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Überschüssiges Essen online stellen

Im Supermarktregal daneben gegriffen oder einfach zu viel gekauft: Dank Initiativen wie der Internettauschplattform foodsharing.de landen überschüssige Lebensmittel nicht mehr so oft in der Tonne. Rund 10.000 Deutsche nutzen die Plattform, doch bislang machen nur wenige Firmen mit.

Von Maike Strietholt | 28.03.2013
    Es sind nur wenige Klicks, dann ist eine Anzeige bei foodsharing.de geschaltet. Und die Reaktion lässt ebenfalls nicht lange auf sich warten:

    "Hallo! Ach, da ist er ja, das ist ja schön, Yogitee Schoko. Und den brauchst du jetzt nicht mehr, den kann ich mitnehmen? - Ja super, vielen Dank."

    Seit die Internettauschplattform für Lebensmittel Ende letzten Jahres online ging, versorgen sich rund 10.000 aktive Nutzer in ganz Deutschland fleißig untereinander mit überschüssigen Lebensmitteln. Bis auf einige Supermärkte finden sich bislang jedoch nur wenige Firmen unter den Anbietern – dabei sind insbesondere sie zum Mitmachen aufgefordert.

    Jens Stacklies, Vorstandmitglied des DEHOGA Hamburg, hält die Überschüsse bei gastronomischen Betrieben aber auch für überschaubar – schon aus betriebswirtschaftlichen Gründen:

    "Alle guten Gastronomen sind darauf bedacht, gute Ware vernünftig einzukaufen und wenig Verlust zu haben, das hat mit Kosten und Gewinn zu tun."

    Eine solche Planbarkeit bieten vor allem Betriebe mit einer bestehenden Tageskarte, also Restaurants oder auch Mittagstisch-Lieferanten – so wie die Firma Wackelpeter, die Hamburger Kindertagesstätten mit biologischem Essen versorgt. Inhaber Jens Witt:

    "Entscheidend ist, dass man hier im Betrieb genau weiß, was man braucht. Und nicht die Sicherheitsvariante fährt und sagt – ach, wir nehmen mal 10 Prozent mehr, man weiß ja nie, was kommt."

    Schwieriger wird die Kalkulation bei der Bewirtung von Veranstaltungen – das räumt auch Jens Stacklies vom DEHOGA ein:

    "Sie können nicht für 100 Personen ein Buffet bauen, das nach einer viertel Stunde zu Ende ist, nur weil Sie Ware sparen – dann verlieren Sie den Kunden. Der Gast möchte einen bestimmten Anspruch erfüllt wissen, und er möchte satt werden. Und am liebsten möchte er sehen, dass nichts ausgeht, von keinem der Produkte. Wenn wir für 2.000 Leute Essen machen, kann ich Ihnen sagen, dass wir damit locker noch mal eine ganze Menge Menschen satt machen könnten."

    Ein Zustand, der sich nur schwerlich ändern lässt, solange Überfluss in den Augen des Gastes zum Programm gehört. Die Foodsharing-Mentalität ist hier also noch nicht eingekehrt. Jens Witt von Wackelpeter – selbst ehemals im Veranstaltungscatering tätig – sieht allerdings den Gastgeber ebenfalls in der Pflicht:

    "Das ist verdammt schwierig, mit diesem Thema umzugehen. Ich sage mal so – ein guter Koch muss streng sein mit seinen Gästen."

    Und daher hat Witt auch Verständnis für Restaurants, die eine Brotbeilage nur noch auf Nachfrage herausgeben – weil diese zumeist gern angenommen wird, dann aber doch liegen bleibt. Grundsätzlich können auch gastronomische Einrichtungen ihre Reste weitergeben. Allerdings nur dann, wenn die Kühlkette nicht unterbrochen wurde – was ausgerechnet beim resteintensiven Buffet schwierig zu gewährleisten ist. In Kantinen hingegen lässt sich dies besser steuern – Frank Doeblitz von der Catering-Abteilung des Beiersdorf-Konzerns in Hamburg:

    "150 Essen sind übrig in der Woche, das ist aber auch in Ordnung bei unserem Verpflegungssystem mit bis zu 3.000 Gästen am Tag. Beiersdorf spendet das an soziale Einrichtungen."

    Eine sinnvolle Lösung für das, was trotz guter Kalkulation übrig ist. Doch bleibt Vieles bereits auf dem Weg zur Gastronomie auf der Strecke. Sofern ein Gastwirt nicht direkt beim Bauern einkauft, steht er im Großmarkt derselben vorselektierten Auswahl gegenüber wie der einzelne Verbraucher im Supermarkt. Sebastian Wenzel von der Organisation Slowfood:

    "Hauptakteur sehe ich tatsächlich beim Handel, der einen Engpass zwischen Landwirtschaft und Verbraucher darstellt. Es ist so, dass kein einziges Obst mit einer kleinen Stelle mehr angeboten wird. Aber der Handel sagt einfach, andere lassen sich nicht mehr verkaufen. Ich glaube, dass das mit einem Preisunterschied zur Klasse-1-Ware durchaus vermarktbar wäre."