Samstag, 18. Mai 2024

Radsport
Die Alten gegen den Giro-Neuling

Der slowenische Radprofi Tadej Pogacar hat schon viele Rennen gewonnen, aber beim Giro d’Italia war er noch nicht. Er strebt dennoch den Sieg an. Seine härtesten Rivalen sind aus der Altersgruppe Ü30. Wird der Giro zum Generationenkampf?

Von Tom Mustroph | 04.05.2024
Der slowenische Radprofi Tadej Pogacar bei der Präsentation der Teams vor dem Beginn des Giro D'Italia 2024.
Der slowenische Radprofi Tadej Pogacar bei der Präsentation der Teams vor dem Beginn des Giro D'Italia 2024. (IMAGO / Italy Photo Press / IMAGO / R4924_italyphotopress)
Die Vorfreude auf den 107. Giro d’Italia war groß, ganz besonders bei einem Debütanten: “Ja, ich mag es, in Italien Rennen zu fahren. Ich mag die Fans. Ich denke, da werden auch viele Fans aus Slowenien und anderen Nachbarländern sein. Es wird sicherlich viele Etappen mit einer verrückten Anzahl von Zuschauern geben. Und ich kann es wirklich kaum erwarten, wie die Atmosphäre an den Anstiegen und anderen wichtigen Punkten des Rennens sein wird.“
Der Slowene Tadej Pogacar, zweifacher Tour de France-Sieger und Gewinner von mittlerweile sechs Klassikermonumenten, tritt tatsächlich das erste Mal bei der Italienrundfahrt an. Die hiesige Radsportgemeinde ist deswegen im Glücksrausch. Das gilt auch für einen, der den Giro selbst schon gewonnen hat, den mehrfachen Grand-Tour-Sieger Vincenzo Nibali:

Ex-Profi Nibali traut Pogacar Sieg zu

„Die italienischen Fans sind sicher superzufrieden, Tadej bei seinem ersten großen Wettkampf in Italien zu sehen. Für viele stellt das eine tolle Gelegenheit dar. Und ich wäre auch völlig zufrieden, wenn er den Giro gewänne. Er ist ein großer Champion.“
Viel deutet auf einen Durchmarsch des Slowenen hin. Ein paar Gegner muss er aber auch fürchten. Die Prognose von Ex-Profi Nibali: „Wer ihm am meisten zusetzen könnte, ist Geraint Thomas. Er wurde im letzten Jahr Zweiter. Und in diesem Jahr ist sicherlich The Last Call für ihn, am Ende der Karriere doch einmal den Giro zu gewinnen. Aber es wird nicht einfach.“
Auch für den Briten Geraint Thomas ist dieser Giro wohl die allerletzte Gelegenheit, noch einen großen Sieg zu landen. Am vorletzten Tag der Italienrundfahrt wird der Profi von Ineos Grenadiers 38 Jahre alt – ein echter Methusalem auf dem Rad, aber eben auch einer mit Erfahrung. Das sieht auch Pogacar so. Er ist erst 25 Jahre jung und hat vor allem vor den Oldies Respekt:
„Ich denke, Romain Bardet hat zuletzt eine richtig gute Form gezeigt. Und Geraint Thomas wird wie immer auch gut sein. Er hatte in diesem Jahr eine gute Vorbereitung, und er wird weder in den Bergen noch bei den Zeitfahren enttäuschen.“
Thomas wird 38, der Franzose Bardet zählt 33 Jahre – es ist vor allem die ältere Generation, die dem Giro-Debütanten das Leben schwermachen könnte. Allerdings ist auch bei ihnen der Respekt vor Tadej Pogacar groß. Bardet zum Beispiel redet seine Klassement-Interessen vorsichtshalber ganz klein.

Konkurrenten betreiben Understatement

„Für mich ist es das Beste, mich auf die einzelnen Bergetappen zu konzentrieren. Ich möchte einfach das Adrenalin spüren im Kampf um den Tagessieg. Dafür werde ich 100% geben. Und wenn ich dann stabil bleibe, könnte das auch zu einem guten Platz im Klassement führen.“
Ein weiterer Fahrer, der zumindest das Podium anstrebt, ist Bora hansgrohes Kapitän Dani Martinez. Im Windschatten des Kolumbianers bewegt sich Deutschlands derzeit größtes Bergtalent, der frühere Biathlet Florian Lipowitz. Er soll vor allem Martinez unterstützen, kann aber auch auf eigene Chancen hoffen, verspricht sein sportlicher Leiter Enrico Gasparotto.
„Er wird Dani im Klassement helfen. Es ist der erste Einsatz für Florian in einer Grand Tour. Er ist ein junger Bursche mit großem Potential. Aber wenn man ein junger Profi ist, hat man einen Enthusiasmus, der einen weit bringen kann. Wir werden es Tag für Tag betrachten und im Laufe des Giro entscheiden, was seine individuelle Rolle sein kann.“

Pogacar will Giro und Tour in einer Saison gewinnen

Auch die Gastgeber haben einen Hoffnungsträger, glaubt zumindest Vincenzo Nibali: „Aus italienischer Sicht kommt sicher Antonio Tiberi infrage. Er verbessert sich Jahr für Jahr. Und er kann einen Platz unter den Top 5 anstreben.“
Ob einer von diesen Profis, sei er alt, sei er jung, dem Debütanten Tadej Pogacar das Wasser reichen kann, ist aber sehr fraglich. Der Slowene verbreitet zum Auftakt auch noch rhetorisch Furcht: „Ich, ich denke ich bin noch besser geworden. Ich fühle mich besser auf dem Rad. Und ich spüre, dass ich mehr Freude dabei habe.“
Dieser Giro d’Italia sieht offenbar den besten Tadej Pogacar aller Zeiten. Jetzt muss er nur noch durchkommen für Teil 1 seines Plans, Giro d’Italia und Tour de France in einer Saison zu gewinnen.