Moritz Küpper: Wolfgang Niersbach, die 50. Bundesligasaison ist zu Ende. Der FC Bayern München ist Deutscher Meister. Es ist der 23. Titel für die Bayern, den Rekordmeister. Ist diese Bundesligasaison also so zusagen standesgemäß, wenn man auf die Geschichte schaut, zu Ende gegangen?
Wolfgang Niersbach: Ja, aus Sicht der Bayern ganz bestimmt. Also, es gibt ja auch noch andere Fans in der Republik, denen dieser Abstand des FCB, speziell in dieser Saison, zu den anderen 17 doch ein Stück zu groß geworden ist. Also bei allem Respekt vor der großartigen Leistung gehöre auch ich zu denen, die mit Blick auf die Zukunft sagen: Ein bisschen enger, spannender sollte es in Zukunft schon zugehen.
Küpper: Franz Beckenbauer sagt immer wieder den Satz: Das sind Geschichten, die schreibt nur der Fußball. Und in dieser 50. Jubiläumssaison stehen jetzt ausgerechnet zwei deutsche Mannschaften erstmals im Champions-League-Finale, nächsten Samstag ist es dann so weit. Mit welchen Gefühlen verfolgt ein DFB-Präsident in seinem ersten Jahr ein solches Finale?
Niersbach: Ja, das ist grandios und da gerät man ins Schwärmen. Und ich habe viele internationale Kontakte, da wird mir auf die Schulter geklopft, obwohl ich ja streng genommen gar nicht persönlich dafür kann. Das ist eine tolle Konstellation und irgendwo Resultat einer so positiven Entwicklung über die Jahre hinweg. Also, da sind 14 deutsche Nationalspieler in beiden Vereinen vertreten, und wir können deren Weg nachzeichnen ab dem zehnten Lebensjahr. Also, all die Stufen unserer Talentförderung in den Vereinen, den kleinen Vereinen, dann beim DFB-Stützpunkt-Training, dann kamen sie ins Leistungszentrum, Manuel Neuer und Mario Gomez waren sogar in der Eliteschule des Fußballs. Also, das können wir nachzeichnen. Und es ist einfach Begeisterung pur. Aber ich sage auch: Da gehört auch Glück dazu. Das sage ich auch mit Blick schon auf die nächste Weltmeisterschaft. Also wir können jetzt noch mehr im Umfeld machen, noch ein paar Spezialtrainer einstellen, wir können die Video-Analyse verbessern. Am Ende hat Fußball, das Fußballspiel, auch immer etwas mit Glück zu tun.
Küpper: Sie haben es gerade schon angesprochen: Das Glück und das Umfeld, was den Fußball mittlerweile begleitet, dieses Champions-League-Finale, die Halbfinals, davor der Wechsel von Mario Götze von Dortmund zu Bayern München, dann der Fall Uli Hoeneß so zusagen: Man hat den Eindruck, dass die Republik in den letzten Wochen fast nur noch den Fußball kennt. Sie verfolgen das Geschäft seit Jahrzehnten. Wie nehmen Sie das wahr, den gesellschaftlichen Stellenwert des Fußballs?
Niersbach: Ja, es scheint keine Grenzen zu geben. Speziell im Fußball, es wurde schon immer gesagt: Der Fußball ist ein Sport, wo sich der Pförtner der Bank genau so begeistert wie der Konzernchef. Und das ist eigentlich die Bestätigung in den letzten Jahren auch, wenn wir registrieren, dass der weibliche Anteil der Besucher immer stärker zunimmt. Das war in den ersten Jahren der Bundesliga ja fast etwas Außergewöhnliches, wenn man auch Frauen und Mädchen im Stadion erblickt hat. Jetzt sind es 30, 35 Prozent. Das ist auch eine ganz tolle Entwicklung.
Und der Fußball schafft es immer wieder, auch für die, die sich so lange damit beschäftigen wie ich, Geschichten zu schreiben, ja neue Geschichten zu schreiben. Immer wenn man denkt, Du hast schon alles erlebt im Fußball, es kann Dich nichts mehr überraschen, es gibt nichts Neues mehr: Genau in dem Moment hat man wieder so außergewöhnliche Situationen. Wenn ich jetzt also da auch wieder an unser Spiel gegen Schweden denke – Du führst 4:0, Du lehnst Dich zurück, die Komplimente kommen von links und rechts, und dann ... Ja, in dem Fall waren wir betroffen, und in Schweden wird das in den Geschichtsbüchern für immer als Jahrhundertereignis stehen. Und ich glaube, das ist die tiefe Faszination, dass der Fußball letztlich nie langweilig und eintönig wird.
Wolfgang Niersbach: Ja, aus Sicht der Bayern ganz bestimmt. Also, es gibt ja auch noch andere Fans in der Republik, denen dieser Abstand des FCB, speziell in dieser Saison, zu den anderen 17 doch ein Stück zu groß geworden ist. Also bei allem Respekt vor der großartigen Leistung gehöre auch ich zu denen, die mit Blick auf die Zukunft sagen: Ein bisschen enger, spannender sollte es in Zukunft schon zugehen.
Küpper: Franz Beckenbauer sagt immer wieder den Satz: Das sind Geschichten, die schreibt nur der Fußball. Und in dieser 50. Jubiläumssaison stehen jetzt ausgerechnet zwei deutsche Mannschaften erstmals im Champions-League-Finale, nächsten Samstag ist es dann so weit. Mit welchen Gefühlen verfolgt ein DFB-Präsident in seinem ersten Jahr ein solches Finale?
