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Vor 60 Jahren gegründet
Die IAEO hat die Welt nicht sicherer gemacht

Die Internationale Atom-Energie-Organisation, eine Organisation der Vereinten Nationen, ist ein Kind der Atom-Euphorie der 50er-Jahre. Ihre Situation ist widersprüchlich: Sie soll sowohl den internationalen Transfer der Atomtechnologie unterstützen und propagieren als auch die militärische Nutzung kontrollieren.

Von Monika Köpcke |
    Das Vienna International Centre mit Bürotürmen der IAEO in Wien.
    Die IAEO hat ihren Sitz in Wien. (picture alliance / Daniel Kalker)
    "Der internationale Ausschuss für Atomenergie der Vereinten Nationen hat einstimmig beschlossen, Wien als den permanenten Sitz der Weltkommission für Atomenergie vorzuschlagen."
    Dieser Vorschlag, über den ein österreichischer Reporter berichtete, wurde auch einstimmig angenommen. Nur der Name änderte sich noch: International Atomic Energy Agency sollte die neue Organisation heißen. Zu deutsch: Internationale Atom-Energie-Organisation, IAEO. Gründungstag war der 29. Juli 1957.
    "Ich möchte fast sagen, dass die Wahl eine gefühlsmäßige war. Dem Gefühl entsprang, dass Wien wie keine zweite Stadt der Welt dazu berufen ist, dem Frieden zu dienen und den Bemühungen, die unermessliche Energie des Atoms der Erhaltung der Menschheit zu widmen."
    Nukleartechnologie als Sinnbild für Zerstörungskraft
    Die Atombomben, die 1945 Hiroshima und Nagasaki in Schutt und Asche legten, sprachen allerdings eine ganz andere Sprache. Sie machten die Nukleartechnologie zum Sinnbild für eine unermessliche Zerstörungskraft. Der Politik und der Atomindustrie saß die Moral im Nacken, sie mussten den Menschen das Atom "schmackhaft" machen. "Atom für den Frieden" hieß die dafür vorgesehene Kampagne des US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower. Und tatsächlich gelang es, im Laufe der Fünfzigerjahre die Atom-Angst in eine Atom-Euphorie zu wandeln. Kernkraft sollte zum Motor einer neuen industriellen Revolution werden. Die IAEO, so schwebte es Eisenhower vor, sollte den Siegesmarsch dieser neuen Energie kontrollieren und fördern. In ihrer Satzung heißt es:
    "Der IAEO obliegt die Aufgabe, den Beitrag der Atomenergie zu Frieden, Gesundheit und Wohlstand weltweit zu beschleunigen und auszubauen."
    Im Herbst 1962 hielt die Kubakrise die Welt in Atem, ein dritter Weltkrieg schien möglich, ausgetragen mit Atomwaffen. Um so eine Eskalation in der Zukunft zu vermeiden, entwarfen die USA und die UdSSR ungeachtet aller politischen Feindschaft ein Vertragswerk, das die Ausbreitung der Atomwaffen beenden sollte: den Atomwaffensperrvertrag. Am 1. Juli 1968 wurde er in London, Moskau und Washington unterzeichnet. Der amerikanische Präsident Lyndon B. Johnson sagte:
    "Nach einem Vierteljahrhundert voller Gefahren und Angst haben endlich Vernunft und Verstand die Oberhand gewonnen und werden dazu beitragen, Angst und Gefahren so weit wie möglich zu reduzieren."
    Die Situation der IAEO ist paradox
    Die anerkannten Kernwaffenstaaten, die USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien, verpflichten sich in dem Vertrag, abzurüsten. Und die Nicht-Kernwaffenstaaten dürfen ihr Recht auf zivile Nutzung der Kernenergie nicht für den heimlichen Bau von Atomwaffen missbrauchen. Die Internationale Atom-Energie-Organisation bekam die Aufgabe, die Einhaltung des Vertrags zu kontrollieren. Das gilt bis heute. IAEO-Sprecher Dana Sacchetti:
    "Wir unterstützen unsere Mitgliedstaaten dabei, ihre eigenen nukleartechnischen Kapazitäten aufzubauen - das ist die Aufgabe unserer Energieabteilung. Es ist die Aufgabe unserer Sicherheitsinspektoren, den Atomwaffen-Nichtverbreitungsvertrag zu erfüllen. Sie haben dafür zu sorgen, dass Nicht-Atomwaffenstaaten Inspektionen zulassen, damit das Nuklearmaterial aus der zivilen Energieproduktion nicht heimlich zum Waffenbau missbraucht wird. Das ist der zweite wichtige Aspekt der IAEO-Arbeit."
    Die IAEO hat die Welt nicht sicherer gemacht: Die Atomwaffenstaaten Indien, Pakistan, Nordkorea und Israel sind nie ein- oder aus dem Sperrvertrag wieder ausgetreten. Andere Länder hat ihre Mitgliedschaft nicht davon abgehalten, an geheimen Atomwaffenprogrammen zu arbeiten - allen Inspektionen der IAEO zum Trotz. Und die klassischen Atommächte, allen voran die USA und Russland, verbitten sich jede Kontrolle ihres Waffenarsenals. Die Situation der Internationalen Atom-Energie-Organisation ist paradox: Als UN-Organisation ist sie finanziell von den Staaten abhängig, die sie überwachen soll. Und für ihre Arbeit braucht sie die Unterstützung der Atomindustrie, deren militärische Möglichkeiten sie doch gleichzeitig im Zaum halten soll.