Das Al-Fayhaa-Sportgelände in Damaskus erstreckt sich auf 25 Hektar. Mit Stadion, Hallen und Trainingsplätzen hat das Areal auch eine politische Funktion für den syrischen Staat. Deutlich wird das ab dem 12. August werden. Dann findet in der Al-Fayhaa-Arena eines der frühen Qualifikationsturniere für den olympischen Basketball-Wettbewerb statt. Acht Teams aus Asien spielen in zwei Gruppen, der Sieger kann auf eine Teilnahme in Paris 2024 hoffen.
Mit Sportereignissen wie diesen möchte sich der syrische Präsident Baschar al-Assad den Weg zurück in die internationale Gemeinschaft ebnen, sagt Robert Chatterjee vom Nahost-Magazin Zenith: „Damit auch das syrische Regime natürlich zeigen kann: Wir können solche Veranstaltungen bei uns durchführen, es ist alles sicher. Teil der Normalisierung heißt ja auch, dass wieder ein regelmäßiger Besucherverkehr herrscht, dass auch Menschen anreisen, Devisen bringen und dass Flüge nach Damaskus kommen. Das ist natürlich auch ein Präzedenzfall, den man auch dafür nutzen will, auch in anderen Sportarten wieder etwas auszutragen. Das müssen nicht immer die großen Sachen sein. Manchmal sind es ja auch kleinere Sportarten oder U-Turniere für Jugendmannschaften.“
Ausrichtung von Sportereignissen auch politisch motiviert
Der Krieg in Syrien hat mehr als 400.000 Todesopfer gefordert. 20 Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Baschar al-Assad hat Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt. Trotzdem wurde Syrien nicht aus internationalen Sportverbänden ausgeschlossen, wie etwa Russland nach dem Angriffskrieg auf die Ukraine.
Mittlerweile kontrolliert al-Assad wieder zwei Drittel des syrischen Gebietes, doch die Konflikte sind nicht gelöst, sondern nur eingefroren.
Als Gastgeber internationaler Sportereignisse möchte das Regime auch seinen Anspruch auf das gesamte Territorium zum Ausdruck bringen, erläutert Robert Chatterjee: „Weil man ja zum Beispiel die Gegenden im Nordwesten und auch teilweise im Nordosten Syriens nicht unter Kontrolle hat. Im Nordosten gibt es ja einen semiautonomen kurdischen Staat, eine Selbstverwaltung: Rojava. Und auch dieses Gebiet hat ja den Anspruch, dort auch zum Beispiel alle Aktivitäten, unter anderem den Sport, auch für sich zu organisieren.“
Im Mai wurde Syrien nach zwölf Jahren Abwesenheit wieder in die Arabische Liga aufgenommen. Die USA und die Europäische Union kritisierten diesen Schritt und lehnen eine Normalisierung der Beziehungen ab. Das Auswärtige Amt etwa rät deutschen Staatsbürgern dringend vor einer Reise nach Damaskus ab.
Basketball - zweitwichtigster Sport in Syrien
Auch in jüngerer Vergangenheit mussten Basketballspiele in Syrien aufgrund von Bombeneinschlägen kurzfristig verlegt werden. Trotzdem vergab der Weltbasketballverband FIBA eines seiner olympischen Vor-Qualifikationsturniere nach Syrien.
Auf schriftliche Fragen des Deutschlandfunks, auch zur Sicherheit, antwortete die FIBA eher allgemein: „Der syrische Basketballverband hat bereits erfolgreiche Qualifikationsturniere für die Weltmeisterschaft 2023 in Asien organisiert. Und wir glauben, dass die Durchführung dieses Turniers von gleicher Qualität sein wird.“
Basketball gilt in Syrien als zweitwichtigste Sportart. In der wichtigsten, im Fußball, dürfen Nationalteam und Vereine noch immer keine internationalen Heimspiele bestreiten. Ob sich das bald ändert?
Syrien erhält Unterstützung der Golfstaaten und aus Russland
Im September 2022 reiste eine Delegation der FIFA nach Syrien und sicherte Unterstützung zu. Im Mai dieses Jahres besuchte der Präsident des Asiatischen Fußballverbandes Damaskus. Salman bin Ebrahim Al Khalifa, der aus Bahrain stammt, traf dort auch Baschar al-Assad. Kurz darauf reiste al-Assad nach Saudi-Arabien, wo Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen wurde.
Die Golfstaaten spielen bei der Rehabilitierung Syriens eine wichtige Rolle, sagt Robert Chatterjee, in Politik und Sport: „Nicht jedes Event kann ja jetzt in Saudi-Arabien oder Katar stattfinden. Und ich glaube, in den Golfstaaten verfolgt man eben auch eine Strategie, wenn wir Länder wie Syrien einbinden und die eine ökonomische Dividende davon haben, dass Ruhe und Stabilität herrschen, dann kommt das allen zu Gute.“
Auf der einen Seite die Golfstaaten, auf der anderen Seite der wichtige Partner Russland. In Talentförderung, Trainingslehre und Sportwissenschaft haben Syrien und Russland eine engere Kooperation angekündigt. Zum Beispiel trugen Kriegsveteranen aus beiden Ländern gemeinsame Wettbewerbe aus.
Immer wieder zieht Baschar al-Assad in seinen Reden eine Verbindung zwischen Sport, Staat und Militär, erläutert der in Syrien aufgewachsene Fußballfan Nadim Rai und nennt ein Beispiel: „Der syrische Gewichtheber Man Asaad hat bei den Olympischen Spielen in Tokio eine Bronzemedaille gewonnen. Und diese Medaille widmete er dem syrischen Präsidenten und dem Militär des Landes, nachdem er von dem Präsidenten persönlich in seinem Palast empfangen worden ist."
In Syrien stützt der Sport politische Netzwerke. In der Bevölkerung aber sind rund 80 Prozent von Armut betroffen. Die meisten Menschen, sagt Nadim Rai, werden sich ein Ticket für das Basketballturnier in Damaskus nicht leisten können. Auch an Freizeit- und Gesundheitssport ist kaum zu denken. Denn viele Sportstätten sind zerstört – und Geld für den Wiederaufbau ist kaum vorhanden.