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SPD-Innenpolitiker: Keine Garantie durch mehr Sicherheitspersonal

Acht militante Kämpfer mit deutschem Pass sollen angeblich bei einem gezielten Luftangriff in Pakistan getötet worden sein. Das Auswärtige Amt in Berlin prüft derzeit die Beriche, die es vom pakistanischen Geheimdienst gegeben haben soll.

Sebastian Edathy im Gespräch mit Friedbert Meurer |
    Friedbert Meurer: Es war vor gut drei Jahren, im September 2007, da verhafteten im Sauerland in Nordrhein-Westfalen deutsche Sicherheitskräfte drei Männer. Sie waren dabei, in einer Garage in einem Dorf namens Oberschledorn etwas zusammenzubrauen, das sich dazu eignete, hier in Deutschland Bombenanschläge zu begehen. Diese sogenannte Sauerland-Gruppe, sie ist ein Beispiel dafür, dass es in Deutschland gewaltbereite Islamisten gibt. Ausgebildet werden sie in Terror-Camps in Afghanistan, oder auch in Pakistan. Jetzt sollen acht militante Kämpfer, die einen deutschen Pass angeblich haben, bei einem gezielten Luftangriff getötet worden sein.
    Die Berichte über den Vorfall gehen wohl auf Meldungen des pakistanischen Geheimdienstes zurück. In Berlin wird heute Morgen noch nicht bestätigt, dass es sich bei den Toten um deutsche Staatsbürger handelt. Das Auswärtige Amt, heißt es, prüft diese Berichte.
    In Berlin begrüße ich Sebastian Edathy, SPD-Innenpolitiker im Deutschen Bundestag. Guten Tag, Herr Edathy.

    Sebastian Edathy: Guten Tag, Herr Meurer.

    Meurer: Werden wir das je erfahren, ob das deutsche Islamisten gewesen sind?

    Edathy: Ich hoffe das schon, aber wir sind natürlich darauf angewiesen, dass entweder pakistanische Stellen uns darüber in Kenntnis setzen, oder auch möglicherweise Kontaktpersonen der Amerikaner, und das ist insofern schwierig, weil die Region, in der dieser Drohnenangriff stattgefunden hat, in der Hand der Taliban und ihrer Verbündeten ist. Da ist die pakistanische Regierung leider auf dem eigenen Staatsterritorium ohne Gewaltmonopol, auch gar nicht präsent, und wie ich das jetzt in einigen Agenturmeldungen gelesen habe, haben ja dort die einheimischen Aufständischen bereits die Leichen geborgen. Ob man da jemals wirklich an die Wahrheit heran kommt, das ist offen.

    Meurer: Was ist denn Ihre Ansicht? Ist das vom Völkerrecht gedeckt? Stimmen Sie diesem Vorgehen der Amerikaner zu, mit unbemannten Drohnen Häuser zu bombardieren, in denen sich Verdächtige aufhalten?

    Edathy: Das ist natürlich nicht unproblematisch, aber sie haben gerade in dieser Region eine hohe Ambivalenz. Wie gesagt, die pakistanische Regierung hat auf ihrem eigenen Hoheitsgebiet nicht die Chance zur Wahrnehmung der Hoheitsrechte. Das beste wäre natürlich, die Regierung dort würde sich darauf verständigen und auch die Kraft aufbringen, auch in den nordwestlichen Provinzen im Grenzraum zu Afghanistan Präsenz zu zeigen und dort nicht Anarchie zuzulassen.
    Das Vorgehen der Amerikaner soll der Schwächung der Aufständischen-Bewegung dienen, das finde ich auch richtig. Das ist ganz offenkundig im pakistanischen Gebiet in der Nähe zu Afghanistan ein Rückzugsraum für Terroristen.

    Meurer: Und wenn sie in Afghanistan wären, dann wäre es schon gar kein Problem, weil in Afghanistan ist Krieg.

    Edathy: Das wäre dann rechtlich sicherlich unproblematischer. - Ich meine, die Schwierigkeit ist natürlich, dass sie bei einem solchen Drohnenangriff nie ausschließen können, dass sie unschuldige Menschen auch treffen. Das ist ja der Fall gewesen, dass da vor wenigen Wochen zwei pakistanische Soldaten ums Leben gekommen sind, weil da irrtümlich gefeuert wurde. Das ist natürlich kein wirklich gezielter Einsatz, den man zu hundertprozentiger Sicherheit dort durch unbemannte Flugkörper wahrnehmen kann, aber ich habe schon Verständnis dafür, sowohl für die pakistanische Regierung als auch für die Amerikaner, dass sie sagen, in dem Bereich müssen wir handeln.

