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Frankreich kündigt Ökosteuer auf Flugtickets an

Kerosin wird bislang nicht besteuert in Frankreich. Der Regierung ist das ein Dorn im Auge. Deshalb führt sie Anfang 2020 eine Ökoabgabe auf Flugtickets ein. Die rund 180 Millionen Euro Einnahmen sollen in den "Alltagsverkehr" einfließen. Umweltverbänden geht das nicht weit genug.

Von Marcel Wagner | 09.07.2019
Ein Flugzeug fliegt bei strahlendem Sonnenschein tief über einem Strand mit Reihen voller Liegen und Touristen.
Frankreich besteuert ab 2020 alle Flugreisen - Ausnahmen: Reisen nach Korsika und in französische Überseegebiete, die anders als mit dem Flugzeug kaum oder nicht zu erreichen sind. (imago/Eibner Europa)
Égalité – Gleichheit – so lautet eine der wichtigsten Leitlinien der Französischen Republik. Doch folgt man Frankreichs Verkehrsministerin Élisabeth Borne, dann sehen ihre Landsleute eben diese Gleichheit beim Thema Verkehr aktuell keineswegs gewährleistet:
"Schon seit einigen Monaten äußert sich bei unseren Mitbürgern Unverständnis, ein Gefühl der Ungerechtigkeit, was die Besteuerung des Luftverkehrs anbelangt."
Ökoabgabe greift ab 2020
Analysierte die Verkehrsministerin in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit ihrem Kollegen, dem Umweltminister. Warum nur müssen Autofahrer für ihren schmutzigen Sprit hohe Steuern zahlen, während Fluggäste für das ebenso schmutzige Kerosin nicht zur Kasse gebeten werden? Diese Frage treibt nicht nur die Bürger, sondern auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schon länger um. Seit einiger Zeit versucht er, seine europäischen Kolleginnen und Kollegen davon zu überzeugen, das zu ändern. Doch Fortschritte lassen auf sich warten, wie Verkehrsministerin nun Borne einräumt:
"Das Bewusstsein ist da, es kommt auch Bewegung in die Sache. Aber die Not ist nun mal akut."
So akut, dass Frankreich nicht mehr bereit ist, auf die europäischen Partner – allen voran auf Deutschland – zu warten, und nun Nägel mit Köpfen macht. Ab kommenden Jahr, so die Ministerin, wird Frankreich eben zunächst alleine eine Öko-Abgabe einführen:
"Sie wird gestaffelt sein. Ein Euro fünfzig für ein Flugticket innerhalb Europas in der Economy-Klasse, bis hin zu 18 Euro außerhalb Europas in der Business Klasse."
Ausnahmen für Flüge nach Korsika und Überseegebiete
Diese Ökosteuer wird bei allen Flügen - egal welcher Fluglinie - fällig, die von französischen Flughäfen aus starten. Ausgenommen werden sollen nur Anschlussflüge sowie Flüge auf die französische Insel Korsika und in französische Überseegebiete, die vom französischen Festland aus anders als mit dem Flugzeug kaum oder nicht zu erreichen sind. Die rund 180 Millionen Euro, die die Ökoabgabe im Jahr bringen soll, hat die Verkehrsministerin schon verplant:
"Das Geld wird komplett in Investitionen gesteckt, also der Finanzierung des Alltagsverkehrs unserer Landsleute zugutekommen."
Für die französische Regierung ist diese Öko-Abgabe ein Wagnis, bedeutet sie doch, dass französische Flughäfen weniger attraktiv sowohl für Fluglinien, als auch für Fluggäste werden könnten. Umweltverbänden dagegen geht die Abgabe längst nicht weit genug: Die Bezeichnung Ökosteuer sei fragwürdig, sagte der Luftfahrtexperte Andrew Murphy von der Organisation Transport and Envirement gegenüber der Nachrichtenangentur AFP.
Der Steuersatz sei ziemlich niedrig, halte vermutlich niemanden vom Fliegen ab und sei niedriger als die Abgabe, die Steuer, die Deutschland schon 2011 eingeführt habe.