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Ugandas Social-Media-Steuer
Vor dem Chatten zahlen

In Uganda erhebt die Regierung seit Kurzem eine Steuer auf die Nutzung sozialer Netzwerke. Die Folge: Immer weniger Menschen nutzen seitdem Whatsapp, Facebook und Co. Doch die Ersten haben bereits Wege gefunden, das neue Gesetz zu umgehen.

Von Linda Staude | 09.07.2018
    Menschen schauen auf ein Smartphone.
    Uganda erhebt seit Anfang Juli eine Steuer auf die Nutzung von Social Media. (picture alliance / dpa / Dai Kurokawa)
    Asha Jumba rollt Teig aus in ihrer Küche in Kampala. Die junge Frau backt Kuchen, einen nach dem anderen - für die Kunden ihrer Heimbäckerei. Frisch aus dem Ofen verströmt das Backwerk einen leckeren Duft. Asha Jumba greift zur Spritztülle, füllt Torten und bringt bunte Verzierungen an. Ihre Meisterwerke verkauft sie über das Internet.
    "100 Prozent meiner Kundschaft habe ich über Social Media gewonnen. Direkt nach dem Aufstehen hole ich meinen Laptop und kaufe mir ein Datenbündel. Über das Handy kriege ich Bestellungen und Feedback. Mein Geschäft läuft über WhatsApp und Facebook."
    Aber ihr digitales Schaufenster ist jetzt teurer geworden. Uganda erhebt seit Anfang Juli eine Steuer auf alle Social Media. Wer immer WhatsApp, Facebook und Co aufruft, wird erst einmal zur Kasse gebeten, bevor er chatten, posten oder Geschäfte machen kann.
    "Die Steuern sind dafür da, unsere Dienstleistungen zu verbessern. Wir besteuern alle entscheidenden Services: Man sagt Wasser ist Leben, aber es gibt eine Steuer auf Wasser. Wir besteuern Strom. Also wollen wir Steuern für alle, die per WhatsApp oder Skype anrufen, weil die ugandische Regierung in die Verbindungen investiert", verteidigt Frank Tumwebaze das neue Gesetz, der Minister für Informationstechnologie. 200 Shilling kostet das die Nutzer jeden Tag. Das sind umgerechnet gut vier Euro-Cent. Das klingt nicht viel, summiert sich aber.
    "Die Regierung verkauft unse Informationen"
    "Daten sind sehr, sehr teuer geworden", klagt Bäckerin Asha Jumba. Aufs Jahr gerechnet kommen 16 Euro Steuer zusammen für jeden, der täglich Social Media nutzt. "Die Regierung verletzt unser Recht auf Zugang zu Informationen. Sie verkauft unse Informationen", wettert dieser Student. "Und zwar zu saftigen Preisen", so Blogger Olupot. "Das ist lächerlich und ungerechtfertigt. Diese Regierung sucht im Moment nach jeder Möglichkeit, Steuern zu erheben. Aber das Problem ist: Die Leute haben schon Steuern auf ihr Telefonguthaben gezahlt, auf das Handy selbst. Mit den Steuern auf die Daten werden sie auf drei, vier oder sogar fünf Ebenen zur Kasse gebeten ."
    Und noch einmal, wenn sie die Steuern zahlen. Das geht nämlich per Handy-Transfer, und dafür werden 0,5 Prozent der überwiesenen Summe extra fällig. Eine Gruppe von Anwälten um Daniel Opio hat bereits gegen das neue Gesetz geklagt. "Wir fechten jede Maßnahme an, die das Recht auf Internet nach Artikel 45 der Verfassung verletzt. Stellen Sie sich vor: Sie führen eine Steuer von 200 Shilling ein. D.h. sie schrecken die Leute ab, diese Plattformen zu nutzen."
    Viele weichen auf VPN aus
    Da könnte etwas dran sein. Schließlich hat Präsident Yoweri Museveni selbst die Ansicht vertreten, dass über soziale Medien nur unproduktives Geschwätz verbreitet wird - oder böswillige Gerüchte. "Chatten auf sozialen Medien ist ein Luxus für Leute, die sich nur amüsieren wollen. Oder etwas für die Bösartigen", schrieb er am Freitag - ausgerechnet auf Facebook. Kritiker sagen denn auch, dass es der Regierung nur darum geht, die Opposition mundtot zu machen - wie vor den letzten Wahlen, als die Social Media kurzerhand abgeschaltet wurden.

    "Natürlich ist die Nutzung von Social Media jetzt drastisch zurückgegangen. Ich wünschte, ich könnte herumlaufen und jedem sagen, wie er um diese Steuer herumkommt." Die meisten Ugander brauchen die Hilfe von Informatikstudent Christopher Nsaari allerdings gar nicht. Sie sind längst auf VPN ausgewichen. Das ist anonym, d.h. die Regierung kann nicht abkassieren. Aus den erhofften 300 Millionen Euro Steuereinnahmen wird also aller Voraussicht nach nichts werden. Und in Uganda wird weiter digital geschwatzt.