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Rohstoffe und Corona
Preissturz beim US-Erdöl - was steckt dahinter?

Die Weltwirtschaft schwimmt bereits in billigem Öl, die Corona-Pandemie lässt die Nachfrage weiter einbrechen. Dies führte nun zu einem historischen und bizarren Ausnahmezustand am Markt: Der Preis für US-Erdöl sackte zwischenzeitlich erstmals auf unter Null.

Von Silke Hahne | 21.04.2020
Eine Erdölpumpe im Sonnenuntergang.
Der Ölpreis war in den USA zwischenzeitlich bis in den Minusbereich gesunken (imago / Levine-Roberts)

Warum ist ausgerechnet das US-Öl jetzt gerade so billig?

Am Ölmarkt kommt gerade einiges zusammen: Zum einen wird auch in den USA gerade sehr viel weniger Benzin, Diesel und Kerosin verbraucht, die Nachfrage ist also sehr gering. Zum anderen haben sich die Lager für Öl schon in den vergangenen Wochen gut gefüllt, der Preis sinkt wegen der geringen Nachfrage seit geraumer Zeit.
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Außerdem ist heute (21.04.2020) noch ein wichtiger Stichtag: Wer heute am Finanzmarkt Papiere für US-Erdöl der Sorte WTI mit Lieferdatum Mai hält, der muss das Öl auch abnehmen. Denn anders als etwa Aktien ist Öl ein physisches Gut.
Investoren haben aber kaum die Möglichkeit, Öl zu lagern. Normalerweise übertragen sie ihre alten Papiere vor Stichtagen wie heute auf Öl-Kontrakte mit späteren Lieferzeitpunkten. Diese sind aber gerade sehr viel teurer als die Papiere zum Mai-Lieferdatum. Es drohen also Verluste.
Händler stehen am 02.03.2020 an der Wall auf dem Parkett der Wall Street in New York und blicken auf die Aktienkurse auf den Bildschirmen.
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Physisch abnehmen kann am Markt das Öl aber auch kaum jemand, hier kommen wieder die niedrige Nachfrage und die fast vollen Lager ins Spiel. Investoren mussten daher andere dafür bezahlen, ihnen das Öl abzunehmen – um nicht mit Tausenden Fässern Öl da zu stehen.

US-Präsident Trump erwägt, Erdölreserven aufzustocken - ergibt das Sinn?

Die staatlichen Lager der USA sind noch nicht ganz bis zur gesetzlich erlaubten Grenze gefüllt, der Staat kann also durchaus Öl im Mai aufnehmen. Dann muss er sich aber beeilen. Denn der Preis für die Lieferung im Mai gilt eben nur noch heute. Ab morgen ist dann der Preis für Öl mit Liefertermin Juni maßgeblich und der notiert bei rund 20 Dollar pro Fass.
Coronavirus
Übersicht zum Thema Coronavirus (imago / Rob Engelaar / Hollandse Hoogte)

Verbraucher in Europa

Für Verbraucher auch in Europa war Sprit in letzter Zeit sehr günstig. Gibt es einen Zusammenhang? Nicht direkt. In Europa ist eine andere Ölsorte maßgeblich: Brent. Der Preis ist zwar am Montag auch etwas ins Rutschen geraten, bildet sich aber unabhängig vom WTI.
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Aber natürlich gilt auch dabei, dass Öl gerade nicht besonders nachgefragt und daher vergleichsweise günstig ist. Dazu kommt ein erst kürzlich beigelegter Streit der wichtigen Förderstaaten Saudi Arabien und Russland. Saudi Arabien hatte deswegen im April seine Fördermengen gesteigert, bei niedriger Nachfrage sorgte auch das für sinkende Preise.
Erst vor einer Woche gab es eine Einigung auf eine Förderkürzung ab Mai, zusammen mit rund 20 weiteren Staaten der sogenannten Opec+. Ob sich aber alle Länder daran halten, muss sich noch zeigen.
Deshalb stehen also auch Ölpreise außerhalb der USA unter Druck, und das kommt in Europa an: Die Spritpreise sind laut ADAC in den vergangenen acht Wochen gesunken.