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Ungarn schließt Grenze
Sackgasse Kroatien

Ungarn hat seine Ankündigung wahr gemacht: Um Mitternacht schloss das Land seine Grenze zu Kroatien. Nur die regulären Grenzübergänge sind noch offen. Das Land schottet sich damit immer weiter gegen Flüchtlinge ab. Die Nachbarländer reagieren.

Von Stephan Ozsváth | 17.10.2015
    Soldaten bauen einen Zaun an der kroatisch-ungarischen Grenze
    Soldaten bauen einen Zaun an der kroatisch-ungarischen Grenze (dpa/picture-alliance/ Tamas Soki)
    Ungarn hat um Mitternacht – wie angekündigt - die 300 Kilometer lange grüne Grenze zu Kroatien geschlossen. Die regulären Schengen-Übergänge bleiben aber geöffnet, das hatte Ungarns Außenminister Sziijártó in Budapest angekündigt. Nur wird dort stärker kontrolliert. Flüchtlinge können in zwei Transitzonen Asyl beantragen. Die Ankündigung würzte der Ungarn mit Kritik am Nachbarn:
    "Der kroatische Ministerpräsident hat ständig behauptet, er könne die Flüchtlingswelle besser handhaben als Ungarn, wir werden jetzt sehen, wie er das genau meint."
    Nun bereiten sich die Anrainerstaaten auf eine Verlagerung der Flüchtlingsroute vor. Bislang sind – nach Schließung der ungarisch-serbischen Grenze mittels Zaun die Flüchtlinge durch das Transit-Land Kroatien via Ungarn nach Österreich und dann weiter nach Deutschland gelangt. Zehntausende waren das. Die kroatische Regierung spricht nun von einem "Plan C", de facto einem Korridor Kroatien-Slowenien-Österreich. Kroatiens Außenministerin Vesna Pusic sagt:
    "Slowenien wird nur dann die Grenze schließen, wenn das Deutschland macht. Und dann gibt es natürlich eine Kettenreaktion in ganz Europa, sagt sie. Dann muss auch Kroatien seine Grenze schließen. Aber das wäre eine riesige Belastung für ganz Südosteuropa."
    "Wir können die Ereignisse steuern"
    Die Korridor-Lösung sei mit Slowenien abgesprochen, heisst es aus der kroatischen Hauptstadt Zagreb. Im Nachbarland Slowenien laufen die Vorbereitungen für die Ankunft vieler Flüchtlinge auf Hochtouren. Der Bahn-Verkehr zwischen beiden Ländern sei vorläufig eingestellt worden, teilte die slowenische Bahngesellschaft mit. Die Polizei-Kräfte an der Schengen-Grenze zu Kroatien seien verstärkt worden, so Sloweniens Innenministerin Vesna Györkös Znidar:
    "Wichtig ist im Moment, dass es auf der Ebene der Behörden eine intensive Zusammenarbeit gibt. Wir sprechen ständig miteinander. Die Situation ist unter Kontrolle. Das heisst, wir können die Ereignisse steuern. Es kommt nur eine begrenzte Anzahl von Menschen an die Grenze. Es laufen auch Gespräche darüber, dass wir zwei Einreisepunkte nach Slowenien einrichten."
    Nach Behördenangaben hat Slowenien Unterkünfte für 7.500 Flüchtlinge vorbereitet. Seit Kroatien wegen der Schließung der serbisch-ungarischen Grenze vor einem Monat zum Transitland wurde, kamen 3.500 Flüchtlinge nach Slowenien. Zum Vergleich: Fast 5.000 sind alleine am Donnerstag – also vor Schließung der ungarisch-kroatischen grünen Grenze nach Kroatien gekommen. Sloweniens Staatspräsident Bohut Pahor warnte deshalb:
    "Wir müssen aufpassen, dass nicht mehr Flüchtlinge nach Slowenien kommen, als wir versorgen können. Deshalb müssen wir die Kontrolle an unseren Grenzen verschärfen. Ich bin sicher, dass meine Kollegen das verstehen."
    Auch in Österreich bereiten sich die Behörden jetzt auf eine Verlagerung der Flüchtlingsroute vor. Laut Regierung in Wien werden ab Samstag Nachmittag 330 zusätzliche Soldaten im Süden des Landes, an der slowenischen Grenze Dienst tun, also in Kärnten und der Steiermark.