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Wohnungsmodulbau
Wohnen in Holz

Zwar nicht günstiger, aber schneller - der Holzwohnblock Woodie wurde in 15 Monaten erreichtet und bietet vor allem Studenten Wohnraum. Das Hamburger Projekt soll zeigen, dass sich auch Holz als Baustoff für Modulhäuser eignet.

Von Axel Schröder |
    Beim Holzwohnblock Woodie sind nur die Fundamente, Treppenhäuser und Versorgungsschächte aus Beton
    Beim Holzwohnblock Woodie sind nur die Fundamente, Treppenhäuser und Versorgungsschächte aus Beton (Deutschlandradio / Axel Schröder)
    Unten vor der Hamburger Behörde für Stadtentwicklung schaut Siegmund Chychla auf die Uhr. In zehn Minuten beginnt das Treffen in der Behörde, bei dem darüber beraten werden soll, wie der ohnehin schon hochgefahrene Wohnungsbau in der Hansestadt noch beschleunigt werden kann.
    "Der Wohnungsmarkt ist extrem angespannt. Davon zeugen auch die Neuvermietungs-Mieten. Zurzeit muss man als Neubürger in Hamburg für eine neue Wohnung etwa 13 Euro pro Quadratmeter im Monat zahlen. Im Bestand sieht das etwas besser aus. Aber die Neuvermietungspreise – weil die Mietpreisbremse nicht greift – treiben, natürlich mit einer gewissen Verzögerung auch die Bestandsmieten nach oben."
    Siegmund Chychla ist Chef des Mietervereins zu Hamburg. Er fordert, obwohl schon Jahr für Jahr rund 10.000 Wohnungen an der Elbe neu gebaut werden, noch mehr Anstrengungen von der Politik. Denn Jahr für Jahr wachse die Einwohnerzahl Hamburgs. Ein Ansatz zu Dämpfung des Mietenanstiegs könne sein, auf Wohnblöcke in Modulbauweise zu setzen, erklärt Chychla:
    "Modulbauweise ist einer der Wege, die dazu führen können, jetzt die Wohnungsnot in Hamburg zu bekämpfen. Und ich frage mich, warum es so lange gedauert hat, bis man darauf gekommen ist, dass diese Art des Bauens dazu führen kann, dass man viel und schnell baut."
    "Wenn Sie in Holz leben, reduziert sich der Puls"
    Siegmund Chychla verabschiedet sich, muss in die Sitzung mit Hamburgs Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeld. Die Modulbauweise, von der Chychla so schwärmt, ist in direkter Nachbarschaft der Stadtentwicklungsbehörde erfolgreich umgesetzt worden. Das Projekt "Woodie", sieben Stockwerke hoch, wurde in Rekordzeit errichtet, erzählt Torsten Rieckmann und öffnet die Tür zur Musterwohnung im Gebäude:
    "Der Eindruck, der sich ergibt beim Betreten, ist von Innen genau wie von Außen: Wir bewegen uns hier komplett in Holz. Wir haben 12,5 Zentimeter Holzdecken und Holzwände um uns herum. Das Modul hat ein Gewicht von neun Tonnen inklusive der Möblierung. Ist angeliefert worden per LKW und dann per Telekran auf aufeinandergestapelt worden. Wir sind hier im siebengeschossigen Bereich und haben alles, was man für das tägliche Leben braucht. Eine Mikrowelle, eine kleine Pantry, sehr viel Stauraum, ein Schreibtisch und auch ein kleines Badezimmer."
    In Holz zu wohnen, beruhigt. Aber Dinge an beliebiger Stelle an die Wand nageln, ist hier nicht.
    Dinge an beliebiger Stelle in die Holzwand nageln, ist hier nicht. Dafür gibt es extra eine Pinnwand. (Deutschlandradio / Axel Schröder)
    Rieckmanns Firma ist eigentlich auf den Bau von Seniorenheimen spezialisiert. Im "Woodie" leben vor allem Studenten. Mit dem Holzwohnblock, bei nur die Fundamente, Treppenhäuser und die Versorgungsschächte aus Beton bestehen, sollte gezeigt werden, dass sich auch Holz als Baustoff für Modulhäuser eignet. – In den kleinen Apartments ist das Bett schon eingebaut, Tapeten gibt es in keiner Wohnung. Stattdessen zieht sich die helle Holzmaserung über alle Wände und die Decke. Die Luft riecht leicht harzig.
    "Es ist nachgewiesenermaßen so, dass, wenn Sie in Holz leben, reduziert sich der Puls, sie leben gesünder. Es ist auch ein bisschen ein Feeling wie in einer Skihütte oder in Dänemark. Ich fühle mich da so ein bisschen dran erinnert an die Urlaube früher. Es ist ein unheimlich behagliches Wohnen."
