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IOC-Statement
Russische und belarussische Sportler vor Wiedereinstieg

Das Internationale Olympischen Komitee deutet in einem Statement an, dass russische und belarussische Athletinnen und Athleten unter strengen Auflagen bald wieder an internationalen Wettbewerben teilnehmen könnten. Die UEFA fährt im Fußball einen anderen Kurs.

Von Raphael Späth | 26.01.2023
Eine Frau hält eine russische Fahne vor dem IOC-Gebäude in Lausanne.
Eine Frau hält eine russische Fahne vor dem IOC-Gebäude in Lausanne. (dpa-Bildfunk / AP / KEYSTONE / Christophe Bott)
Start unter neutraler Flagge, keine aktive Unterstützung des Angriffskrieges auf die Ukraine und individuelle Doping-Checks: Das Internationale Olympische Komitee hat in seinem Statement genau formuliert, unter welchen Voraussetzungen russische und belarussische Sportlerinnen und Sportler bald wieder auch international an den Start gehen könnten.
Demnach dürfen die Athletinnen und Athleten, wie auch schon bei Olympischen Spielen in der jüngeren Vergangenheit, keine russischen Flaggen, Landesfarben oder sonstige Kriegssymbole auf der Kleidung tragen. Auch die russische und belarussische Hymne wird nicht gespielt. Außerdem dürfen nur Athleten starten, die die Olympische Charta vollwertig akzeptieren. Das IOC sieht sich selbst als Friedensstifter, hat das in der Olympischen Charta auch festgeschrieben. Jeder Sportler, der gegen diesen Friedensgedanken handelt, sprich den russischen Angriffskrieg aktiv unterstützt, wird ausgeschlossen. Und: Das Bekenntnis zu den Anti-Doping-Richtlinien und ein individueller "Check" müsse durchgeführt werden, wobei unklar ist, was damit gemeint ist.
Das IOC schreibt, dass man jetzt weiter untersuchen müsse, ob dies auch geeignete Vorschriften für ein Startrecht russischer und belarussischer Athletinnen und Athleten wäre.

Scharfe Kritik von Athletenvereinigung "Global Athlete"

Im gleichen Statement spricht das IOC Exekutivkomitee aber auch der Ukraine und dem ukrainischen Olympischen Komitee seine uneingeschränkte Unterstützung aus. Der ukrainische Präsident Selenskyj hatte dem IOC schon im Dezember klargemacht, dass er nicht viel von einem Startrecht für russische Sportler selbst unter neutraler Flagge hält. Selenskyj hatte außerdem den französischen Präsidenten Emmanuel Macron hatte er in einem Telefonat dazu aufgefordert, russischen Sportlern bei den Olympischen Spielen, die ja in Paris stattfinden, das Startrecht zu verweigern. Auch darauf hat das IOC in seinem Statement reagiert.
Das IOC schreibt: Kein Athlet dürfe nur wegen seines Passes diskriminiert und ausgeschlossen werden. Und: Wer an Wettbewerben teilnehmen darf, entscheiden auf keinen Fall die Regierungen - ein eindeutiger Fingerzeig Richtung Frankreich und Ukraine. Trotzdem: Die Kritik am Vorhaben des IOC ist groß. Die Athletenvereinigung "Global Athlete" schreibt: Selbst wenn russische Sportler dann unter neutraler Flagge starten, sei klar, dass der Sport ein fester Bestandteil der außenpolitischen Strategie Russlands ist.

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Russische Sportfunktionäre und Offizielle haben seit Kriegsbeginn immer wieder die Athleten dazu aufgerufen, sich am Krieg zu beteiligen. Eine Starterlaubnis für russische Sportlerinnen und Sportler wäre aus Sicht der Athletenvertretung gleichzeitig auch eine Unterstützung des russischen Angriffskrieges seitens des IOC.

Russland und Belarus nehmen an Asienspielen teil

Andere Verbände sind schon einen Schritt weiter: Die Vereinigung der asiatischen Olympischen Komitees hat verkündet, dass russische und belarussische Sportlerinnen und Sportler bei den Asienspielen im Sommer in China starten dürfen – die Asienspiele dienen auch als Qualifikation für Olympia.
Die UEFA, der europäische Fußball-Verband, schlägt einen anderen Kurs ein. Obwohl es auch hier Treffen mit russischen Offiziellen gegeben hat und weiter geben wird, bleiben alle russischen Teams weiterhin gesperrt, nicht nur auf Vereinsebene, sondern auch die Nationalmannschaften. Außerdem wird es vorerst keine internationalen Spiele in Russland geben. Eigentlich hätte der UEFA Supercup dieses Jahr in Kasan stattfinden sollen, das Spiel wird stattdessen im August in Piräus stattfinden.

Wie der Sport mit Russland umgeht

Australian Open offenbaren Schwierigkeiten bei Re-Integrationsprozess

In anderen Sportarten dürfen russische und auch belarussische Athleten aber schon wieder teilnehmen. Im Tennis zum Beispiel sind russische und belarussische Profis unter neutraler Flagge am Start. So traf im Halbfinale bei den Frauen die gebürtige Russin Elena Rybakina, die für Kasachstan spielt, auf die gebürtige Belarussin Viktoria Azarenka, die in Melbourne unter neutraler Flage startet.
Bei den Australian Open herrschen auf dem Papier strenge Regeln: Jegliche Flaggen oder Kriegssymbole sind auf dem gesamten Gelände streng verboten. Beim Spiel des Serben Novak Djokovic gegen den Russen Andrej Rublew wurden auf der Tribüne aber mehrere russische Flaggen gesichtet. Auch das „Z“-Symbol und das Konterfei von Vladimir Putin sind dort aufgetaucht. Novak Djokovics Vater hat nach dem Spiel mit diesen Fans posiert und damit für einen Skandal gesorgt. Der australische Verband versicherte daraufhin, dass man alle Sportler und Teams nochmals gebrieft habe.

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Sanktionen wird es dafür aber wohl nicht geben. Der australische Tennis-Verband hat verkündet, dass man in Zukunft noch enger mit der Polizei und den Sicherheitskräften zusammenarbeiten werde. Doch schon an diesem Beispiel wird deutlich: Den Sport und die Politik kann man auf dem Papier vielleicht trennen. Russische Sportlerinnen und Sportler können als neutrale Athleten unter weißer Flagge starten, wie das IOC das formuliert. Aber: Die Realität sieht anders aus.