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Sachsen
Landrat wechselt Heimleiter in Clausnitz aus

Die Flüchtlingsunterkunft im sächsischen Clausnitz erhält einen neuen Leiter, nach Medienberichten gehörte der bisherige der AfD an. "Wir haben die Entscheidung zum Schutz seiner Person und durch die bundesweite Diskussion über ihn getroffen", teilte Landrat Matthias Damm mit. Vor der Unterkunft hatten rund 100 Menschen einen Bus mit Flüchtlingen blockiert und Parolen entgegengebrüllt.

    Die Flüchtlingsunterkunft im sächsischen Clausnitz
    Die Flüchtlingsunterkunft im sächsischen Clausnitz (dpa / picture-alliance / Hendrik Schmidt)
    Der Ortsteil Clausnitz von Rechenberg-Bienenmühle im Osterzgebirge war dadurch bundesweit in die Schlagzeilen geraten. Frauke Petry, Chefin der rechtspopulistischen AfD kündigte an, dass ihre Partei recherchieren wolle, ob ein Parteimitglied an der Organisation der Proteste mitgewirkt hat. "Wir sind dabei, dies zu recherchieren. Sollte dies so sein, wird es Konsequenzen geben", sagte Petry. Diese könnte beispielsweise in einem Parteiordnungsverfahren münden. Mit Blick auf feindseligen Empfang der Flüchtlinge sagte sie: "Man fragt sich, was Leute dazu treibt, in dieser Weise auf die Straße zu gehen."
    Zugleich gab Petry wie zuvor die Chemnitzer Polizei den Flüchtlingen in dem Bus eine Mitschuld für die Eskalation der Lage. Es habe sehr unschöne Äußerungen der ankommenden Flüchtlinge, Stinkefinger und diverse Anschuldigungen, gegeben. Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, hatte die AfD dagegen zu einer Stellungnahme aufgefordert, welche Rolle sie bei der "Mobilisierung für die Krawalle" gespielt habe.
    CDU-Politiker: "Wir haben ein Problem mit Rechtsextremismus in Sachsen"
    Mittelsachsens Landrat Damm, der den Heimleiter nun aus dessen Position entfernte, verurteilte die Art des Protestes: "Eine ablehnende Minderheit vermittelt ein Menschenbild, welches unserer Region überhaupt nicht entspricht." Der parteilose Clausnitzer Bürgermeister Michael Funke sprach bei einem Besuch bei der sächsischen Integrationsministerin Petra Köpping (SPD) von "Krawalltouristen", die für die Proteste angereist wären.
    Durch den Brand in einer noch unbewohnten Flüchtlingsunterkunft in Bautzen kurz nach dem Clausnitzer Vorfall wächst die Kritik am Umgang des Bundeslandes Sachsen mit Rechtsextremismus. "Wir müssen klar bekennen: Wir haben ein Problem mit Rechtsextremismus in Sachsen", sagte Christian Hartmann, innenpolitischer Sprecher CDU-Landtagsfraktion in Sachsen, im Deutschlandfunk. Geert Mackenroth (CDU), der Ausländerbauftragte des Freistaats Sachsen, sagte im Deutschlandfunk: "Die Statistik lügt nicht und die Statistik sagt, in Sachsen sind die fremdenfeindlichen Angriffe am häufigsten."
    Opposition in Sachsen fordert Konsequenzen
    Zahlreiche Politiker, vor allem aus der sächsischen Opposition, fordern Konsequenzen aus dem Vorfall. "Wir brauchen mehr Gelder für zivilgesellschaftliche Arbeit. Und dann muss der Rassismus als das, was er ist, benannt werden, nämlich ein Problem", sagte der grüne Landesvorsitzender Jürgen Kasek. Die Bundesregierung verurteilte die Geschehnisse als "zutiefst beschämend". Es sei kaltherzig, ankommende Flüchtlinge, darunter viele Frauen und Kinder, grölend und pöbelnd anzufeinden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.
    Bundesjustizminister Heiko Maas forderte in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe eine neue Kultur des Widerspruchs: "Wir dürfen nicht warten, bis es den ersten Toten gibt." Maas erneuerte seinen Appell, sich von der rechtspopulistischen AfD und der islamfeindlichen "Pegida"-Bewegung fernzuhalten. Wer bei AfD oder Pegida mitlaufe, sollte wissen, wen er da unterstütze. "Wer Flüchtlinge mit ihren Kindern an der Grenze erschießen lassen will, der hat verfassungsfeindliche Gewaltphantasien", sagte Maas mit Blick auf eine frühere Äußerung der AfD-Vorsitzenden Frauke Petry. Mit den Werten des christlichen Abendlandes habe das nichts zu tun. "Die AfD entwickelt sich zu einer rechtsradikalen Partei", warnte Maas.