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Folgen der Sanktionen
Die Staatspleite Russlands rückt näher

Die harten Sanktionen gegen Russland zeigen bereits Wirkung. Weil die westlichen Staaten die Gold- und Devisenreserven eingefroren haben, hat die russische Regierung große Schwierigkeiten, die Staatsschulden zu begleichen. Ein Zahlungsausfall droht, die Staatspleite rückt näher.

Von Klemens Kindermann | 07.04.2022
 Rubel-Scheine werden gedruckt
Rubel-Scheine - Russland kann seine Auslandsschulden nicht mehr in Dollar bedienen (IMAGO/IlluPics)

Was ist dran an einer drohenden Staatspleite Russlands?

Eine Staatspleite Russlands rückt näher. Sollte Moskau seine Verbindlichkeiten bei internationalen Gläubigern nicht bezahlen, dann hätte das eine historische Dimension: Es wäre das erste Mal seit der Russischen Revolution im Jahr 1917, dass Auslandsschulden nicht bedient werden. Damals hatten die Bolschewiken Schulden aus der Zarenzeit nicht anerkannt. Und Moskau hat jetzt seine fälligen Auslandsschulden erstmals nur in Rubel und nicht in US-Dollar beglichen.

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Was bedeutet diese Bedienung der Auslandsschulden in Rubel?

Das bedeutet, dass Zahlungen für den Schuldendienst nicht in der vereinbarten Währung geleistet wurden. Es geht hier um Fremdwährungsanleihen in Höhe von rund 650 Millionen Dollar. In den Anleiheverträgen steht in der Regel drin, dass Dollar-Schulden auch in Dollar bezahlt werden müssen. Die Zahlung war jetzt fällig. Sie wurde jedoch nur in Rubel geleistet. Normalerweise gibt es noch eine „Gnaden-Nachfrist“ von 30 Tagen, die „Grace Period“. Aber jetzt ist unklar, ob Russland noch – vertragsgemäß - in Dollar zahlen wird oder nicht und das Ganze dann von den Ratingagenturen als Zahlungsausfall gewertet wird.

Gehen Moskau die Devisen aus?


Ja, das ist zu vermuten. Die westlichen Staaten haben wegen des Krieges rund die Hälfte der russischen Gold- und Devisenreserven in Höhe von 640 Milliarden Dollar eingefroren. Es  kommt aber noch etwas hinzu: Es gibt jetzt nicht nur das europäische Sanktionspaket – Stichwort: Kohle. Auch die USA haben ihre Sanktionen gegen Russland nochmals verschärft: Es ist Moskau vom US-Finanzministerium verboten worden, fällige Zinszahlungen auf Fremdwährungsanleihen aus eben diesen Reserven vorzunehmen. Das war bisher noch möglich: nun nicht mehr, so dass Russland eigentlich nur noch die Wahl hat, seine wertvollen restlichen Devisenreserven anzutasten für die Bedienung der Anleihen oder einen Zahlungsausfall zu riskieren.

Welche Folgen hätte ein Zahlungsausfall für Russland?

Kurzfristig könnte Russland das verkraften. Es ist eines der am wenigsten verschuldeten Länder der Welt mit einer Schuldenquote von zuletzt nur 20 Prozent. Allerdings steuert Russland mit einer hohen Inflation und Zinsen von inzwischen 20 Prozent auf eine schwere Wirtschaftskrise zu: Das Bruttoinlandsprodukt dürfte durch die Sanktionen des Westens um 10 Prozent einbrechen – das wäre die schlimmste Wirtschaftskrise seit dem Zerfall der Sowjetunion. Da könnte die Schuldenaufnahme im Ausland wieder dringend notwendig werden – kommt es jetzt zu einem Zahlungsausfall, dürfte das auf Jahre hin schwierig werden.

Welche Folgen hätte ein Zahlungsausfall für den Westen?

Die Folgen für den Westen sind überschaubar, weil es relativ geringe Verflechtungen zwischen dem russischen und dem westlichen Finanzsektor gibt. Eine weltweite Finanzkrise als Folge ist sehr unwahrscheinlich. Die Forderungen der deutschen Banken gegen Russland etwa belaufen sich nach Zahlen der Bundesbank vom November auf etwa 7,5 Milliarden Euro – das sind nur 0,4 Prozent der gesamten Auslandsforderungen deutscher Banken.