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Vor der Ukraine-Wahl
Ein Tag der Stille

Die Lage vor der Parlamentswahl in der Ukraine ist im Osten des Landes angespannt. Bewaffnete Separatisten halten strategische Gebäude in Doneszk besetzt. Die OSZE hat dort ihre Wahlbeobachter abgezogen; sie sind andernorts im Einsatz. Russland keinen einzigen entsandt.

Von Sabine Adler | 24.05.2014
    In der ostukrainischen Metropole Dnipropetrowsk zeigt eine Allee Porträts der Toten auf dem Maidan in Kiew.
    In der ostukrainischen Metropole Dnipropetrowsk zeigt eine Allee Porträts der Toten auf dem Maidan in Kiew. (dpa / Andrey Iglov)
    Die Karte der Zentralen Wahlkommission zeigt die Gefahr. Fast die gesamt Region ist rot, was bedeutet: höchste Alarmstufe. In 18 von 22 Wahlkreisen wurden Mitglieder der Wahlkommission verschleppt, sind die Wahlbüros von Separatisten besetzt oder die Wählerlisten gestohlen worden. In nur vier Wahlkreisen ganz im Westen werden die Bürger gefahrlos ihre Stimme abgeben können.
    Vor der örtlichen Wahlkommission in Tores wurden zwei Personen bei einem Anschlag getötet, zwei weitere verletzt. Während die Wahlvorbereitungen im Land abgeschlossen sind, sucht die Kiewer Regierung nach Wegen, den Bürgern die Abstimmungen im Donezker und Lugansker Gebiet doch noch zu ermöglichen. Geradezu konspirativ wird der Transport der Wahlzettel organisiert, um Überfälle auf die Lieferwagen zu vermeiden. In Donezk sollen fünf Wahlbüros auf dem Flughafen eingerichtet werden, da sie dort besser geschützt werden können. Übergangspräsident Turtschinow, der - sollte die morgige Wahl schon die Entscheidung bringen - nur noch bis Ende Juni im Amt ist, rief die Bürger auf teilzunehmen.
    "Wir bauen heute ein neues europäisches Land. Ich bitte jeden von Ihnen ins Wahllokal zu gehen und die Stimme abzugeben für den Kandidaten, dem sie vertrauen. Gemeinsam können wir die Ukraine zu einem demokratischen Rechtsstaat entwickeln."
    Kein Wahlbeobachter aus Russland
    66.000 Sicherheitskräfte und 16.000 Freiwillige sind seit gestern und bis Montag im Sondereinsatz. Kein Polizist hat das Wahlbüro in der besetzten Donezker Gebietsverwaltung geschützt, als dort prorussische Aktivisten heute die Wahlurnen herausholten und auf dem Platz davor öffentlich zerstörten.
    2875 internationale Beobachter aus 90 Organisationen werden die Wahl überwachen, die meisten stellt die OSZE. Polen hat die meisten Beobachter entsandt, Russland keinen einzigen.
    Zehn OSZE-Langzeit-Wahlbeobachter waren seit Februar in den beiden Krisenregionen Donezk und Lugansk unterwegs, im Moment hat die OSZE jedoch keinen einzigen dort, da für ihre Sicherheit nicht garantiert werden kann. Andrij Magera von der Zentralen Wahlkommission rechnet damit, dass die beiden östlichen Regionen an der Wahl kaum teilnehmen werden, das sind rund fünf Prozent der Wähler insgesamt.
    "Im Gebiet Donzek und Lugansk wohnen rund 5 Millionen Wähler, ungefähr 3,3 Millionen im Donezker und 1,7 Millionen im Lugansker Gebiet. Über 50 Prozent der Wahlbüros dort haben noch keine Wählerverzeichnisse erhalten. Aber die Wahlen werden in der Ukraine stattfinden und wir werden einen gesetzlich gewählten Präsidenten bekommen."
    Die 1,2 Millionen Bewohner der Krim können laut kürzlich modifiziertem Wahlgesetz überall in der Ukraine wählen, wobei vermutlich nur rund 5000 davon Gebrauch machen werden. Eine ähnlich vereinfachte Wahl hätte auch für den Osten geschaffen werden können, doch die Abgeordneten fürchten, dass die Wahl dadurch insgesamt anfechtbar geworden wäre.
    In der Ukraine ist heute ein sogenannter Tag der Stille, Wahlveranstaltungen sind verboten, sämtliche Wahlplakate müssen entfernt sein.