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Richtiges Verhalten im OP
Knigge für Medizinstudenten

Was tun, wenn ich am OP-Tisch niesen muss? Wie schütze ich mich vor spritzenden Körperflüssigkeiten? Das und vieles mehr lernen Medizinstudenten in Lübeck beim "OP-Knigge": Das Training soll ihnen Sicherheit geben, wenn sie beim ersten Mal im Operationssaal dabei sein dürfen.

Von Astrid Wulf |
    Eine Krankenschwester reicht einem Arzt während einer Operation eine Schere.
    Die Studenten sollten ihre Nervosität nicht mit Coolness überspielen, rät die Dozentin. (imago stock&people)
    Im Flur des Lehr-Operationssaals drängen sich etwa zehn angehende Ärztinnen und Ärzte und versuchen, sich Kopfhauben über die Haare und Mundschutzmasken übers Gesicht zu friemeln. Leichter gesagt als getan. Wie verstaue ich meinen Pferdeschwanz richtig? Wie lege ich als Brillenträger den Mundschutz so an, dass die Brille nicht beschlägt? Das lernen die Studierenden hier in dieser Lehrveranstaltung. Niklas Köhler ist im 8. Semester und hat gerade sein Praktikum in der Gefäßchirurgie begonnen. Er ist froh, dass er beim OP-Knigge die Basics mitbekommt, die er im Operationssaal braucht.
    "In der Tat hätten die mich fast heute Morgen mit in den OP geschickt, und meine größte Sorge war, dass ich nicht hundertprozentig weiß, wie ich mir die Hände korrekt wasche, korrekt desinfiziere."
    Angst vor Erschöpfung
    Irgendwann kommt für alle Medizinstudierenden der Tag, an dem mit in den OP müssen. Dort warten dann scheinbar allwissende Ärzte und OP-Schwestern auf sie, die die Anfänger mit Argusaugen beobachten. Niemand wird gleich zu Beginn bei der Herz-OP assistieren. Vielleicht soll man allerdings mal mit einem Haken eine Körperöffnung aufhalten, in der die Ärzte operieren – auch eine ganz schön verantwortungsvolle Aufgabe. Studentin Maxi Treder durfte schon einige Male mit in den Operationssaal. Ihre größte Sorge ist allerdings nach wie vor, dass sie - wenn sie erst einmal im OP ist - so schnell nicht mehr rauskommt.
    "Dass einem möglicherweise irgendwann schwarz vor Augen werden könnte. Man kann lange nichts trinken, kann auch lange Zeit nicht zur Toilette gehen, man muss stehen, muss die ganze Zeit möglicherweise den Haken halten, irgendwann wird einem vielleicht auch mal der Arm lahm."
    "Jetzt gehen wir in den OP-Saal. Wenn wir dort reinkommen. Die Hände weit weg. Stellt euch vor, dass da drüben der sterile Bereich ist. Also sucht ihr euch immer den Bereich, der entgegengesetzt ist. Also auf dieser Seite."
    Dozentin des OP-Knigge ist Dana Varbelow. Die resolute und herzliche Frau mit dem dunklen Pferdeschwanz ist OP-Schwester mit langjähriger Erfahrung, die sie hier mit den Studierenden teilen möchte.
    "Ich war über einen Meter weg, habe mich gebückt, und die haben den Knochen aufgeraspelt, und ich habe so eine richtig volle Ladung Knochenmark in mein Auge reinbekommen. Deswegen schützt eure Augen, das ist wirklich ganz wichtig."
    Unsicherheit ist ganz normal
    Der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland zufolge ist vor allem eine Hygieneeinführung Standard, bevor die Studierenden überhaupt den OP-Saal betreten dürfen. Dana Varbelow ist es jedoch wichtig, den Studierenden beim OP-Knigge auch scheinbar Banales mitzugeben. Zum Beispiel, wie wichtig ein gutes Frühstück ist, um während einer stundenlangen OP nicht umzukippen. Falls einem doch schummerig wird, rechtzeitig Bescheid zu sagen. Und: Wenn die Nase kribbelt – beherzt nach vorne zu niesen.
    "Wenn ihr am OP-Tisch steht und ihr müsst mal niesen – dann denkt daran, dass ihr euch nicht wie im normalen Leben wegdreht, denn dann kommt direkt das Sekret zur Seite raus, und das wollen wir nicht."
    Unsicherheit sei ganz normal, sagt Dana Varbelow. Doch auch als Anfänger könne man im OP einfach mal fragen, ob man helfen kann. Oder den Patienten, die wach in den OP kommen, gut zureden. Viele würden versuchen, die Nervosität mit Coolness zu überspielen, das sei allerdings nicht unbedingt hilfreich.
    "Ich wünsche es mir auch, dass man sagt: Ich bin mir unsicher, kannst du mir das noch mal zeigen, kannst du mir mal helfen – das würde oft viel mehr helfen als Coolness."
    Am Ende können sich die Medizinstudierenden alleine steril den Kittel und die Handschuhe anziehen, und sie wissen, wie man die OP-Liege verstellt und vieles mehr, um die ersten Male im OP zu überstehen. Medizinstudentin Linda Winkler ist froh, dass es den OP-Knigge hier an der Lübecker Uni gibt.
    "Das dauert jetzt sehr lange hier, aber ich finde es schon wichtig – jeder einzelne Schritt."