Niersbach: Ja, das ist grandios und da gerät man ins Schwärmen. Und ich habe viele internationale Kontakte, da wird mir auf die Schulter geklopft, obwohl ich ja streng genommen gar nicht persönlich dafür kann. Das ist eine tolle Konstellation und irgendwo Resultat einer so positiven Entwicklung über die Jahre hinweg. Also, da sind 14 deutsche Nationalspieler in beiden Vereinen vertreten, und wir können deren Weg nachzeichnen ab dem zehnten Lebensjahr. Also, all die Stufen unserer Talentförderung in den Vereinen, den kleinen Vereinen, dann beim DFB-Stützpunkt-Training, dann kamen sie ins Leistungszentrum, Manuel Neuer und Mario Gomez waren sogar in der Eliteschule des Fußballs. Also, das können wir nachzeichnen. Und es ist einfach Begeisterung pur. Aber ich sage auch: Da gehört auch Glück dazu. Das sage ich auch mit Blick schon auf die nächste Weltmeisterschaft. Also wir können jetzt noch mehr im Umfeld machen, noch ein paar Spezialtrainer einstellen, wir können die Video-Analyse verbessern. Am Ende hat Fußball, das Fußballspiel, auch immer etwas mit Glück zu tun.
Küpper: Sie haben es gerade schon angesprochen: Das Glück und das Umfeld, was den Fußball mittlerweile begleitet, dieses Champions-League-Finale, die Halbfinals, davor der Wechsel von Mario Götze von Dortmund zu Bayern München, dann der Fall Uli Hoeneß so zusagen: Man hat den Eindruck, dass die Republik in den letzten Wochen fast nur noch den Fußball kennt. Sie verfolgen das Geschäft seit Jahrzehnten. Wie nehmen Sie das wahr, den gesellschaftlichen Stellenwert des Fußballs?
Niersbach: Ja, es scheint keine Grenzen zu geben. Speziell im Fußball, es wurde schon immer gesagt: Der Fußball ist ein Sport, wo sich der Pförtner der Bank genau so begeistert wie der Konzernchef. Und das ist eigentlich die Bestätigung in den letzten Jahren auch, wenn wir registrieren, dass der weibliche Anteil der Besucher immer stärker zunimmt. Das war in den ersten Jahren der Bundesliga ja fast etwas Außergewöhnliches, wenn man auch Frauen und Mädchen im Stadion erblickt hat. Jetzt sind es 30, 35 Prozent. Das ist auch eine ganz tolle Entwicklung.
Und der Fußball schafft es immer wieder, auch für die, die sich so lange damit beschäftigen wie ich, Geschichten zu schreiben, ja neue Geschichten zu schreiben. Immer wenn man denkt, Du hast schon alles erlebt im Fußball, es kann Dich nichts mehr überraschen, es gibt nichts Neues mehr: Genau in dem Moment hat man wieder so außergewöhnliche Situationen. Wenn ich jetzt also da auch wieder an unser Spiel gegen Schweden denke – Du führst 4:0, Du lehnst Dich zurück, die Komplimente kommen von links und rechts, und dann ... Ja, in dem Fall waren wir betroffen, und in Schweden wird das in den Geschichtsbüchern für immer als Jahrhundertereignis stehen. Und ich glaube, das ist die tiefe Faszination, dass der Fußball letztlich nie langweilig und eintönig wird.

"Es ist am Ende wirklich nur ein Spiel"
Küpper: Sie haben gerade die positiven Augenblicke beschrieben, es gibt aber auch negative – seien es jetzt Anfeindungen bei Spielern, die den Verein wechseln, sei es bei Krawallen, Fanausschreitungen. Muss man da als DFB-Präsident nicht auch manchmal sagen: Es ist nur Fußball?
Niersbach: Der Satz ist absolut richtig, ja. Es muss immer eine Angemessenheit da sein, es darf nicht überzogen werden. Es ist am Ende wirklich nur ein Spiel. Aber die Geschichte zeigt ja auch international: In Südamerika hat es – ich sage leider – schon Bürgerkriege wegen des Fußballs gegeben, ich glaube Guatemala/Honduras war das. Also die Geschichte zeigt, dass Grenzen überschritten werden. Deshalb sagen wir auch immer diesen Satz: Das Stadion ist kein rechtsfreier Raum. Das alles unter dem Mantel der Emotionen dann auch abzudecken und sagen: Ja, das ist halt so – nein, auch wir brauchen klare Regeln auf dem Spielfeld, und wir brauchen sie außerhalb. Aber in dieser Richtung ist der Fußball immer ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Auch in unserem sonstigen Leben werden Regeln leider eben nicht immer eingehalten. Das fängt im Straßenverkehr an, und das ist im Fußball genau so.
Küpper: Der Deutsche Fußball-Bund, auch daran lässt sich der gesellschaftliche Stellenwert ablesen, hat nun 6,8 Millionen Mitglieder. Allerdings nehmen auch die Mannschaften ab, so zusagen die aktiven Spieler. Das heißt, auch beim DFB merkt man ein Stück weit die demografischen Entwicklungen in Deutschland, die gesellschaftlichen Probleme, die da eventuell kommen können. Wie wollen Sie darauf reagieren?
Niersbach: Wir sonnen uns nicht in diesen Zahlen, sondern können ja klar erkennen, dass die Zuwächse in erster Linie durch die Fanmitgliedschaften bei den großen Vereinen kommen, also Bayern, Schalke, Dortmund. Die besonders haben einen enormen Zulauf. Das sind keine Leute, die jetzt aktiv Fußball spielen. Und wir haben gerade bei den Zehn- bis Vierzehnjährigen einen Rückgang von fast 4.000 Mannschaften. Wir sind natürlich davon betroffen, dass die Gesellschaft älter wird und dass es ganz einfach weniger Kinder in Deutschland gibt. Was tun wir dagegen? Wir werden, gerade in dem schulischen Bereich, noch offensiver, nicht aggressiver aber offensiver für die Vorzüge des Fußballs werben, dass der Zulauf von Kindern zu den Fußballvereinen weiter attraktiv bleibt. Wir sind da natürlich auch in Konkurrenz zu anderen Sportarten, aber machen wir uns nichts vor, der Trend, der wird sich nur ganz schwer aufhalten lassen, weil wir eben geburtenschwächere Jahrgänge haben.
