Samstag, 27. April 2024

Zentrum für Safe Sport
Eine unglaubliche Herausforderung

Der Deutsche Olympische Sportbund und der unabhängige Verein Athleten Deutschland haben bei einer Kanzlei ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Das sollte grundsätzliche Fragen im Zusammenhang mit einem geplanten „Zentrum für Safe Sport“ klären.

Von Andrea Schültke | 26.03.2024
Der Eingang zu der bundesweit zentralen Ansprechstelle "Safe Sport" nach der Eröffnung.
Der Eingang zu der bundesweit zentralen Ansprechstelle "Safe Sport" nach der Eröffnung. (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
Das "Zentrum für Safe Sport“ soll eine unabhängige übergeordnete Einrichtung zum Schutz von Athletinnen und Athleten sein. Es soll Fälle von psychischer, physischer und sexualisierter Gewalt untersuchen, aufarbeiten und am Ende Sanktionen aussprechen.
Die Ampelkoalition steht hinter dem Vorhaben und hat es im Koalitionsvertrag verankert. Von Regierungsseite zuständig: das Bundesinnenministerium. Seit Dezember 2022 sitzen verschiedene Arbeitsgruppen zusammen.
Maximilian Klein ist für die unabhängige Interessenvertretung "Athleten Deutschland“ intensiv am Entstehungsprozess für das „Zentrum für Safe Sport“ beteiligt. Je intensiver der Austausch, desto mehr Fragen tauchten auf: "Wie können wir das organisatorisch aufziehen? Wie ist die Aufgabenabgrenzung zum organisierten Sport, zu Beratungsstellen, über Finanzierungsmodalitäten?“

Safe Sport Code entwickelt

Athleten Deutschland und der Deutsche Olympische Sport Bund (DOSB) haben alle Fragen gesammelt und eine Kanzlei beauftragt, Antworten zu finden oder Vorschläge zu machen. Alexander Engelhard von der Frankfurter Kanzlei Arnecke, Sibeth, Dabelstein hat mit seinem Team ein Gutachten erstellt und auf dieser Grundlage einen Safe Sport Code entwickelt. Der soll später das Regelwerk des „Zentrums für Safe Sport“ werden:
"Eine unglaubliche Herausforderung für einen Sport- und Verbandsrechtler, der in diesem Bereich tätig ist, zu sagen: 'Ich möchte eigentlich hier dieses Regelungssystem mitdenken, mitgestalten und insofern natürlich ein Prestige-Projekt, an dem man beteiligt sein wollte.'“
Denn einen Code oder ein Regelwerk für den gesamten deutschen Sport hat es bisher noch nicht gegeben. Der Safe Sport Code formuliert neben vielen anderen Dingen die Taten oder Tatvorwürfe, die ein Zentrum für Safe Sport untersuchen sollte: „Das heißt, einmal physische Gewalt, die verboten ist, sexualisierte Gewalt, psychische Gewalt und auch das Thema Vernachlässigung sowie Diskriminierung. Die sind im Safe-Sport-Code im Sinne abstrakter genereller Regelungen enthalten“.
Der Code enthält auch den Ablauf, wie das Zentrum für Safe Sport in solchen Fällen vorzugehen hat.

Bindung an Code erforderlich

Damit dieser Safe Sport Code überhaupt umgesetzt werden kann, muss der gesamte organisierte Sport in Deutschland ihn anerkennen. Vom Fachverband bis hin zu den 87.000 Sportvereinen. Die Bindung an den Code kann laut Gutachten entweder über vertragliche Verpflichtungen laufen oder über die Verankerung in die Satzung.
Leon Ries, Vorstandsmitglied im DOSB denkt da an einen kleinen Breitensportverein: „Am Ende des Tages ist unser Job, genau diese Komplexität rauszunehmen und zu erläutern. Was passiert denn, wenn in meinem Verein etwas vorfällt und ich möchte dagegen vorgehen? Oder auch aus Sicht der Betroffenen: An wen kann ich mich wenden und für was sind die am Ende des Tages zuständig?“
Im Leistungssport könnte die Anerkennung des Safe Sport Codes eine Fördervoraussetzung sein. Jetzt geht es darum, auch für den Breitensport Anreize zu schaffen. Mit dem jetzt veröffentlichten Safe Sport Code liegt ein Entwurf vor, der nun von den unterschiedlichen zuständigen Bereichen diskutiert und final überarbeitet werden kann. Auch Erkenntnisse eines Codes, den ein Team der Sporthochschule Köln entwickelt, sollen einfließen.

Fragen klären

Parallel geht es um die Fragen: Welche Rechtsform soll das Zentrum für Safe Sport bekommen, wie soll die Verbindung zu Beratungsstellen und dem organisierten Sport sein? Datenschutzfragen sind zu klären: Welche Informationen darf wer, wann bekommen? Dann muss der Code angenommen und umgesetzt werden. Wie lange all das dauert, ist für Maximilian Klein von Athleten Deutschland schwer abzuschätzen:
„Das heißt, wir brauchen eine langfristige Vision, eine geteilte Vision aller Akteure und wir müssen kurzfristig dann auch schauen, was kann man vielleicht auch ohne Bindungswirkung in der kurzen Frist herstellen? Beratungsangebote und so weiter und so fort. Aber eine seriöse Aussage zum Zeitplan zu machen, ist ohne Diskussion dieser Entscheidungsprobleme nicht möglich.“
Das klingt, als sei das mit dem Zeitplan des Bundesinnenministeriums schwer vereinbar. Wenn es nach dem für den Sport zuständigen Ministerium geht, beginnt die Startphase des „Zentrums für Safe Sport“ schon im nächsten Jahr.