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Vor 100 Jahren geboren
Der König des Flamencos

Der Gitarrist Manitas de Plata aus Frankreich zählt zu den Musikern, die den Flamenco populär gemacht haben. Seine Alben verkauften sich über 90 Millionen Mal und begeisterten Prominente von Pablo Picasso bis Brigitte Bardot. Am 07. August 1921 wurde er in Sète geboren.

Von Sabine Fringes | 07.08.2021
    Manitas de Plata (eigentlich Ricardo Baliardo); französischer Gitarrist. Foto, 1965.
    Manitas de Plata gilt als der König des Flamencos (picture alliance / akg-images / Paul Almasy)
    "Der Flamenco von Manitas ist mehr als Flamenco, es ist etwas, für das man die Bezeichnung erst noch finden muss." - Pablo Picasso über Manitas de Plata.
    Als der Maler ihn Mitte der 60er-Jahre spielen hört, ist der Gitarrist in seinen Vierzigern und auf dem Gipfelpunkt seiner Karriere als international gefragter "König des Flamenco". Tourneen führen den französischen Roma unter anderem nach London in die Royal Albert Hall oder in den Buckingham Palace und nach New York. In der Carnegie Hall spielt er im Dezember 1965 14 mal hintereinander. Immer vor ausverkauften Rängen.

    Von den Straßencafés in St. Tropez zu Privatkonzerten für Brigitte Bardot

    Ein besonderes Flair geht von diesem Mann mit den tief eingekerbten Gesichtszügen aus, wenn er seiner Gitarre mit hartem Anschlag orchestrale Klänge entlockt. Klänge, die nicht den strengen Regeln des traditionellen andalusischen Flamencos folgen. Er trägt den Künstlernamen "Manitas de Plata": Silberhändchen.
    Geboren wird Manitas de Plata unter dem Namen Ricardo Baliardo am 7. August 1921 in einem Wohnwagen, in der südfranzösischen Hafenstadt Sète in der Camargue. Seine Eltern sind aus Spanien eingewanderte Roma. Der Junge lernt weder lesen noch schreiben, doch die Gitarre beherrscht er bereits mit neun Jahren.
    Die Beine von zwei Flamenco-Tänzern (Mann und Frau) sind bis zu den Knien zu sehen. Der Mann trägt eine schwarze Hose, die Frau ein rosa, gestuftes Klein bis zu den Knöcheln. 
    Flamenco: Identität und Gefühl
    Der Flamenco ist ein Tanz zwischen Tradition und Avantgarde, ein Musikstil, den man weniger versteht als fühlt. Andalusiens Armen-Viertel waren der Ursprung dieser speziellen Ausdrucksform, die von Freiheit, Stolz, Poesie und auch Liebe handeln kann.
    Er spielt zunächst in den Straßencafés von St. Tropez. Später tritt er bei der alljährlichen Wallfahrt der Roma und Sinti in Saintes-Maries-de-la-Mer auf. Hier entdeckt ihn Lucien Clergue. Der Filmemacher wird Platas erster Agent und macht ihn mit prominenten Künstlern seines Landes bekannt: Brigitte Bardot lädt den Flamenco-Virtuosen zu privaten Konzerten ein, Jean Cocteau und Alain Delon sind begeisterte Anhänger seines Spiels.
    Im Jahr 2000 ist er im Deutschlandfunk in der Sendung "Klassic-Pop-etc." zu Gast: "Guten Tag, Sie hörten eben den großen Gitarristen Segovia. Und nun hören Sie noch einen Gitarristen: Manitas de Plata."

    90-millionenfach verkaufte Alben

    Mehr noch als den Flamenco liebe er die Frauen, sagte der Gitarrist einmal. Mindestens 13 Kinder erkannte er offiziell an, doch es können auch knapp 30 gewesen sein.
    Von dem Honorar seiner Konzerte und über 90-millionenfach verkauften Alben ernährte er seinen immer größer werdenden Clan, der zuletzt 80 Menschen umfasste. Auch beim Musizieren begleiten ihn seine Verwandten: die Flamencogruppe "Los Baliardos" - eine Combo aus Familienmitgliedern - ist bei vielen seiner Auftritte dabei. Und mit seinem Cousin José Reyes, einem Flamenco-Sänger aus Nizza, bespielt er zahlreiche Schallplatten.
    Der Flamenco-Spezialist Bernd Steinmann: "Manitas de Plata hatte sicherlich einen großen Anteil daran, dass sich der Flamenco als Kunstform weltweit etabliert hat. Er hatte jedoch offenbar von den formalen und rhythmischen Strukturen der Flamenco-Musik nicht allzu viele Kenntnisse. Es ist ein bisschen so, wenn ich das mal salopp sagen darf, als würde man einen Walzer, bekanntlich im Dreiviertel Takt, plötzlich auch mal im Viervierteltakt spielen. Jedoch, muss man sagen, ist er durch sein sehr extrovertiertes Spiel, durch seine Persönlichkeit, sein Temperament und der Virtuosität weltberühmt geworden und hatte doch viel Erfolg, in seiner Art, die Gitarre zu spielen."
    Manitas de Plata stirbt am 5. November 2014 im Alter von 93 Jahren in Montpellier. Auch, wenn die Fachwelt sein Spiel als oberflächlich abkanzelte, hat er doch wesentlich dazu beigetragen, den Flamenco einem internationalen Publikum bekannt zu machen.