Archiv


Und sie zahlten doch

An zahlreichen Hochschulen in Baden-Württemberg hatten die Studentenvertretungen zum Boykott der Studiengebühren aufgerufen. Statt die geforderten 500 Euro an die Hochschule zu zahlen, sollten Studenten das Geld auf Treuhandkonten deponieren. Wenn sich genügend an diesem Boykott beteiligten, dann wäre die Drohung des Wissenschaftsministeriums mit Exmatrikulation ins Leere gelaufen, lautete die Überlegung. Doch viel zu wenige beteiligten sich.

Von Thomas Wagner |
    Die Hoffnung auf einen doch noch erfolgreichen Abschluss des Gebührenboykotts ist zusammengebrochen wie ein Kartenhaus. 4500 Studierende, so das selbstgesteckte Ziel des Unabhängigen Studierendenausschusses der Uni Karlsruhe, hätte sich mindestens an dem Boykott beteiligen müssen, ein Viertel der Gesamtstudierendenzahl. Doch bis heute Vormittag hatten gerade Mal rund 1000 ihre Studiengebühr statt an die Uni auf das Treuhandkonto des Usta überwiesen. Die breite Mehrheit sagte somit Nein zu dem Boykott, der damit auch in Karlsruhe gescheitert ist. Usta-Sprecher Richard Marbach fühlt dann auch

    "eine gewisse Form von Enttäuschung natürlich, dass man einfach so viel Energie hineingesteckt hat und dann doch nicht mehr dabei herausgekommen ist. Es gibt aber viele Leute, die dagegen sind. Und dafür zu kämpfen lohnt sich."

    Doch zunächst einmal muss der Usta in Karlsruhe einer bitteren Pflicht nachkommen :

    "Ja, wir werden das Geld dann leider weiter an die Universität überweisen müssen. Und alle Studis werden dann ordnungsgemäß rückgemeldet sein. Der Boykott ist dann so, wie wir uns das vorgenommen haben, nicht erfolgreich gewesen."

    Damit ist der Boykott gegen die Studiengebühren in Baden-Württemberg endgültig zusammengebrochen. Die Uni Karlsruhe war die letzte Hochschule im Land, an der der Boykott aufrecht erhalten wurde - bis heute. Für die Studierenden, die sich daran beteiligten, ist das eine bittere Pille. Heiko Rosemann studiert in Karlsruhe Maschinenbau im 4. Semester:

    "Das ist definitiv enttäuschend. Ich verstehe auch, ehrlich gesagt, meine Kommilitonen nicht so recht, , die nicht teilgenommen haben. Denn das Risiko war minimal. Und man kann eigentlich nur gewinnen."

    Möglicherweise, so heißt es beim Usta in Karlsruhe, hätten sich eben doch viele Studierende durch die Aussagen des baden-württembergischen Wissenschaftsministers Peter Frankenberg ins Bockshorn jagen lassen. Wie ein Damokles-Schwert kreiste die Drohung über den Studierenden: Wer die Studiengebühren nicht bezahlt, wird exmatrikuliert.

    " Denn dann wäre Karlsruhe, die als Uni gerade mal im letzten Jahr Elite-Uni geworden ist, bundesweit negativ in die Schlagzeilen gekommen. Da hätte die Stadt Karlsruhe bei Herrn Frankenberg stark interveniert. Abgesehen davon war der ursprüngliche Plan, dass das landesweit funktioniert, dass da Stuttgart, Heidelberg und Freiburg mitziehen. Dann wäre der öffentliche Druck so stark gewesen, dass Herr Frankenberg das nicht hätte durchziehen können."

    Unklar ist, wie viele Studierende sich aus eigenen Stücken weigern werden, die Gebühren zu bezahlen, unabhängig von den Boykottaktionen der Studierenden-Vertretungen. Eine Sprecherin des baden-württembergischen Wissenschaftsministerium bekräftigte nochmals auf Anfrage: Sie werden zwingend exmatrikuliert. Wie das genau geschieht, ist Sache der Hochschulen. Und die räumen den Total-Boykotteuren, so es sie denn gibt, zumeist noch eine letzte Gnadenfrist ein. Beispiel Uni Karlsruhe:

    "Wenn es jetzt Studenten gibt, die nicht bezahlen, dann wird eine Mahnung versandt am 2.4. Und es gibt dann eine letzte Zahlungsfrist. Die endet am 16.4."

    Verzeichnet die Uni auch dann noch keinen Zahlungseingang, gibt es, so Angelika Schuhkraft als Sprecherin der Uni Karlsruhe, nur noch eine Konsequenz:

    "Laut Landeshochschulgesetz müssen wir diese Studenten exmatrikulieren. Falls die sich dann mal irgendwann wieder um einen Studienplatz bewerben wollen, müssten sie das dann offiziell nach den geltenden Bedingungen wie eine Neubewerbung machen."

    Dies wäre aber frühestens im darauf folgenden Semester möglich, in diesem Fall an der Uni Karlsruhe selbst oder an einer anderen Hochschule. Unklar ist, wie sich ein zurückliegender Boykott im Auswahlverfahren bemerkbar macht. Angelika Schuhkraft:

    "Also ich persönlich rate eher dazu ab, nicht zu bezahlen. Sie haben auf jeden Fall keinen Anspruch mehr auf den Studienplatz, den sie einmal hatten. Es ist nicht einfach."

    Dabei wurde gerade an den drei kleineren Hochschulen in Karlsruhe, die künstlerische, gestalterische und musikalische Studienangebote bereithielten, das Boykott-Quorum erreicht. Doch auch dort haben die Studierendenvertreter die Gebühren bereits vor Wochen an die Hochschulen überwiesen. Denn diese kleinen Hochschulen bestehen nur jeweils aus einigen hundert Studierenden; Die absolute Zahl der Boykotteure dort wäre damit landesweit kaum ins Gewicht gefallen.

    An der Uni Karlsruhe indes machen sich die Usta-Vertreter Gedanken, wie es in Sachen Studiengebühren weitergehen soll. Usta-Sprecher Richard Marbach:

    "Der Kampf ist nicht erledigt. Wir werden weiter machen mit Aktionen. Es wird sicher noch einige Demonstrationen geben. Es wird vielleicht einen neuen Boykott geben, vor allem wenn man sieht, dass die Studiengebühren keine Verbesserung der Lehre gebracht haben. Und deshalb sind wir guter Dinge, dass ein neuer Boykott in einiger Zukunft erfolgreicher verlaufen könnte."