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Veränderungen dort, wo notwendig

Die Bundeswehr sei zu einem Teil auch Leidtragende des allgemeinen Ärztemangels, konstatiert der Staatssekretär im Verteidigungsministerium, der CSU-Politiker Christian Schmidt. Man nehme die Bilanz und Kritik des scheidenden Wehrbeauftragten Reinhold Robbe ernst und werde mit Strukturmaßnahmen reagieren.

Christian Schmidt im Gespräch mit Sandra Schulz |
    Sandra Schulz: Es war sein letzter Jahresbericht und nach fünf Jahren zieht er eine düstere Bilanz bei Ausstattung und Ausbildung der Soldaten. Im Mai gibt der Wehrbeauftragte des Bundestages, Reinhold Robbe (SPD), sein Amt ab an den FDP-Politiker Helmut Königshaus. Vielleicht ist auch das einer der Gründe, warum Robbe sich so gar nicht in diplomatischer Zurückhaltung übte, auch wenn Jahresberichte eines Wehrbeauftragten in aller Regel Mängelberichte sind.

    Wir wollen beim Thema bleiben, Sie haben die Übersicht gerade schon gehört, die Kritik des Wehrbeauftragten. Mir telefonisch zugeschaltet ist jetzt der Staatssekretär im Verteidigungsministerium, der CSU-Politiker Christian Schmidt. Guten Morgen!

    Christian Schmidt: Guten Morgen.

    Schulz: Die Bilanz, die Reinhold Robbe zieht, wie ernst nehmen Sie die?

    Schmidt: Die Bilanz nehmen wir natürlich ernst. Es ist aber bei genauem Betrachten nicht ein reiner Mängelbericht, sondern es ist ein Hinweis auf einzelne Problemfelder. Ich glaube, insgesamt – vielleicht überrascht Sie das – kann man mit dem Bericht in der Substanz auch durchaus sehr, sehr viel Positives herausziehen.

    Schulz: Das ist in der Tat überraschend. Was ist daran positiv?

    Schmidt: In solch einem Bericht sind die Dinge, die nicht drinstehen, mindestens genauso wichtig. Wir stellen fest, dass es um eine ganze Reihe von Einzelfällen handelt, die nicht optimales Verhalten, Fehlverhalten in einigen Bereichen zeigen, die allerdings auch bei den Punkten, die nicht genannt werden, deutlich machen, dass die Substanz insgesamt gut ist, vor allem dass auch im Hinblick auf die Struktur der inneren Führung der Bundeswehr im Einsatz eigentlich der Wehrbeauftragte ein gutes Zeugnis ausstellt.

    Schulz: Sie sagen gerade, die Bilanz nehmen Sie ernst. Wenn wir auf die Mängel blicken, wird sie dann auch Konsequenzen haben?

    Schmidt: Ja.

    Schulz: Welche denn?

    Schmidt: Wir werden den Einzelfällen nachgehen, besonders auf individuelles Fehlverhalten. Es wird ja immer wieder auch in dem Bericht darauf hingewiesen, dass viele Dinge bereits in der Truppe vor Ort dann abgestellt worden sind. Wo wir noch weiter verändern müssen, werden wir es tun. Ich denke beispielsweise an den Bereich der Sanität.

    Schulz: Da – und den Punkt wollte ich gerade ansprechen – fehlen 600 Ärzte. Was gibt es da eigentlich noch zu prüfen, was gibt es da noch nachzugehen?

    Schmidt: Es gibt die zu holen. Nun ist das nicht ganz so einfach, wie das in einigen Zeilen geschrieben werden kann. Ich darf darauf hinweisen, dass wir bereits vor zwei Jahren – übrigens unter hoher Kritik – zusätzliche Vergütungen von 600 Euro pro Monat für medizinisches Personal ausgelobt haben, dass wir insgesamt auch in der rechtlichen Situation im Dienstrechtsneuordnungsgesetz Dinge geändert haben, und insofern wir schon zu einem Teil auch Leidtragende des allgemeinen Ärztemangels sind. Das beantwortet nicht alles, deswegen haben wir eine Strukturkommission schon in der letzten Legislaturperiode eingesetzt, die sich den dringenden Herausforderungen und auch eines gewissen Umbaus im Sanitätswesen stellt.

    Schulz: Die aber, wenn die Beobachtung stimmt, dass sich die Zustände sogar noch verschlechtert haben, dann überhaupt noch nichts gebracht hat, diese Kommission?

    Schmidt: Die Dinge sind noch nicht umgesetzt, aber wie gesagt, Ärzte für die Bundeswehr zu werben und zu halten, ist das Eine, und die zukunftsträchtigen Strukturen so umzubauen, dass auch dauerhaft genügend da sind, ist das Andere. Beispielsweise eines der Themen ist, dass die Orientierung auf den Einsatz hin nicht einfach ist, gerade auch dadurch, dass wir bei den Ärzten, erfreulicherweise beim medizinischen Personal fast eine Geschlechtergleichheit haben von den Prozentzahlen her und wir hier nun auch gerade uns ein Audit geben lassen für eine familienfreundliche Arbeitsstelle Bundeswehr. Es versteht sich von selbst, dass Einsätze in Afghanistan beispielsweise nicht mit Teilzeitbeschäftigung geregelt werden können. Deswegen müssen wir hier umbauen und müssen auch darauf reagieren. Das dauert seine Zeit, aber Sie können sicher sein, dass wir dieses Thema überhaupt nicht auf die leichte Schulter nehmen.

    Schulz: Herr Schmidt, ich würde mit Ihnen gerne noch auf ein anderes aktuelles Thema dieses Morgens kommen. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg will, so die Information aus dem ARD-Hauptstadtstudio, die Verkürzung der Wehrpflicht vorziehen. Können Sie den Bericht bestätigen?

    Schmidt: Es ist die Frage, wie wir mit dem 1. Januar 2011 als Stichtag umgehen. Die Überlegungen gehen in der Tat dahin, dass mindestens die, die zum vierten Quartal dieses Jahres eingezogen werden, also zum 1. Oktober 2010, dann ihren Wehrdienst am 31. März 2011 auch beenden können.

    Schulz: Also das ist die Bestätigung?

    Schmidt: Ich denke, wir werden in diese Richtung kommen. Es sind noch einige Verhandlungen notwendig. Wir sind ja auch hier nicht die allein Maßgeblichen, denn auch der Zivildienst ist ja betroffen, und uns liegt es daran, nun gerade mit für beide eine konzise und eine auch nachvollziehbare Struktur, Übergangsregelung zu finden, aber ich bin da sehr optimistisch. Die Details werden dann auch im Deutschen Bundestag zu besprechen sein, der ja als Gesetzgeber hier ein wesentliches Sagen noch hat.

    Schulz: Der Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Christian Schmidt (CSU), heute in den Informationen am Morgen im Deutschlandfunk. Haben Sie herzlichen Dank.

    Schmidt: Danke!