Küpper: Sie sind nun seit März vergangenen Jahres DFB-Präsident, haben damals den Schritt vom Generalsekretär so zusagen an die Spitze des Verbandes gemacht. Ist das Thema, was Sie gerade angesprochen haben, dieser demografische Wandel, die Reaktionen des Verbandes darauf, eines Ihrer großen Themen für Ihre Präsidentschaft?
Niersbach: Der Satz ist absolut richtig, ja. Es muss immer eine Angemessenheit da sein, es darf nicht überzogen werden. Es ist am Ende wirklich nur ein Spiel. Aber die Geschichte zeigt ja auch international: In Südamerika hat es – ich sage leider – schon Bürgerkriege wegen des Fußballs gegeben, ich glaube Guatemala/Honduras war das. Also die Geschichte zeigt, dass Grenzen überschritten werden. Deshalb sagen wir auch immer diesen Satz: Das Stadion ist kein rechtsfreier Raum. Das alles unter dem Mantel der Emotionen dann auch abzudecken und sagen: Ja, das ist halt so – nein, auch wir brauchen klare Regeln auf dem Spielfeld, und wir brauchen sie außerhalb. Aber in dieser Richtung ist der Fußball immer ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Auch in unserem sonstigen Leben werden Regeln leider eben nicht immer eingehalten. Das fängt im Straßenverkehr an, und das ist im Fußball genau so.
Küpper: Der Deutsche Fußball-Bund, auch daran lässt sich der gesellschaftliche Stellenwert ablesen, hat nun 6,8 Millionen Mitglieder. Allerdings nehmen auch die Mannschaften ab, so zusagen die aktiven Spieler. Das heißt, auch beim DFB merkt man ein Stück weit die demografischen Entwicklungen in Deutschland, die gesellschaftlichen Probleme, die da eventuell kommen können. Wie wollen Sie darauf reagieren?
Niersbach: Wir sonnen uns nicht in diesen Zahlen, sondern können ja klar erkennen, dass die Zuwächse in erster Linie durch die Fanmitgliedschaften bei den großen Vereinen kommen, also Bayern, Schalke, Dortmund. Die besonders haben einen enormen Zulauf. Das sind keine Leute, die jetzt aktiv Fußball spielen. Und wir haben gerade bei den Zehn- bis Vierzehnjährigen einen Rückgang von fast 4.000 Mannschaften. Wir sind natürlich davon betroffen, dass die Gesellschaft älter wird und dass es ganz einfach weniger Kinder in Deutschland gibt. Was tun wir dagegen? Wir werden, gerade in dem schulischen Bereich, noch offensiver, nicht aggressiver aber offensiver für die Vorzüge des Fußballs werben, dass der Zulauf von Kindern zu den Fußballvereinen weiter attraktiv bleibt. Wir sind da natürlich auch in Konkurrenz zu anderen Sportarten, aber machen wir uns nichts vor, der Trend, der wird sich nur ganz schwer aufhalten lassen, weil wir eben geburtenschwächere Jahrgänge haben.
Küpper: Sie sind nun seit März vergangenen Jahres DFB-Präsident, haben damals den Schritt vom Generalsekretär so zusagen an die Spitze des Verbandes gemacht. Ist das Thema, was Sie gerade angesprochen haben, dieser demografische Wandel, die Reaktionen des Verbandes darauf, eines Ihrer großen Themen für Ihre Präsidentschaft?
Offensive Werbung für Fußball
Niersbach: Das muss ein zentrales Thema sein, da sind aber natürlich andere mit verbunden. Also die Stärkung dieser Vereinslandschaft, wie wir sie in Deutschland so einmalig haben, dass in jedem Winkel unseres Landes im Prinzip ein Fußballplatz ist und ein Verein ist, der sich dort um die fußballbegeisterten Menschen kümmert. Wir haben dieses flächendeckende Angebot, was in anderen Sportarten schon längst nicht mehr da ist. Das müssen wir erhalten, aber in einem immer problematischer werdenden Umfeld, weil auch die Kommunen sich an dieser Stelle verabschieden. Man kann auch sagen, wir haben Luxusprobleme. Wenn wir jetzt mal 100.000, 200.000 Mitglieder weniger haben, dann ist der DFB immer noch groß und stark und steht an der Spitze, auch im internationalen Vergleich. Aber das ist ganz klar eine Kernaufgabe. Wir dürfen und werden nie die Basis, die Wurzel vergessen, dann würden wir einen Riesenfehler machen.
Küpper: Vor gut 14 Monaten wurden Sie gewählt. Sie haben damals doch etwas länger überlegt. Warum war es rückblickend richtig, diesen Schritt gegangen zu sein?
Niersbach: Ich muss jetzt sagen, dass ich mich sehr wohl fühle in dem Amt, weil ich eine hohe Akzeptanz spüre, und zwar in allen Bereichen. Ich habe ja nie meine Vita, meine Herkunft geleugnet. Ich bin ja nicht der klassische Funktionär, der irgendwann im Verein mal angefangen hat, dann über Kreis-, Bezirk-, Landesverband dann irgendwann zum DFB gekommen ist. Ich habe einen anderen Weg gemacht. Und gerade aber bei den Amateurverbänden bei unseren 21 Regional- und Landesverbänden ist diese Akzeptanz und Unterstützung zu spüren. Das ist ein Grundelement, sonst geht es gar nicht. Da ist man ab und zu auch als Moderator gefragt – zwischen Glanz und Glück, kein Lagergedenken, aber oft sind es ja unterschiedliche Interessen zwischen Profis und Amateuren. Und das zusammenzuhalten, ich glaube sagen zu dürfen, dass ich da auch ein Stück integrative Kraft reingeben kann aufgrund meiner Verbindungen.
