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Tory-Parteitag
Camerons Totschlagargument

Großbritannien will keine Asylbewerber aufnehmen, die Briten halten die Zahl der Einwanderer in ihr Land ohnehin für zu hoch. Premier und Tory-Chef David Cameron wird beim Parteitag in Manchester heute seine Forderungen an die EU zu diesem Thema formulieren. Um Druck zu machen, wird er wohl auch einen möglichen Brexit – einen EU-Austritt seines Landes – ins Spiel bringen.

Von Friedbert Meurer |
    David Cameron zwischen den Flaggen Großbritanniens und der EU.
    Großbritanniens Regierungschef und Vorsitzender der konservativen Torie-Partei (dpa/EPA/Julien Warnand)
    Zum Abschluss der Parteikonferenz spricht heute die Nr. 1 der Tories, Premierminister David Cameron. Vor fünf Monaten hat er den Konservativen wieder zurück zur absoluten Mehrheit im Unterhaus verholfen, die Partei kann jetzt ohne einen als lästig empfundenen Koalitionspartner regieren. So unangefochten Cameron innerparteilich dank des Wahlsiegs ist, die Fragen von Einwanderung und Austritt aus der EU führen innerhalb der Partei zu harten Kontroversen.
    "Die Leute sind frustriert und ich auch, dass die Netto-Einwanderung bei über 300.000 liegt", gesteht Cameron im TV-Interview. "Wir haben das Ziel von 100.000 Zuwanderern gesetzt und wir haben es nicht erreicht, also müssen wir mehr tun."
    Innenministerin Theresa May hatte gestern vor den Delegierten sich noch viel schärfer geäußert: Zuwanderer nähmen Briten die Jobs weg, sie spalteten die Gesellschaft.
    "Wenn die Zuwanderung zu hoch ist und das so schnell geht, dann wächst die Gesellschaft nicht zusammen. Für Niedrigverdiener bedeutet das, dass ihre Löhne noch weiter sinken, einige werden auch entlassen. Was wir an Einwanderung im letzten Jahrzehnt hatten, liegt nicht im nationalen Interesse."
    Innenministerin May präsentierte sich in Manchester als knallharte Hardlinerin - andere Tories halten Einwanderung für ökonomisch notwendig.
    Pro-EU-Kampagne wirkt gelähmt
    Zweiter Streitpunkt bildet das EU-Referendum. Cameron will noch Zeit gewinnen - und droht mit Austritt aus der EU: "Wenn ich nicht das bekomme, was ich will, schließe ich nichts aus."
    Cameron will diese Botschaft heute an die Partei, aber auch an die Europäer richten. Vor allem in der Einwanderungspolitik möchte er Zugeständnisse von Brüssel haben, Stichwort Sozialtourismus. Aber es geht auch um Prinzipielles: "Es gibt gute Dinge an der EU, die Sanktionen gegen den Iran, der Druck auf Russland. Aber wir wollen keine immer engere Gemeinschaft. Wir schließen eine politische Union aus."
    In Großbritannien und unter EU-feindlichen Tories formiert sich derweil die Nein-Kampagne. Die Ja-Kampagne dagegen wirkt gelähmt, weil der Premierminister erst über Reformen verhandeln will. Star-Moderator Andrew Marr stellt deswegen Cameron die Frage, wann er endlich einmal eine flammende Pro-EU-Rede halten würde.
    "Ich stehe mitten in Verhandlungen für Großbritannien. Wenn das gelingt, werde ich mich mit voller Kraft dafür einsetzen, aber ich kann ja einen Erfolg nicht garantieren."