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Streit um Unabhängigkeit
Der Konflikt um Katalonien

Unabhängigkeitsreferendum, Zwangsverwaltung, Inhaftierungen, Neuwahlen: Der Streit um die Unabhängigkeit Kataloniens spaltet nicht nur Spanien, sondern auch die katalanische Gesellschaft, Familien und Freundeskreise. Eine Spurensuche – jenseits der politischen Propaganda.

Von Julia Macher und Hans Günter Kellner | 23.06.2018
    Ein Anhänger der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung hat sich in eine katalanische Flagge gehüllt und spricht mit einer Frau, die sich die Fahne der fiktiven katalanischen Region Tabarnia umgehängt hat. Tabarnia fordert die Unabhängigkeit von Katalonien und wurde erfunden, um den Separatisten einen satirischen Spiegel vorzuhalten.
    Annäherung auf der Straße: Ein Befürworter der katalanischen Unabhängigkeit im Gespräch mit einer Gegnerin - sie ist in die Flagge der fiktiven katalanischen Region Tabarnia gehüllt (AFP/ Josep Lago)
    "Wir konstituieren die katalanische Republik als unabhängigen und souveränen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat", erklärte das katalanische Parlament am 27. Oktober 2017 nach einem umstrittenen Unabhängigkeitsreferendum. Eine rein symbolische Erklärung, beteuerten zahlreiche Abgeordnete später. Die Zentralregierung in Madrid sah darin einen Putschversuch.
    Puigdemont in Deutschland festgenommen
    Madrid setzte die katalanische Regionalregierung ab und kündigte Neuwahlen an. Zahlreiche Politiker wurden verhaftet. Der ehemalige katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont wurde im März 2018 an der deutsch-dänischen Grenze von der Bundespolizei festgenommen.
    Zugeständnisse der neuen spanischen Regierung
    Mehr als ein halbes Jahr später bemüht sich die neue spanische Regierung um Entspannung. Katalonien erhielt die Kontrolle über seine Finanzen wieder, von einer möglichen Verfassungsreform ist in Madrid nun die Rede. Der neue sozialistische Regierungschef Pedro Sánchez setzt anders als sein Vorgänger Mariano Rajoy auf Entgegenkommen, stellt aber auch klar: Ein neues Referendum über die Unabhängigkeit wird es nicht geben.
    Zerrissene Familien
    Julia Macher und Hans-Günter Kellner waren für "Gesichter Europas" in Barcelona und Madrid und haben sich mit Unabhängigkeitsbefürwortern, spanischen Nationalisten, Psychologen und Familien getroffen, die der Konflikt um Katalonien zu zerreißen droht.
    Die Verteidiger der Republik
    Spaniens neue Regierung setzt im Konflikt um Katalonien offenbar auf Entspannung. Die Region hat beispielsweise die Kontrolle über ihre Finanzen wiedererhalten. Den "Komitees zur Verteidigung der Republik" reicht das nicht. Sie wollen die Unabhängigkeit.
    Der Lichtkünstler Jamal fährt am 29.10.2017 auf einem mit spanischen Fahnen geschmückten Fahrrad durch Barcelona
    Flagge zeigen - eine Frage der Ehre
    Während nationale Symbole in Katalonien sehr präsent sind, war der Umgang mit der Nationalflagge im Rest Spaniens schon immer schwieriger. Erst seit dem Streit um die Unabhängigkeit sind auch in Madrid wieder mehr rot-gelb-rote Fahnen zu sehen.
    Gelbe Schleifen der Unabhängigkeitsbefürworter, die von Unabhängigkeitsgegnern rot übermalt wurden
    Zerrissene Familien
    Der Konflikt zwischen Barcelona und Madrid ist kein Streit zwischen zwei verfeindeten Lagern. Die Katalanen Julia und ihr Mann Ignasi sind das beste Beispiel dafür. Während er für die Unabhängigkeit lebt, kann sie nur den Kopf darüber schütteln. Eine echte Belastungsprobe für ihre Ehe.
    Ein spanischer Nationalpolizist geht mit seinem Schlagstock auf Befürworter des Katalonien-Referendums los, die sich auf die Straße gesetzt haben, am 01.10.2017 in Barcelona (Spanien)
    Angst, Unruhe und Frustration
    Die Psychologin Ingeborg Porcar leitete nach dem umstrittenen Referendum einen Krisenstab. Die harten Auseinandersetzungen mit Polizei und Politik haben bei vielen Katalanen für Angstzustände und Unruhe gesorgt, berichtet sie.
    Die Diskussionsveranstaltung der Vereinigung
    Auf der Suche nach Verständigung
    Der Konflikt um Katalonien polarisiert. Auch die Medien haben ihren Teil dazu beigetragen. Eine kleine Gruppe von Journalisten aus Barcelona und Madrid möchte das ändern und bietet jenen moderaten Stimmen eine Bühne, die bisher untergegangen sind.