Seit Jahrzehnten zählt er zum Inbegriff deutscher humoristischer Unterhaltung: Dabei wurde der Film "Die Feuerzangenbowle" als typischer scheinbar unpolitischer nationalsozialistischer Unterhaltungsfilm mitten im Zweiten Weltkrieg gedreht. Fast unvorstellbar, dass der Film heute vor 75 Jahren während der wachsenden alliierten Luftangriffe auf Berlin seine Premiere feierte. Von Hartmut Goege
"Sie heißen?" "Johann Pfeiffer!" "Mit einem F oder mit zwei?" "Mit drei Herr Professor!" "Mit drei F?" "Eins vor dem Ei, zwei hinter dem Ei!"
Eine Sternstunde deutschen Humors.
"Sie sind etwas albern!"
Als die Film-Komödie "Die Feuerzangenbowle", mit Heinz Rühmann als Johann Pfeiffer in der Hauptrolle, am 28. Januar 1944 im Berliner Tauentzien-Palast ihre Premiere feierte, gestaltete sich die Uraufführung alles andere als heiter.
Dreharbeiten unter Bombenangriffen
Das Premierenpublikum musste vormittags in das Kino kommen, da abends mit Fliegeralarm zu rechnen war. Seit Monaten herrschte Verdunklung. Die Nacht zuvor hatten über 500 britische Flugzeuge wieder tausende Bomben über der Hauptstadt abgeworfen. Ein Nachbargebäude des Kinos lag in Trümmern. Schon die Dreharbeiten von März bis Juni `43 mussten in den Babelsberg-Studios immer wieder unterbrochen werden, wie sich der Schauspieler Hans Richter erinnerte.
"Die Arbeit war wie ein Tanz auf dem Vulkan. Wir haben jeden Tag genossen, wenn uns wieder einmal gelungen war, heil aus dem Bombardement herauszukommen."
Der vom Kriegsdienst für die Zeit der Dreharbeiten freigestellte Hans Richter, der den Hinterbänkler Rosen spielt, musste danach zurück an die Ostfront. "Die Feuerzangenbowle" war ein typisches Beispiel für den scheinbar unpolitischen nationalsozialistischen Unterhaltungsfilm, der sein Publikum anzog, weil es sich hier in eine Traumwelt zurückziehen und lachen konnte.
"Die alkoholische Gärung oder die Gärung des Alkohols erzeugt Alkohol. Der Alkohol erzeugt Gärung. Die sogenannte alkoholische Gärung. Der gärende Alkohol beginnt dann zu faseln und so entsteht Heidelbeer-Fasel oder Heidelbeer-Fusel."
Mit den Filmrollen zum Führerhauptquartier
Heinz Rühmann, einer der Lieblingsschauspieler Adolf Hitlers, und seit Beginn des Tonfilmzeitalters zur ersten Schauspieler-Liga zählend, war sich seiner Star-Rollen unter Goebbels Gnaden bewusst.
"Ich wurde gebraucht. Man sah von hoher Stelle ein, dass ein gewisser Humor unter die Menschen getragen werden muss. Und man bediente sich dazu eines Komikers, möchte ich sagen, eines Schauspielers, der vorher schon die Leute zum Lachen gebracht hatte."
In dieser gelungenen Verwechselungs-Komödie spielt Rühmann den jungen Schriftsteller Dr. Johannes Pfeiffer, der von einem Privatlehrer unterrichtet wurde und in einer geselligen Altherrenrunde beim Austausch von Anekdoten aus der Schulzeit nicht mitreden kann. Um nachzuholen, was ihm entgangen ist, lässt er sich als Primaner in ein Gymnasium einschleusen. Dort stellt er mit seinen Streichen bald die ganze Schule auf den Kopf. Die Handlung spielt in der sogenannten guten alten Zeit, der wilhelminischen Epoche um die Jahrhundertwende. Liebevoll nimmt der Film die Macken und Schrullen einer überalterten Lehrerschaft aufs Korn.
"Wat is en Dampfmaschin? Da stelle mer uns ma janz dumm und sagen: En Dampfmaschin, dat is ene jroße, runde, schwarze Raum. Und der jroße, runde, schwarze Raum, der hat zwei Löcher. Dat eine Loch, da kömmt der Dampf erein. Und dat andere Loch, dat krieje mer später."
Schüler-Statisten mussten an die Ostfront
Zwar sollte das Lustspiel vom Reichsministerium für Volksbildung verboten werden, weil es Lehrer als Autoritätspersonen infrage stellte. Doch mit den Filmrollen unter dem Arm, so wird kolportiert, machte sich Rühmann auf den Weg zum Führerhauptquartier. Hitler wollte angeblich nur wissen, ob der Film zum Lachen sei. Und tatsächlich schrieb Propagandaminister Joseph Goebbels drei Tage vor der Premiere in sein Tagebuch:
"Der neue Rühmann-Film ‚Die Feuerzangenbowle‘ soll unbedingt aufgeführt werden. Der Führer gibt mir Auftrag, mich nicht durch Einsprüche von Lehrerseite einschüchtern zu lassen."
Nur eine kleine Szene mit dem schneidigen Lehrer Dr. Brett könnte auf die braune Ideologie anspielen:
"Junge Bäume, die wachsen wollen, muss man anbinden, dass sie schön gerade wachsen. Und nicht nach allen Seiten ausschlagen. Und genau so ist es mit den jungen Menschen. Disziplin muss das Band sein, das sie bindet, zu schönem geraden Wachstum."
Seit Jahrzehnten zählt "Die Feuerzangenbowle" zum Kultfilm und zur Mutter aller Pauker- und Pennäler-Filme. Regelmäßig wird er im Fernsehen gezeigt oder als launiges Weihnachts- Event in Uni-Hörsälen mit reichlich Glühwein zelebriert.
"Vorsicht, jeder nor einen wönzigen Schlock, sonst steigt er in den Kopf."
Und doch möchte einem das Lachen zuweilen im Halse steckenbleiben. Einige Primaner-Darsteller, die direkt nach den Dreharbeiten eingezogen wurden und an die Front mussten, hatten in der letzten Phase des Krieges nicht einmal die Premiere überleben dürfen.