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Textil- und Modehändler in der Coronakrise
Für neue Kleider fehlt der Anlass

Auch wenn sich die Innenstädte mit den Lockerung in der Coronakrise wieder mit Passanten füllen, vor allem für den stationären Modehandel war und ist die Lage schlicht dramatisch. Aber einige Unternehmen der Branche waren auch schon vorher in der Krise. Staatliche Hilfen sind da nicht einfach.

Von Günter Hetzke | 27.05.2020
Zahlreiche Passanten schlendern mit Mundschutz durch die Innenstadt von Potsdam in Brandenburg.
Zahlreiche Passanten schlendern mit Mundschutz durch die Innenstadt von Potsdam in Brandenburg. (dpa/Soeren Stache)
Gerade gestern erst hat der Handelsverband Deutschland nicht zuletzt mit Blick auf die Modehäuser, die Schuh- und Sportgeschäfte Hilfen eingefordert beim Bundesfinanzministerium. Denn erstens sind in den Innenstädten längst noch nicht so viele Kunden unterwegs wie gewohnt und dann ist die Zahl der Kunden in den Läden ja auch noch begrenzt. Und es wird derzeit eben weniger gekauft.
Das Deutsche Mode-Institut hatte ja schon am Anfang der Krise gewarnt, bei Mode gehe es vor allem darum, wie man aussieht, wenn man draußen unterwegs ist und nicht darum, wie man aussieht, wenn man allein zu Hause ist. Und der Handelsverband Textil hatte vor wenigen Tagen erst gestöhnt, es fehle schlicht der Anlass, sich ein neues Outfit zuzulegen. So lange Feiern, Partys, Feste eingeschränkt oder gar noch verboten sind und so lange Millionen im Homeoffice arbeiten, so lange ist der Kauf neuer Kleidung nur bedingt gefragt.
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Steht uns eine Welle von Geschäftsschließungen im stationären Modehandel bevor?
Genau das befürchtet der Branchenverband, wenn der Staat nicht umfangreich hilft. Denn die Modehändler haben ja nicht nur das Problem, dass derzeit die Zahl der Kunden noch arg niedrig ist. Hinzu kommt, ihre Lager sind noch voll mit der Frühjahrsmode, die ja keine Abnehmer fand. Und wer kauft jetzt noch eine Übergangsjacke oder den Pulli für kalte Frühjahrsabende. Das bleibt liegen oder kann nur mit hohen Rabatten verkauft werden. Und nun ist die Sommerware da, die bezahlt werden muss, obwohl ja über Wochen Einnahmen fehlen.
Und wir haben ja vor einem Monat etwa erfahren, dass diese Not weitergereicht wird, dass viele Modeketten ihre Aufträge bei den Zulieferern stornieren, weil sie kein Geld haben. Und aus der Not hier wird dann ein Elend bei den Näherinnen in den Fabriken in Asien, die dann einfach von einem Tag auf den anderen kein Geld mehr bekommen, um Miete oder ihr Essen bezahlen zu können. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sprach da von hunderttausenden Betroffenen, weil hier der Absatz eingebrochen ist.
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Ist der stark rückläufige Absatz bei den Modeketten nur auf Corona zurückzuführen?
Nein, ist es nicht. Und genau das macht auch die staatlichen Hilfen so schwierig, denn natürlich stellt sich die Frage, wer war vorher schon in Not, wer ist erst durch Corona in Not gekommen. Der Modekonzern Esprit beispielsweise schrieb schon lange vor der Coronakrise rote Zahlen, der Modehersteller Gerry Weber kämpft seit Langem schon mit wirtschaftlichen Problemen, ebenso die Modehandelskette Sinn – und nicht zuletzt übrigens auch die Warenhauskette Karstadt-Kaufhof, die ja auch ein großer Player im Bereich Textilien ist. Im Vergleich dazu steht beispielsweise C&A noch solide da und auch Hugo Boss hatte zwar Anfang des Monats rote Zahlen zum Jahresauftakt gemeldet, aber klar gemacht, Staatshilfe werde man nicht beantragen, brauche man nicht. Käufer und neue Kunden wolle man mit neuen Kollektionen und Angeboten gewinnen, unter anderem mit veganen Anzügen, geschneidert in Germany.