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Treffen der Finanzminister
Ringen um Kompromiss bei der Grundsteuer

Die Grundsteuer in Deutschland soll reformiert werden. 36 Millionen Häuser, Wohn- und Industriegebäude sowie Grundstücke müssten dann neu bewertet werden. Dass dadurch höhere Grundsteuerbeträge anfallen würden, verneinte Bundesfinanzminister Olaf Scholz. Kritiker befürchten zuviel Bürokratie.

Von Theo Geers | 01.02.2019
    Wohnhäuser in Gersdorf (Sachsen-Anhalt), aufgenommen am 17.05.2013.
    Einfamilienhäuser (picture alliance / dpa / Jens Wolf)
    Es geht um "WAM" und "WUM" – um das wertabhängige und das wertunabhängige Modell bei der Grundsteuer. Beide haben ihre Vor- und Nachteile: "WAM" gilt als gerecht aber bürokratisch, "WUM" als einfach, nur leider eben auch ungerecht. Deshalb suchen die Finanzminister der Länder und des Bundes nach einem Kompromiss für die neue Grundsteuer. Olaf Scholz hatte im November zwar "WAM" und "WUM" vorgestellt, doch es war klar, er präferierte WAM - das wertabhängige Modell: Nettokaltmiete, Wohn- und Grundstücksfläche, Baujahr und der regionale Bodenrichtwert sollten künftig in die Berechnung einfließen. Die Furcht vor hierdurch stark steigenden Grundsteuerbeträgen zerstreute der Finanzminister damals so...
    "Wir haben immer so kleine Checks gemacht, immer mal zwischendurch und sind immer zu dem Ergebnis gekommen – phhhh – entspannt Euch, Leute..."
    Kritiker befürchten Bürokratiemonster
    Die Kritiker jedoch sind bis heute alles andere als entspannt. "Das machen wir nicht mit", verlautet aus der Unionsfraktion. Gemeint ist Scholz' wertabhängiges Modell. Es drohe ein Bürokratiemonster, wenn restlos alle 36 Millionen Häuser, Wohn- und Industriegebäude sowie Grundstücke in Deutschland neu bewertet werden müssten. Damit hat man auch die gesamte deutsche Wirtschaft und vor allem die Haus- und Grundbesitzer auf seiner Seite. Hier favorisiert man WUM, das wertunabhängige Flächenmodell. Grundstücks- und Gebäudefläche entscheiden über die zu zahlende Grundsteuer, im teuren Starnberg oder München ebenso wie im preiswerteren Cottbus oder Hoyerswerda.
    "Hier wird Gerechtigkeitsfrage gestellt, die sich nicht auftut...", sagt dazu Bayern Finanzminister Albrecht Füracker an die Adresse all derer, die fragen, ob das geflügelte Wort eines jeden Maklers – "Lage Lage Lage" - nicht auch bei Grundsteuer irgendwie zu berücksichtigen sei. Doch Füracker bleibt dabei: Die Grundsteuer werde von den Kommunen erhoben, damit Dienstleistungen wie Straßenreinigung oder Schneeräumen erbracht würden. Da gehe es um Objekte, das habe nichts damit zu tun, wo ein Haus stehe oder wie viel einer verdiene...
    "Das ist auch bei der Mehrwertsteuer so, dass der, der mehr verdient, die gleiche Mehrwertsteuer zu tragen hat. Wir können nicht Einkommenssteuer bei der Grundsteuer abbilden, deswegen – Gerechtigkeit in dem Fall – das ist kein Argument."
    Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des deutschen Städtetages, hält dagegen. "Für uns ist wichtig , dass überhaupt eine Wertorientierung bei der Steuer drin bleibt."
    Suche nach Schnittmengen zwischen WAM und WUM
    Und diese Botschaft ist Dedy so wichtig, dass er – im ICE unterwegs nach Berlin – eigens den kurzen Zwischenstopp in Bielefeld nutzt, um noch mal zu betonen...
    "Es macht einfach einen Unterschied, ob sie ein Grundstück haben, das mit einer Villar oder einem unsanierten Altbau bebaut ist. Und beide gleichmäßig zu besteuren scheint mir ungerecht zu sein und fördert nicht die Akzeptanz der Grundsteuer."
    Und so suchen die Finanzminister der Länder und des Bundes bei der Grundsteuer nach Schnittmengen zwischen WAM und WUM. Für Rainer Holznagel vom Bund der Steuerzahler ist Vorgabe dabei klar: "Es ist doch wichtig, dass die neue Grundsteuer ordentlich administriert werden kann, dass man versteht, was man als Bescheid bekommt und dass es rechtssiher ist. Ich glaube, man sollte System nicht komplizierter machen als es schon ist und ein einfaches Modell einführen."
    Und darum kreist die Kompromisssuche ab heute Mittag. In der Tendenz gehen die Beratungen dahin, die Grundstückswerte schon zu berücksichtigen, dies aber mit möglichst geringem Aufwand.