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Virtueller EU-China-Gipfel
Verhandlungen unter schwierigen Bedingungen

Wegen der Coronakrise findet der ursprünglich als Treffen aller 27 Staats- und Regierungschefs mit China geplante EU-Gipfel nur virtuell statt - als Videoschalte zu viert. Doch nicht nur deshalb ist mit einem Durchbruch bei den Verhandlungen um ein Investitionsabkommen mit Peking eher nicht zu rechnen.

Von Bettina Klein | 14.09.2020
200620 -- BRUSSELS, June 20, 2020 Xinhua -- European Commission President Ursula von der Leyen speaks at a press conference following a video conference of European leaders at the EU headquarters in Brussels, Belgium, June 19, 2020. European leaders met at a video conference on Friday, discussing an ambitious fund to help the European economies recover from the COVID-19 pandemic. But no consensus was reached. The heads of state and government of the European Union s member states hopefully will meet again physically in July to address their differences, President of the European Council Charles Michel told media following the video conference. European Union/Handout via Xinhua BELGIUM-BRUSSELS-EU-COVID-19-VIDEO CONFERENCE PUBLICATIONxNOTxINxCHN
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen wird sich mit Chinas Staats- und Parteichef X und Bundeskanzlerin Angela Merkel unterhalten (imago images / Xinhua)
Dieser Gipfel am 14 September sollte der Höhepunkt, die Krönung der deutschen EU-Ratspräsidentschaft werden. Mit allen 27 Staats- und Regierungschefs und der chinesischen Führung. Stattdessen nun heute Nachmittag eine Videokonferenz zu viert mit den EU-Spitzen und der deutschen Kanzlerin. Zumindest am Datum wollte die EU festhalten. Die Beziehungen zu China sind wichtig, verkündete Kanzlerin Merkel zu Beginn der Ratspräsidentschaft vor zwei Monaten, sie sind von strategischer Bedeutung, deshalb müsse man in allen wichtigen Fragen im Gespräch bleiben. Angela Merkel: "Es wird nicht immer einfach sein."
Schwierige Verhandlungen
Doch von einem vertrauensvollen Verhältnis ist man im Augenblick genauso weit entfernt wie von substantiellen greifbaren Ergebnissen an diesem Montag. An erster Stelle steht für die EU ein Investitionsabkommen, über das seit sieben Jahren verhandelt wird. Mit einem schnellen Durchbruch ist derzeit nicht zu rechnen. Dennoch heißt es aus EU-Verhandlungskreisen, es gebe eine Art Momentum, das man nun aufrechterhalten will.
Soldaten an Bord einer vietnamesischen Küstenwache beobachten ein chinesisches Patroullienboot  (2014).
Pekings Imperialismus - Der Konflikt im Südchinesischen Meer
Das Südchinesische Meer ist Schauplatz internationaler Spannungen: China beansprucht den größten Teil der Region für sich, was in den Anrainerstaaten umstritten ist. Bei dem Konflikt geht es um Fischgründe, Öl- und Gasreserven.
China scheint demnach interessiert, zu beweisen, dass es ein solches Abkommen schließen kann. Aus geostrategischen Gründen und auch aufgrund der Folgen der Corona-Pandemie.
"Die Tür ist noch ein spaltbreit offen", sagt Mikko Huotari vom Mercator-Institut für China-Studien. Interessenskonflikte gibt es insbesondere was den Marktzugang für europäische Firmen angeht, gegen den sich China sperrt. Während es in einigen Feldern wie beim Thema faire Wettbewerbsbedingungen - laut EU-Beamten – gewisse Fortschritte gegeben hat. Möglicherweise spürt die kommunistische Staats- und Parteiführung wie sich die Stimmung in Europa in Politik und Öffentlichkeit in den letzten Monaten gedreht hat.
Mit den Beziehungen der EU zu China ging es bergab – erst allmählich und dann plötzlich, sagt Reinhard Bütikofer. Leiter der China-Delegation des Europäischen Parlaments. Die Menschenrechtsverletzungen, die undemokratische Situation, die unsichere rechtliche Lage wurden zunehmend auch zum Problem für die Wirtschaftsunternehmen.
Die EU gibt die Hoffnung nicht auf
Dann kam der Ausbruch der Pandemie, der von der chinesischen Führung zunächst verschleiert wurde, die gezielte Desinformationspolitik, ein zunehmend aggressives Auftreten auf diplomatischer Bühne, das sogenannte Sicherheitsgesetz für Hongkong, die katastrophale Behandlung der Uiguren. Die Liste der Probleme, bei denen die Europäische Union Haltung beweisen müsste, wird fast täglich länger. Doch China gilt in der EU als Partner und Wettbewerber und erst seit letztem Jahr auch als Systemrivale. Eine Gleichzeitigkeit, die die Kritiker dieses Ansatzes für naiv halten.
"Das Verhalten des Systemrivalen muss einen Preis für den Wettbewerber haben."
So der grüne Außenpolitiker Jürgen Trittin vergangene Woche im Deutschen Bundestag bei einer aktuellen Stunde zum heutigen China-Gipfel. Zwar wird es heute eine Pressekonferenz – jedoch keine gemeinsame Erklärung geben. Wichtiger als ein Kommuniqué nach so einer Video-Schalte sei doch der Prozess zwischen den Meetings, heißt es. Die EU gibt die Hoffnung nicht auf.