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Weltweites Wüstenwachstum

Das weltweit verfügbare Ackerland hat sich in den vergangenen Jahren durch Erosion, Versalzung und Bebauung mehr als halbiert. In vielen Ländern breiten sich Wüsten aus. Eine UN-Konferenz in Bonn befasst sich mit möglichen Gegenmaßnahmen.

Von Britta Fecke | 10.04.2013
    Allein in Europa wird jährlich eine Fläche so groß wie Berlin versiegelt. Finnlands frühere Präsidentin Tarja Halonen mahnt deshalb gleich zu Beginn der Konferenz zu einem schnellen Umdenken:

    "Den Boden, den wir brauchen, um Nahrung zu produzieren, wird weniger und weniger, auch deshalb ist der bewusste und nachhaltige Umgang mit der Ressource Boden, das nachhaltige Landmanagement und die Landwirtschaft so wichtig, auch um eine wachsende Weltbevölkerung zu ernähren."

    Dabei denkt Tarja Halonen nicht nur an die Bevölkerung in den Entwicklungs- und Schwellenländern. In Deutschland, einem Land mit schrumpfender Bevölkerung werden, täglich rund 70 Hektar Böden versiegelt und bebaut. Und das, obwohl die Städte immer leerer werden.

    Der Boden ist aber nicht nur die Grundlage unserer Nahrungsmittelproduktion, er ist auch die Basis vieler ökologisch wertvoller Lebensräume wie Auenwälder. Nur wenn der Boden noch intakt ist, kann er die Überschwemmungen kompensieren und schützt so auch die Städte vor Überflutungen. Die finnische Politikerin ist direkt aus ihrer Heimat nach Bonn geflogen, sie sorgt sich aktuell auch über zu viel Wasser, allerdings in seiner gefrorenen Form:

    "Nun kommt schon wieder Schnee, was wirklich ungewöhnlich ist. Der Klimawandel zeigt sich deutlich mit all seinen Wetterextremen, das ist wirklich ungewöhnlich."

    Und damit zeigt Halonen zwei Bereiche auf, die in unmittelbarerem Zusammenhang stehen. Zum einen degenerieren Böden, die unter den Wetterextremen wie starken Niederschlägen und Dürren erodiert sind, gehäufter Starkregen und verlängerte Trockenperioden sind auch die Folgen des Klimawandels. Zum anderen spielen Böden selbst eine wichtige Rolle im Klimahaushalt der Atmosphäre: Weltweit speichert die oberste Erdkruste, der Boden, 4000 Milliarden Tonnen Kohlenstoff. Das ist noch zehnmal mehr, als die Wälder an Kohlenstoff binden. Wobei die Böden ja auch wieder die Grundlage für diese Wälder bilden.

    Betroffen von Abholzung und Erosion sind meist die armen und bevölkerungsreichen Länder. Aber dort gibt es inzwischen auch positive Entwicklungen: Luc Gnadcadja, Exekutivsekretär des Sekretariats der Konvention der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung, kurz UNCCD:

    "In Niger gibt es eine Bewegung von Farmern und Umweltschützern, und die haben es gemeinsam geschafft, fünf Millionen Hektar Land zu regenerieren. Sie haben unter anderem Bäume gepflanzt. Daraufhin ist der Grundwasserspiegel wieder gestiegen, und nun müssen die Menschen in der Gegend auch nicht mehr einen Tagesmarsch auf sich nehmen, um an frisches Wasser zu kommen."

    Auf dem Umweltgipfel von Rio 1992 wurde eine Reihe von Abkommen verabschiedet, zum Klimaschutz, zum Erhalt der biologischen Vielfalt und eben zur Bekämpfung der Wüstenbildung. Besonders in Asien und Afrika sind riesige Flächen von der Bodenzerstörung betroffen. Überweidung und Abholzung lassen den Boden nackt zurück. Wind und Regen tragen die Humusschicht fort, die Wüste kommt. Allein in Afrika sind 46 Prozent der Landflächen von der Wüstenbildung betroffen. Um dem Sand etwas entgegenzusetzen, hilft laut Halonen nur eines.

    "”Erziehung ist der Schlüssel zum Erfolg, Erziehung und noch mal Erziehung ... Und es ist ein Teufelskreis, in den Entwicklungsländern müssen besonders die Mädchen immer weiter laufen, um Wasser zu holen, also haben sie keine Zeit mehr, um die Schule zu besuchen.""

    Das UNCCD fördert deshalb auch Organisationen, die sich im Bodenschutz verdient gemacht haben. Eine Nichtregierungsorganisation in Uganda gehörte im letzten Jahr zu den Gewinnern. Emily Davila vom UN-Wüstensekretariat:

    "Sie haben 750 Lehrer geschult in nachhaltiger, organischer Landwirtschaft. Nun haben die Kinder selbst Bananenfarmen angelegt, und zwar nach ökologischen Gesichtspunkten. Sie haben gelernt, wie sie Plantagen anlegen, ohne den Boden dabei auszubeuten. Und so erreicht man über die Kinder die Eltern und die ganze Gemeinschaft."

    Auf der Konferenz in Bonn will man vor allem die Entscheidungsträger der Regierungen erreichen, endlich mehr für die endliche Ressource Boden zu tun. Rund 70 Prozent aller Trockengebiete sind desertifikationsgefährdet, das entspricht einer Fläche, die rund viermal so groß ist wie China. Die Kosten, die mit dem Verlust dieser Flächen einhergehen, will man auch auf dieser UN-Konferenz noch einmal neu berechnen. Denn wer von Geld spricht, findet auch auf der UN-Bühne schneller Gehör.