In der nächsten Woche am Freitag ja UEFA-Kongress in London, wo ich auch für die Position im Exekutiv-Komitee der UEFA kandidiere. Ich gehe mal davon aus, dass ich da gewählt werde. Und diese internationalen Kontakte, die rühren halt in hohem Maße von der WM 2006 her, wo einfach – man kann ja durchaus sagen – ein neues Deutschlandbild fast entstanden ist. Das liegt mir sehr, also ich fühle mich wohl, und ich denke, dass wir auch viele Dinge in den letzten eineinhalb Jahren gut, seriös, verlässlich haben regeln können.
Küpper: Sie hören das Interview der Woche. Zu Gast ist Wolfgang Niersbach, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes. Herr Niersbach, das große Aushängeschild des deutschen Fußballs ist und bleibt die A-Nationalmannschaft. Jetzt ist es so, dass sie tollen Fußball spielt, aber irgendwie keine Titel gewinnt. Der letzte Titel ist 1996 der Europameisterschaftstitel. Sind Sie diese Debatte um den Titel leid oder gehört das einfach zum Fußball?
Niersbach: Sie gehört natürlich dazu. Ich gebe aber zu, dass es ab und zu schon ein bisschen nervt, wenn man es nur an dem Titelgewinn festmacht. Das ist mir zu einfach. Ich war bei den letzten beiden Titelgewinnen 1990 in Italien und 1996 in England dabei. Da haben wir im Halbfinale zweimal im Elfmeterschießen gegen England gewonnen. Gut, da werden jetzt einige Hörer sagen: Gegen England kannst Du ja auch im Elfmeterschießen nicht verlieren, weil die Engländer keine guten Torhüter haben. Aber wie immer, ich will einfach deutlich machen, ich hab das eben schon einmal kurz gestreift: Bei all dem, was wir tun im Umfeld der Mannschaft, wie die Spieler ausgebildet sind, wie wir sie betreuen, wie wir eine Atmosphäre schaffen, die darauf abzielt, den Spielern abseits der 90 Minuten alles wegzunehmen, damit sie in den 90 Minuten halt alles auch zurückgeben können: Am Ende brauchen sie dieses berühmte Quäntchen, diese Portion Glück.
Aber jetzt mit Blick – ich will mich da nicht wegducken – mit Blick auf Brasilien werden wir eine Mannschaft, wenn sie sich qualifiziert und sie wird sich qualifizieren, dann werden wir eine Mannschaft bringen, die in der Lage ist, den Titel zu gewinnen, die zu den Favoriten zählt. Das sind aber mehrere, da können sieben, acht Weltmeister werden. Wir sind aktuell auf Platz zwei der Weltrangliste, Brasilien als Gastgeber ist Neunzehnte. Also, die haben andere Probleme als wir. Also, wir haben eine wunderbare Mannschaft mit einem wunderbaren Trainer. Ich weiß jetzt schon, welche Diskussion nächstes Jahr um die gleiche Zeit anfangen wird, aber auch da werden wir sagen müssen, dass es keine Garantie gibt. Weiß eigentlich auch jeder, aber man muss es immer dann wieder nur sagen.
Küpper: Vor gut 14 Monaten wurden Sie gewählt. Sie haben damals doch etwas länger überlegt. Warum war es rückblickend richtig, diesen Schritt gegangen zu sein?
Niersbach: Ich muss jetzt sagen, dass ich mich sehr wohl fühle in dem Amt, weil ich eine hohe Akzeptanz spüre, und zwar in allen Bereichen. Ich habe ja nie meine Vita, meine Herkunft geleugnet. Ich bin ja nicht der klassische Funktionär, der irgendwann im Verein mal angefangen hat, dann über Kreis-, Bezirk-, Landesverband dann irgendwann zum DFB gekommen ist. Ich habe einen anderen Weg gemacht. Und gerade aber bei den Amateurverbänden bei unseren 21 Regional- und Landesverbänden ist diese Akzeptanz und Unterstützung zu spüren. Das ist ein Grundelement, sonst geht es gar nicht. Da ist man ab und zu auch als Moderator gefragt – zwischen Glanz und Glück, kein Lagergedenken, aber oft sind es ja unterschiedliche Interessen zwischen Profis und Amateuren. Und das zusammenzuhalten, ich glaube sagen zu dürfen, dass ich da auch ein Stück integrative Kraft reingeben kann aufgrund meiner Verbindungen.
In der nächsten Woche am Freitag ja UEFA-Kongress in London, wo ich auch für die Position im Exekutiv-Komitee der UEFA kandidiere. Ich gehe mal davon aus, dass ich da gewählt werde. Und diese internationalen Kontakte, die rühren halt in hohem Maße von der WM 2006 her, wo einfach – man kann ja durchaus sagen – ein neues Deutschlandbild fast entstanden ist. Das liegt mir sehr, also ich fühle mich wohl, und ich denke, dass wir auch viele Dinge in den letzten eineinhalb Jahren gut, seriös, verlässlich haben regeln können.
Küpper: Sie hören das Interview der Woche. Zu Gast ist Wolfgang Niersbach, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes. Herr Niersbach, das große Aushängeschild des deutschen Fußballs ist und bleibt die A-Nationalmannschaft. Jetzt ist es so, dass sie tollen Fußball spielt, aber irgendwie keine Titel gewinnt. Der letzte Titel ist 1996 der Europameisterschaftstitel. Sind Sie diese Debatte um den Titel leid oder gehört das einfach zum Fußball?
