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Sicherheit bei der Fußball-WM
Alles unter Kontrolle in Russland

Beschränkung des Demonstrationsrechts, mehr Polizeipräsenz und Überwachungskameras - zwei Tage vor dem Anpfiff der Fußball-Weltmeisterschaft hat Russland die Sicherheitsmaßnahmen verschärft. Neben der Terrorgefahr haben Polizei und Geheimdienst auch Hooligans im Blick.

Von Thielko Grieß | 12.06.2018
    Russische Bereitschaftspolizei vor dem Stadion in Sankt Petersburg bei einer Übung im April 2018
    Russische Bereitschaftspolizei vor dem Stadion in Sankt Petersburg bei einer Übung (AFP PHOTO / OLGA MALTSEVA)
    Manch ein Einheimischer reibt sich verwundert die Augen. Wo sonst der Weg durch das Bahnhofsgebäude direkt zum Gleis entlang führte, ist er nun abgesperrt. Die Passagierströme werden umgeleitet, an vielen Bahnhöfen in Moskau und anderen WM-Städten. So sollen sie besser kontrollierbar werden. Koffer werden noch häufiger durchleuchtet, Reisende gehen noch häufiger durch Metalldetektoren. Polizei und Sondereinheiten haben ihre Präsenz sichtbar verstärkt.
    Anton Gussjew ist im russischen Innenministerium für Großveranstaltungen zuständig: "Wir sind den Fans gegenüber sehr zugewandt, die in unser Land kommen, die feiern und die Ordnung bewahren. Vielleicht drücken wir die Augen bei einigen kleinen Rechtsverletzungen zu, da wir auf Gäste aus der ganzen Welt warten. Aber wir sind bereit, jederzeit und überall gegen Rechtsbrecher hart vorzugehen."
    Größte Sorge ist Terrorgefahr
    Gussjew sagte nicht, worin solche Kleinigkeiten genau bestehen könnten. Bekannt ist, dass tausende Polizisten in den WM-Städten zusammen gezogen worden sind. Sie kommen zum Teil aus Regionen, etwa in Sibirien, in denen das Turnier nicht ausgetragen wird. Und sie wohnen oft in Studentenwohnheimen, was unter den Studierenden, die ausziehen mussten, zu Unmut geführt hat. In allen Austragungsorten werden um Stadien, Fan-Zonen, Pressezentren und Quartiere von Nationalmannschaften besondere Sicherheitsringe gezogen. Die Sorge der Sicherheitsbehörden gilt vor allem der Terrorgefahr.

    Vor wenigen Tagen in Saransk, einer der Austragungsstädte. Die Polizei feiert ihr 300-jähriges Bestehen. Eine Spezialeinheit zeigt auf einem großen zentralen Platz ihre Feuerwaffen. Zwei der Männer in dunkler Uniform sagen: "Wir sorgen auch während der WM für Sicherheit. Wir werden da sein, aber man sieht uns nicht. Wenn nötig, sind wir bereit."
    Hooligans im Visier von Polizei und Geheimdienst
    Eine andere Sorge ist die vor Ausschreitungen von Hooligans. Es gilt als offenes Geheimnis, dass die Sicherheitsbehörden mögliche Gewalttäter aus Russland selbst gut im Blick haben. Um jene aus dem Ausland beobachten zu können, kooperieren die Russen mit Beamten anderer Staaten, auch aus Deutschland, die zum Teil bereits angereist sind. Alexej Lawrischtschew, im WM-Organisationskomitee für Sicherheit zuständig: "Kooperation zwischen Geheimdiensten und Sicherheitskräften bei Veranstaltungen wie einer Fußball-WM ist internationaler Standard."
    Polizei und Geheimdiensten kommen dabei auch Datensammlungen zugute, die sie nach russischer Gesetzeslage viel umfangreicher und langfristiger als in Deutschland erheben dürfen. Jeder Einreisende, ob bloß als Tourist oder Fan, muss eine Reihe von Daten angeben. Hinzu kommt die Pflicht, sich in den Aufenthaltsorten nach Ankunft amtlich registrieren zu müssen. Wahrscheinlich ist auch, dass elektronischer Datenverkehr mitzulesen versucht wird. Einfallstor sind offene WLAN-Netze, die auch in Stadien angeboten werden.

    Außerdem setzen die Behörden Gesichtserkennungssoftware ein, etwa an stark frequentierten Moskauer U-Bahnhöfen. Ein Erlass Präsident Putins hat zudem das Demonstrationsrecht noch weiter eingeschränkt. Oppositionellen wird es kaum möglich sein, sich auf zentralen Plätzen zu zeigen. Dies allerdings ist schon in normalen, WM-freien Zeiten kaum noch möglich – die Hürden sind längst sehr hoch.