp-Punkts wäre das Ziel des Pariser Klimaabkommens von einem 1,5-Grad-Limit globaler Erwärmung nicht mehr zu erreichen, betont der WWF.

    Was soll sich unter Brasiliens neuem Präsidenten Lula ändern?

    Brasiliens im Oktober erneut gewählter Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva löst Anfang 2023 Brasiliens rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro ab, unter dem die Regenwaldabholzung vorangetrieben worden war. Lula hat schon im Wahlkampf eine komplette Politikwende in vielen Bereichen versprochen - von der Sozialpolitik bis hin zum Schutz des Regenwaldes. Den Klimaschutz erklärte er zu einem der Schwerpunkte seiner Amtszeit.
    "Es gibt keine Klimasicherheit für die Welt ohne einen Schutz des Amazonas. Wir werden tun, was auch immer erforderlich ist, um die Entwaldung und Waldzerstörung bis zum Jahr 2030 auf null zu senken", sagte er bei der UNO-Klimakonferenz. Deshalb werde er unter anderem die Überwachungsorgane dafür wieder aufbauen. Außerdem werde es ein Ministerium für indigene Völker geben und Lula bewarb sich um die Klimakonferenz im Jahr 2025. Die soll dann in der Amazonas-Region stattfinden.
    Quellen: Georg Ehring, Statisata, Bundesumweltamt, Global Forest Watch, WWF, PIK, Helmholtz Klima Initiative, Oro Verde, AP, og