Niersbach: Sie gehört natürlich dazu. Ich gebe aber zu, dass es ab und zu schon ein bisschen nervt, wenn man es nur an dem Titelgewinn festmacht. Das ist mir zu einfach. Ich war bei den letzten beiden Titelgewinnen 1990 in Italien und 1996 in England dabei. Da haben wir im Halbfinale zweimal im Elfmeterschießen gegen England gewonnen. Gut, da werden jetzt einige Hörer sagen: Gegen England kannst Du ja auch im Elfmeterschießen nicht verlieren, weil die Engländer keine guten Torhüter haben. Aber wie immer, ich will einfach deutlich machen, ich hab das eben schon einmal kurz gestreift: Bei all dem, was wir tun im Umfeld der Mannschaft, wie die Spieler ausgebildet sind, wie wir sie betreuen, wie wir eine Atmosphäre schaffen, die darauf abzielt, den Spielern abseits der 90 Minuten alles wegzunehmen, damit sie in den 90 Minuten halt alles auch zurückgeben können: Am Ende brauchen sie dieses berühmte Quäntchen, diese Portion Glück.
Aber jetzt mit Blick – ich will mich da nicht wegducken – mit Blick auf Brasilien werden wir eine Mannschaft, wenn sie sich qualifiziert und sie wird sich qualifizieren, dann werden wir eine Mannschaft bringen, die in der Lage ist, den Titel zu gewinnen, die zu den Favoriten zählt. Das sind aber mehrere, da können sieben, acht Weltmeister werden. Wir sind aktuell auf Platz zwei der Weltrangliste, Brasilien als Gastgeber ist Neunzehnte. Also, die haben andere Probleme als wir. Also, wir haben eine wunderbare Mannschaft mit einem wunderbaren Trainer. Ich weiß jetzt schon, welche Diskussion nächstes Jahr um die gleiche Zeit anfangen wird, aber auch da werden wir sagen müssen, dass es keine Garantie gibt. Weiß eigentlich auch jeder, aber man muss es immer dann wieder nur sagen.
Keine Angst wegen U21-EM in Israel
Küpper: Dann haben Sie diesen Sommer ja sozusagen 'diskussionsfrei': Allerdings gibt es doch ein Turnier oder mehrere Turniere, aber ein Turnier, was besonders im Fokus steht. Das ist das Turnier der U21, die in Israel antritt. Das ist die erste Europameisterschaft auf asiatischem Boden, insofern ein besonderes Turnier.
Niersbach: Ja, es ist sportpolitisch ein historisches Ereignis, dass ein herausragendes Turnier des europäischen Fußballs eben in Israel stattfindet. Ich habe schon als Journalist sehr lange und intensiv den Weg der Israelis, das Bemühen der Israelis verfolgt, in der UEFA eine neue Heimat zu finden. Das war ja deshalb so motiviert, weil die arabischen Staaten sich geweigert haben, gegen Israel anzutreten. Das war ein langer, dornenreicher Weg. Und jetzt ist Israel voll integriert in alle Wettbewerbe. Wir vom DFB haben engste Beziehungen zum Verband. Und ich weiß vom israelischen Verband, mit welcher Vorfreude und mit welchem Stolz man die Organisation da vorantreibt.
Küpper: Dieses Turnier hat natürlich – Sie haben es deutlich gemacht – eine große Bedeutung. Dennoch muss man auch fragen: Ist es nicht ein wenig leichtfertig, ein Turnier in eine – und das ist es ja – Krisenregion zu vergeben?
Niersbach: Wir waren im letzten Dezember mit unserer U19 noch drüben. Und da gab es im Vorfeld ja einige Angriffe auf Tel Aviv, hat es im Vorfeld auch Diskussionen bei uns gegeben, können wir es verantworten, mit 18-Jährigen dort rüber zu gehen? Die klare Antwort ist: Ja. Ich bin so oft in Israel gewesen und sie sind dort in Tel Aviv und Umgebung, wo wir wohnen, mindestens genau so sicher wie in Berlin oder in Hamburg. Also, diese Sicherheitsdiskussion gehört für die Israelis auch irgendwo zum Alltag. Es ist für sie ein Stück Normalität. Also wir haben da keine Zweifel und schon gar keine Angst.
Niersbach: Ja, es ist sportpolitisch ein historisches Ereignis, dass ein herausragendes Turnier des europäischen Fußballs eben in Israel stattfindet. Ich habe schon als Journalist sehr lange und intensiv den Weg der Israelis, das Bemühen der Israelis verfolgt, in der UEFA eine neue Heimat zu finden. Das war ja deshalb so motiviert, weil die arabischen Staaten sich geweigert haben, gegen Israel anzutreten. Das war ein langer, dornenreicher Weg. Und jetzt ist Israel voll integriert in alle Wettbewerbe. Wir vom DFB haben engste Beziehungen zum Verband. Und ich weiß vom israelischen Verband, mit welcher Vorfreude und mit welchem Stolz man die Organisation da vorantreibt.
Küpper: Dieses Turnier hat natürlich – Sie haben es deutlich gemacht – eine große Bedeutung. Dennoch muss man auch fragen: Ist es nicht ein wenig leichtfertig, ein Turnier in eine – und das ist es ja – Krisenregion zu vergeben?
Niersbach: Wir waren im letzten Dezember mit unserer U19 noch drüben. Und da gab es im Vorfeld ja einige Angriffe auf Tel Aviv, hat es im Vorfeld auch Diskussionen bei uns gegeben, können wir es verantworten, mit 18-Jährigen dort rüber zu gehen? Die klare Antwort ist: Ja. Ich bin so oft in Israel gewesen und sie sind dort in Tel Aviv und Umgebung, wo wir wohnen, mindestens genau so sicher wie in Berlin oder in Hamburg. Also, diese Sicherheitsdiskussion gehört für die Israelis auch irgendwo zum Alltag. Es ist für sie ein Stück Normalität. Also wir haben da keine Zweifel und schon gar keine Angst.