    Meurer: Nun wird die Szene hier in Deutschland ja ziemlich genau beobachtet, wer für so etwas in Frage kommt. Kann man das nicht verhindern, dass jemand von Deutschland aus nach Afghanistan oder Pakistan fliegt, um dort dann in ein Ausbildungslager zu gehen und dort zu üben, wie man Bomben bastelt und Bomben zur Explosion bringt?

    Edathy: Ja. Es sind zwei Sachen sicherlich festzuhalten. Der Bundestag hat mit breiter Mehrheit 2009 das Strafgesetzbuch überarbeitet. Ausbildung in sogenannten Terror-Camps ist belegbar mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe. Schon die Kontaktaufnahme zu einer terroristischen Vereinigung mit dem Ziel einer solchen Ausbildung kann mit bis zu drei Jahren Strafe geahndet werden. Also rechtlich ist das klar. Wir müssen sicherstellen, dass unsere Sicherheitsbehörden die Leute auf dem Schirm haben. Es kommt ja auch zu Passentziehungen, wenn es Hinweise gibt, da ist eine Reise geplant. Die Schwierigkeit besteht natürlich, dass sie nicht jeden auf dem Schirm haben können, nicht jede Einzelperson, und dass diese Leute auch oftmals ja nicht direkt einen Flug nach Islamabad buchen von Deutschland aus, sondern möglicherweise über die Türkei mit mehreren Zwischenstationen dann in die Region reisen. Da können sie, glaube ich, auch durch eine deutlich bessere Personalausstattung der Sicherheitsbehörden in Deutschland nicht eine Garantie aussprechen, dass sie in jedem Einzelfall den Leuten auf die Spur kommen.

    Meurer: Diese Veränderung im Strafrecht, das ist der Paragraph 89a, Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Im Vorfeld bringt dieser Paragraph aber kaum mehr als Abschreckung?

    Edathy: Ja. Das Problem ist, dass sie es bei diesen Leuten im Grunde mit Schwerkriminellen zu tun haben, und natürlich müssen sie die Gesetze scharf gestalten. Ich glaube, sie sind ausreichend scharf gestaltet. Aber wenn jemand absolut gewillt ist, sich ausbilden zu lassen mit dem Ziel, später eine schwere Straftat zu begehen, dann werden sie möglicherweise auch durch eine Verdoppelung der angedrohten Freiheitsstrafen im Einzelfall eine solche Person nicht abhalten können, dieses Ziel zu verfolgen. Wichtig ist halt, dass wir möglichst gut informiert sind, da ist in den letzten Jahren auch viel passiert, und gerade das Beispiel mit der Sauerland-Gruppe, die ja Gott sei Dank nicht zur Umsetzung ihres Vorhabens gekommen ist, ist ja ein Beleg dafür, dass unsere Sicherheitsbehörden eine gute Arbeit leisten.

    Meurer: Ist dieser Paragraph jemals schon zur Anwendung gekommen?

    Edathy: So weit ich weiß schon. Ich habe da einige Meldungen gesehen, ich habe jetzt aber keine Statistik.

    Meurer: Wenn die Berichte stimmen, sind immerhin acht deutsche Staatsbürger getötet worden. Im Falle, wenn wir mal auf Israel schauen: Wenn Israel solche Liquidationen ausführt, dann heißt es, das wird international geächtet. Was macht den Unterschied aus Ihrer Ansicht nach?

    Edathy: Ich glaube, dass wir erst mal nähere Informationen brauchen. Es gibt ja bisher - ich habe das heute noch mal überprüft bis gegen Mittag - noch keine offizielle Positionierung seitens der deutschen Sicherheitsbehörden, beziehungsweise seitens der deutschen Bundesregierung. Offenkundig ist man da auch überrascht worden von den Nachrichten. Selbstverständlich haben wir, selbst wenn es sich da um Schwerkriminelle handeln sollte, einen Anspruch darauf und auch die Familien haben einen Anspruch darauf, dass wir der Sache nachgehen, was da wirklich passiert ist.

    Meurer: Sebastian Edathy, SPD-Innenpolitiker im Deutschen Bundestag, bei uns im Deutschlandfunk. Danke, Herr Edathy, und auf Wiederhören.

    Edathy: Sehr gerne, Herr Meurer. Auf Wiederhören.