    15 Monate Bauzeit für ein Wohnheim
    Das Holz von 2.500 Bäumen steckt in dem Wohnblock. Die gleiche Zahl an jungen Setzlingen wurde allerdings auch wieder gepflanzt, erklärt Torsten Rieckmann, dessen Firma eigentlich auf den Bau von Alten- und Pflegeheimen spezialisiert. Mit dem "Woodie"-Projekt sollte gezeigt werden, wie Wohnungsbau am Fließband funktionieren kann.
    "Sie müssen sich eine Produktion eines Holzmoduls so vorstellen: Es werden mehrere Fertigungsschritte definiert. Der erste stellt die Wände, der zweite fängt an mit Kabeln, der nächste macht den Aquariumkies in den Fußboden, um den Trittschall zu dämmen. Und so gibt es eine Produktionsstraße, die es erlaubt, vom ersten Holzbrett, was sie in die Hand nehmen bis zum fertigen Modul, die Fertigung zu optimieren, seriell zu produzieren. Nur so können sie kostengünstig und auch schnell produzieren, sprich: die Immobilie fertigstellen."
    15 Monate Bauzeit waren nötig, um das Studentenwohnheim aus Holz zu errichten, erzählt Torsten Rieckmann. Zwei Jahre würde es dagegen dauern, einen vergleichbaren Wohnkomplex in konventioneller Bauweise zu realisieren. Die Baukosten seien allerdings nicht niedriger. Rieckmann verabschiedet sich, nimmt die Treppen nach unten.
    Einer von denen, die in einer Holzwohnung leben, ist David Hoffmann. Der Student steht mit seinen Einkäufen unten vor der Haustür. Gegenüber vom "Woodie" errichten Bauarbeiter gerade zwei weitere Wohnblöcke. Wie lebt es sich im Neubauviertel, in einer Holzwohnung?
    "Sehr angenehm, muss ich sagen. Die Wohnungen sind sehr gut isoliert. Man hat hier keine Hitze- oder Wärmeprobleme. Und dass die Wohnung aus Holz besteht, merkt man eigentlich gar nicht so bewusst. Außer am Geruch ein bisschen. Es riecht halt immer ein bisschen holzig. Das liegt an der Luft. Aber ansonsten geht das eigentlich."
    Über 500 Euro für 21 Quadratmeter
    Wirklich günstig sind die Wohnungen aber nicht: für 21 Quadratmeter zahlt David Hoffmann, inklusive Internetanschluss, Nebenkosten, Strom und Wärme, über 500 Euro. Und der Mietvertrag enthält eine extra Klausel für das Wohnen im Holz:
    "Man darf nichts an die Wände hämmern oder stecken. Gar nicht. Keine Bilder aufhängen. Das ist alles verboten."
    Die Bettecke ist fest installiert in den Wohnungen des Hamburger Holzhauses Woodie
    Die Bettecke ist fest installiert in den Wohnungen des Hamburger Holzhauses Woodie (Deutschlandradio / Axel Schröder)
    Immerhin gibt es aber eine fest installierte Pinnwand für Fotos, Postkarten oder Einkaufszettel. – Auch der Hamburger Senat setzt beim Wohnungsneubau auf mehr Tempo. Im obersten Stockwerk der Stadtentwicklungsbehörde, mit Blick über Hamburg-Wilhelmsburg, erklärt Senatorin Dorothee Stapelfeld, dass die städtische Wohnungsbaugesellschaft SAGA demnächst die ersten sogenannten Systemhäuser bauen will:
    "'SAGA-Systemhaus' heißt, dass die SAGA ein Systemhaus entwickelt hat für beispielsweise Zeilen- und Blockrandbebauung. Mit erheblichen Varianzen, so dass man tatsächlich zu kostengünstigem Bauen auch kommen kann."
    General-Baugenehmigung für Systemhäuser
    Die "Systemhäuser" soll es in 40 unterschiedlichen Varianten geben. Der Vorteil: Für diese Bauten gibt es eine Art General-Baugenehmigung. Langwierige Prüfungen durch die Bauämter können entfallen. Der Quadratmeterpreis soll bei acht Euro liegen.
    Mit 10.000 Baugenehmigungen pro Jahr belegt Hamburg den Spitzenplatz unter den Bundesländern. Pro Jahr ziehen allerdings auch zwischen 15.000 und 20.000 Menschen in die Hansestadt. Der Hamburger Wohnungsmarkt bleibt weiter angespannt - trotz neuer "Systemhäuser" oder "Modul-Wohnblöcken".