Reinigungsprozess bei FIFA "jetzt abgeschlossen"
Küpper: An einem anderen Fleck der Erde trifft sich am Ende des Monats die FIFA, der Weltfußballverband, zu seinem Kongress, und zwar in Mauritius. Sie sind jetzt selber nicht in dem FIFA-Exekutivkomitee, sondern Theo Zwanziger, Ihr Vorgänger als Präsident, vertritt dort den Deutschen Fußball-Bund. Dennoch, auch Sie als amtierender Präsident des DFB haben natürlich sicherlich eine Meinung und verfolgen diese Prozesse. In Mauritius ist ja der Kongress, wo der Abschluss des Reformprozesses gefeiert, beschossen werden soll. Wie sehen Sie den Reformprozess beim Weltfußballverband?
Niersbach: Es ist jetzt mit Sicherheit kein Erdrutsch, der da in Gang kommt. Die Papiere, auf die man sich jetzt auch im Vorfeld verständigt hat, das ist pragmatisch, realistisch – also, wenn ich an Dinge wie den Integritätscheck denke, da ist ja lange diskutiert worden, muss man das für die Ex-Comitglieder einführen? Also, das ist ja praktisch die Regierung des Weltfußballs. Und dann hat man aus Sicht der UEFA – an der Diskussion war ich beteiligt – klar gesagt, ja, wir sind dazu bereit. Nur, der Check sollte dann vom Kontinentalverband durchgeführt werden. Und wenn dann immer noch Zweifel sind, gibt es halt bei der FIFA die neue Ethikkommission, die dann noch eingreifen kann. Dass man überhaupt so diskutiert, diskutieren muss, liegt ja hier an der Vergangenheit, dass doch Dinge jetzt ans Tageslicht gekommen sind, die ich ehrlich gesagt auch nicht für möglich gehalten hätte, dass also Mitglieder aus dem Exekutivkomitee, wo immer wieder Verdachtsmomente wegen Korruption, Bestechlichkeit auftauchten ..
Küpper: ... die aber schon länger gerichtsfest dokumentiert sind.
Niersbach: Was aber gerade im letzten Jahr auch namentlich, dass der Ehrenpräsident Joao Havelange betroffen ist – das macht einen schon sehr, sehr betroffen. Das ist ein Mann, das weiß ich genau, der ist 1974 hier beim FIFA-Kongress in Frankfurt gewählt worden, war dann bis 1998 im Amt. Also, 24 Jahre war da einer im Amt, der diesen Dingen nicht widerstanden hat, um es mal so auszudrücken. Er ist jetzt von sich aus von der Ehrenpräsidentschaft zurückgetreten. Mit Nicolas Leoz ist ein weiterer hoher Repräsentant aus Südamerika zurückgetreten, der jahrzehntelang den südamerikanischen Verband geführt hat. Also, was die UEFA in Europa ist, ist Conmebol in Südamerika. Also, ich hoffe und denke auch, was ich weiß, dass dieser Reinigungsprozess jetzt abgeschlossen ist. Und der war absolut notwendig. Ich kann doch nur dann eine klare und gute Zukunft bauen, wenn ich die Vergangenheit auch bereinigt habe. Und da hoffe ich, dass es insgesamt auch auf Mauritius gelingt, das so zu vollziehen.
Küpper: Hätten Sie sich von diesem Reformprozess, wenn man jetzt schon einmal drauf schaut, vieles ist ja schon bekannt, mehr erwartet?
Niersbach: Ja, in welcher Richtung mehr? Die FIFA ist ein kompliziertes Gebilde mit 209 unabhängigen Fußballverbänden. Die FIFA hat mehr Mitglieder als die UNO. Und ein Prinzip gilt: Jedes Land hat eine Stimme. Das kann man gut oder schlecht finden, ist aber Faktum. Und ich sage auch, dass man eine solche Organisation wie die FIFA gar nicht nach strengen, demokratischen Regeln, wie wir sie richtig haben, führen kann. Sie werden in dieser Welt dann auch mit Zuständen, mit Umfeldern konfrontiert, wo man eine klare Führung von der Zentrale, von der Spitze braucht. Und letztlich wird meine These immer davon abhängig sein, wie seriös die einzelnen gewählten Positionen in ihren Funktionen dann auch im Umfeld der FIFA auftreten. Ich will jetzt bewusst keine Beispiele nennen, aber wenn in den Ländern X oder Y in Afrika und in der Karibik Repräsentanten zum Präsidenten gewählt werden und die kommen dann zum FIFA-Kongress und stimmen dann für ihr Land ab, ja, dann haben wir eigentlich keine Einflussmöglichkeit, dann muss man den Instanzen dort zunächst auch mal trauen, zunächst immer Vertrauen investieren und gar nicht an Überprüfung und so weiter denken. Das mag jetzt ein bisschen naiv oder blauäugig klingen, aber anders kann das Prinzip nicht funktionieren. Insofern halte ich das, was jetzt auf Mauritius vorliegt, das halte ich für realistisch angesichts des ganzen Gebildes FIFA mit – wie eben schon erwähnt – diesen unabhängigen 209 Fußballverbänden.
Küpper: Theo Zwanziger, Ihr Vorgänger, hat gesagt, die Deutschen sind ja immer als Mahner aufgetreten, gerade auch, was die Korruptionsfälle in der FIFA angeht, aber er hat nun gesagt, dass angesichts des Falls Uli Hoeneß mit der Selbstanzeige den Deutschen auf internationaler Ebene ein Bärendienst erwiesen wird, weil man eben nun nicht mehr in der Position ist, dort Dinge zu bemängeln. Würden Sie dem zustimmen?
Niersbach: Dem stimme ich nicht zu. Ich würde klar sagen, dass es völlig getrennte Vorgänge sind. Ich denke, behaupten zu können – und das war ja auch das Verdienst von Theo Zwanziger –, dass wir über Jahre und Jahrzehnte hier, was den deutschen Fußball angeht, die Führung des DFB äußerst seriös, verlässlich, stabil, kontinuierlich gearbeitet haben. Und das muss auch der Anspruch an einen Verband wie den DFB sein. Also, wenn links und rechts die Hektik mal hochschlägt, die Emotionen hochkochen, dann lasse ich diesen Verband ruhig mal als konservativ dastehen, weil meine Einstellung ist, dieser DFB, das muss ein Fels der Verlässlichkeit sein und der Kontinuität. Und das ist unser Anspruch und da behaupte ich, da weiß ich, dass wir diesem eigenen Anspruch über die Jahre gerecht geworden sind.
