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Staatliches Rettungspaket
Ringen um Geld und Mitsprache in Sachen Lufthansa

In der Coronakrise macht die Lufthansa nach eigenen Angaben pro Stunde eine Million Euro Verlust. Der Bund hat dem Unternehmen Hilfen in Aussicht gestellt, verlangt dafür aber Mitspracherechte - die Firmenchef Spohr aber nicht gewähren will. Der Überblick.

Von Brigitte Scholtes | 28.04.2020
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) besucht am 18.11.2015 die Lufthansa in Frankfurt am Main (Hessen). Dabei nimmt Sie zusammen mit Lufthansa-Chef Carsten Spohr das Modell eines Airbus A380-800 in die Hand. Foto: Boris Roessler/dpa | Verwendung weltweit
Angela Merkel und Carsten Spohr 2015: Außer Deutschland möchten heute vielleicht auch Österreich, Belgien oder die Schweiz gern mitreden, fürchtet Konzernchef Spohr in der Frage des staatlichen Mitspracherechts (picture alliance / dpa / Boris Roessler)
Bei einem Treffen am Dienstag (28.04.2020) haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Lufthansa-Chef Carsten Spohr über einen möglichen Rettungsplan für das angeschlagene Flugunternehmen gesprochen.
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Übersicht zum Thema Coronavirus (imago / Rob Engelaar / Hollandse Hoogte)

Wie steht es um das geplante Rettungspaket?

Noch ist nichts entschieden. Man streitet offenbar weiter um die Form der Kontrolle, wenn der Bund sich an der Lufthansa beteiligen sollte. Die möchte Lufthansa-Chef Carsten Spohr möglichst gering halten. Das hat er auch in einem Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit" nochmals deutlich gemacht: "Wenn die Bundesrepublik zu große Einflussnahme auf operative Geschäftsaufgaben nehmen wollte, fordert das vielleicht die österreichische Regierung ebenso ein, dann möglicherweise auch die Schweiz, Belgien, Bayern oder Hessen." So könne man einen Konzern nur sehr schwer steuern, sagte Spohr und führt dafür etwa die Entscheidung an, von welchen Flughäfen man Osaka ansteuere.
Was er nicht sagt: Es dürfte auch um Arbeitnehmerrechte gehen, die mit einem staatlichen Mitsprachrecht wahrscheinlich besser geschützt wären.
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Um welche Art Hilfen geht es?

Es geht offenbar um neun Milliarden Euro an Staatshilfe. Davon könnte der Bund zum einen Aktien erhalten, die ihm zu einer Sperrminorität verhelfen würden. Ein Teil könnte aber auch als Darlehen fließen, dafür verlangt der Bund dem Vernehmen nach aber recht üppige Zinsen von neun Prozent. Das würde natürlich Kapital der Lufthansa binden -Kapital, das ihr dann später nicht für Investitionen zur Verfügung stünde.
Deshalb hat die Lufthansa jetzt auch ein Schutzschirmverfahren ins Gespräch gebracht, eine Vorstufe zur Insolvenz. Der Vorteil: Darunter könnte sie sich sanieren, ohne große Mitspracherechte der Belegschaft. Das möchten diese natürlich nicht. Da dürften von der Bundesagentur für Arbeit dann monatlich 600 Millionen Euro an Kostenübernahmen nötig sein. Nach drei Monaten aber würde sich ein Insolvenzverfahren anschließen. Das ist also eine Art Drohkulisse der Lufthansa.
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An einer Rettung müssten auch Österreich, Belgien und die Schweiz beteiligt werden, dort hat die Lufthansa Töchter. Wie kompliziert ist das?

Ziemlich. Denn die Regierungen in diesen Ländern fordern Mitsprachrechte, auch deshalb, weil sie ja die Töchter eines deutschen Mutterkonzerns retten sollen. Da fordert etwa die österreichische Regierung Garantien für Standorte, und auch die Regierung in Bern hat schon deutlich gemacht, dass sie klare Bedingungen stellt im Gegenzug für eine Beteiligung.
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Wie bedroht ist der Lufthansa-Konzern insgesamt?

Carsten Spohr hat vor einigen Tagen vorgerechnet, dass die Lufthansa pro Stunde eine Million Euro verbrennt. Trotz des Liquiditätspolsters von etwa vier Milliarden Euro ist deshalb Hilfe unumgänglich. Man muss der Lufthansa allerdings zugutehalten: Der Konzern ist unverschuldet in diese Krise gerutscht, er hat nach der Krise auch gute Chancen, profitabel zu fliegen. Ob das gelingt, kommt aber auch auf die Länge der Krise an.
Schwierig dürfte auch werden, dass ein Teil der Geschäftsreisenden – vor der Krise waren das immerhin 70 Prozent – danach nicht unbedingt zurückkehrt, weil er in der Krise gemerkt hat, dass man auch per Videokonferenz gut verhandeln kann. Das ist dann das große Fragezeichen.