Niersbach: Es ist jetzt mit Sicherheit kein Erdrutsch, der da in Gang kommt. Die Papiere, auf die man sich jetzt auch im Vorfeld verständigt hat, das ist pragmatisch, realistisch – also, wenn ich an Dinge wie den Integritätscheck denke, da ist ja lange diskutiert worden, muss man das für die Ex-Comitglieder einführen? Also, das ist ja praktisch die Regierung des Weltfußballs. Und dann hat man aus Sicht der UEFA – an der Diskussion war ich beteiligt – klar gesagt, ja, wir sind dazu bereit. Nur, der Check sollte dann vom Kontinentalverband durchgeführt werden. Und wenn dann immer noch Zweifel sind, gibt es halt bei der FIFA die neue Ethikkommission, die dann noch eingreifen kann. Dass man überhaupt so diskutiert, diskutieren muss, liegt ja hier an der Vergangenheit, dass doch Dinge jetzt ans Tageslicht gekommen sind, die ich ehrlich gesagt auch nicht für möglich gehalten hätte, dass also Mitglieder aus dem Exekutivkomitee, wo immer wieder Verdachtsmomente wegen Korruption, Bestechlichkeit auftauchten ..
Küpper: ... die aber schon länger gerichtsfest dokumentiert sind.
Niersbach: Was aber gerade im letzten Jahr auch namentlich, dass der Ehrenpräsident Joao Havelange betroffen ist – das macht einen schon sehr, sehr betroffen. Das ist ein Mann, das weiß ich genau, der ist 1974 hier beim FIFA-Kongress in Frankfurt gewählt worden, war dann bis 1998 im Amt. Also, 24 Jahre war da einer im Amt, der diesen Dingen nicht widerstanden hat, um es mal so auszudrücken. Er ist jetzt von sich aus von der Ehrenpräsidentschaft zurückgetreten. Mit Nicolas Leoz ist ein weiterer hoher Repräsentant aus Südamerika zurückgetreten, der jahrzehntelang den südamerikanischen Verband geführt hat. Also, was die UEFA in Europa ist, ist Conmebol in Südamerika. Also, ich hoffe und denke auch, was ich weiß, dass dieser Reinigungsprozess jetzt abgeschlossen ist. Und der war absolut notwendig. Ich kann doch nur dann eine klare und gute Zukunft bauen, wenn ich die Vergangenheit auch bereinigt habe. Und da hoffe ich, dass es insgesamt auch auf Mauritius gelingt, das so zu vollziehen.
Küpper: Hätten Sie sich von diesem Reformprozess, wenn man jetzt schon einmal drauf schaut, vieles ist ja schon bekannt, mehr erwartet?
Niersbach: Ja, in welcher Richtung mehr? Die FIFA ist ein kompliziertes Gebilde mit 209 unabhängigen Fußballverbänden. Die FIFA hat mehr Mitglieder als die UNO. Und ein Prinzip gilt: Jedes Land hat eine Stimme. Das kann man gut oder schlecht finden, ist aber Faktum. Und ich sage auch, dass man eine solche Organisation wie die FIFA gar nicht nach strengen, demokratischen Regeln, wie wir sie richtig haben, führen kann. Sie werden in dieser Welt dann auch mit Zuständen, mit Umfeldern konfrontiert, wo man eine klare Führung von der Zentrale, von der Spitze braucht. Und letztlich wird meine These immer davon abhängig sein, wie seriös die einzelnen gewählten Positionen in ihren Funktionen dann auch im Umfeld der FIFA auftreten. Ich will jetzt bewusst keine Beispiele nennen, aber wenn in den Ländern X oder Y in Afrika und in der Karibik Repräsentanten zum Präsidenten gewählt werden und die kommen dann zum FIFA-Kongress und stimmen dann für ihr Land ab, ja, dann haben wir eigentlich keine Einflussmöglichkeit, dann muss man den Instanzen dort zunächst auch mal trauen, zunächst immer Vertrauen investieren und gar nicht an Überprüfung und so weiter denken. Das mag jetzt ein bisschen naiv oder blauäugig klingen, aber anders kann das Prinzip nicht funktionieren. Insofern halte ich das, was jetzt auf Mauritius vorliegt, das halte ich für realistisch angesichts des ganzen Gebildes FIFA mit – wie eben schon erwähnt – diesen unabhängigen 209 Fußballverbänden.
Küpper: Theo Zwanziger, Ihr Vorgänger, hat gesagt, die Deutschen sind ja immer als Mahner aufgetreten, gerade auch, was die Korruptionsfälle in der FIFA angeht, aber er hat nun gesagt, dass angesichts des Falls Uli Hoeneß mit der Selbstanzeige den Deutschen auf internationaler Ebene ein Bärendienst erwiesen wird, weil man eben nun nicht mehr in der Position ist, dort Dinge zu bemängeln. Würden Sie dem zustimmen?
Niersbach: Dem stimme ich nicht zu. Ich würde klar sagen, dass es völlig getrennte Vorgänge sind. Ich denke, behaupten zu können – und das war ja auch das Verdienst von Theo Zwanziger –, dass wir über Jahre und Jahrzehnte hier, was den deutschen Fußball angeht, die Führung des DFB äußerst seriös, verlässlich, stabil, kontinuierlich gearbeitet haben. Und das muss auch der Anspruch an einen Verband wie den DFB sein. Also, wenn links und rechts die Hektik mal hochschlägt, die Emotionen hochkochen, dann lasse ich diesen Verband ruhig mal als konservativ dastehen, weil meine Einstellung ist, dieser DFB, das muss ein Fels der Verlässlichkeit sein und der Kontinuität. Und das ist unser Anspruch und da behaupte ich, da weiß ich, dass wir diesem eigenen Anspruch über die Jahre gerecht geworden sind.
Unterstützung für Thomas Bach
Küpper: Nun haben wir viel über den Weltfußball gesprochen. Im Weltsport steht nun auch eine Präsidentschaftswahl an. Einige Hausnummern weiter, Ihr Nachbar, Thomas Bach, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, hat sich entschlossen zu kandidieren für die IOC-Präsidentschaft. Im September in Buenos Aires findet die Wahl statt. Unterstützen Sie ihn bei diesem Vorhaben?
Niersbach: Ja, ohne Wenn und Aber. Ich habe ihm gratuliert. Er hatte mich auch persönlich vorher von diesem Schritt an die Öffentlichkeit informiert.
Küpper: Waren Sie überrascht von der Kandidatur?
Niersbach: Nein, insofern nicht, weil ich die Gedanken schon kannte. Da kann man heute ja auch drüber reden, dass wir schon im letzten Mai beim Champions League-Finale in München, Michel Platini, Thomas Bach und ich, mal zusammengesessen, und nicht nur Kaffee getrunken, sondern auch darüber geredet. Das hat sich abgezeichnet. Also, ich beglückwünsche ihn zu diesem Schritt, der auch etwas mit Mut zu tun hat. Das ist eine gewaltige Aufgabe. Da muss man auch reinwachsen. Aber wenn ein Vertreter des deutschen Sports an der Spitze des IOC stände, also das wäre nicht nur eine Wertschätzung für ihn persönlich, sondern für uns alle. Also er hat – das weiß er aber auch – er hat jede Unterstützung des DFB. Wir werden auch nicht vergessen, dass er uns geholfen hat. Er war im Aufsichtsrat der WM 2006 im Organisationskomitee, und auch 2011. Da kann ich sagen, er hat einen ganz bedeutenden Beitrag geleistet. Wir wollten nämlich ohne bei der Frauen-WM – da fehlte uns der Mut – die wollten wir ohne Berlin ausrichten. Da hat der Thomas gesagt: "Ist das richtig, so eine Bewerbung ohne die Hauptstadt?" Da haben wir nur gesagt: "Thomas, das ist Frauenfußball, da kommen so viele Leute nicht." "Aber trotzdem, das muss doch gemacht werden." Da haben wir es gemacht, und das Eröffnungsspiel Deutschland – Kanada war mit 75.000 Zuschauern ausverkauft. Also, da hat er das richtige Feeling gehabt. Und das ist ja bei allen Verbindungen, die man so braucht, das Gefühl, im richtigen Moment zu investieren. Also, das hat er.
Küpper: Sie haben mit Thomas Bach das vergangene Champions League-Finale geschaut. Das diesjährige Champions League-Finale am kommenden Samstag werden Sie sicherlich auch live vor Ort verfolgen. Als DFB-Präsident sind Sie natürlich zur Neutralität verpflichtet. Dennoch, glauben Sie, es wird ein enges Spiel?
Niersbach: Es wird ein sehr enges Spiel. Und das Handicap, was ich für mich sehe, ist: Ich kann bei keinem deutschen Tor aufspringen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Niersbach: Ja, ohne Wenn und Aber. Ich habe ihm gratuliert. Er hatte mich auch persönlich vorher von diesem Schritt an die Öffentlichkeit informiert.
Küpper: Waren Sie überrascht von der Kandidatur?
Niersbach: Nein, insofern nicht, weil ich die Gedanken schon kannte. Da kann man heute ja auch drüber reden, dass wir schon im letzten Mai beim Champions League-Finale in München, Michel Platini, Thomas Bach und ich, mal zusammengesessen, und nicht nur Kaffee getrunken, sondern auch darüber geredet. Das hat sich abgezeichnet. Also, ich beglückwünsche ihn zu diesem Schritt, der auch etwas mit Mut zu tun hat. Das ist eine gewaltige Aufgabe. Da muss man auch reinwachsen. Aber wenn ein Vertreter des deutschen Sports an der Spitze des IOC stände, also das wäre nicht nur eine Wertschätzung für ihn persönlich, sondern für uns alle. Also er hat – das weiß er aber auch – er hat jede Unterstützung des DFB. Wir werden auch nicht vergessen, dass er uns geholfen hat. Er war im Aufsichtsrat der WM 2006 im Organisationskomitee, und auch 2011. Da kann ich sagen, er hat einen ganz bedeutenden Beitrag geleistet. Wir wollten nämlich ohne bei der Frauen-WM – da fehlte uns der Mut – die wollten wir ohne Berlin ausrichten. Da hat der Thomas gesagt: "Ist das richtig, so eine Bewerbung ohne die Hauptstadt?" Da haben wir nur gesagt: "Thomas, das ist Frauenfußball, da kommen so viele Leute nicht." "Aber trotzdem, das muss doch gemacht werden." Da haben wir es gemacht, und das Eröffnungsspiel Deutschland – Kanada war mit 75.000 Zuschauern ausverkauft. Also, da hat er das richtige Feeling gehabt. Und das ist ja bei allen Verbindungen, die man so braucht, das Gefühl, im richtigen Moment zu investieren. Also, das hat er.
Küpper: Sie haben mit Thomas Bach das vergangene Champions League-Finale geschaut. Das diesjährige Champions League-Finale am kommenden Samstag werden Sie sicherlich auch live vor Ort verfolgen. Als DFB-Präsident sind Sie natürlich zur Neutralität verpflichtet. Dennoch, glauben Sie, es wird ein enges Spiel?
Niersbach: Es wird ein sehr enges Spiel. Und das Handicap, was ich für mich sehe, ist: Ich kann bei keinem deutschen Tor aufspringen.
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