"Bis hin zu den Spucknäpfen quasi hat man das Mobiliar mit sich gebracht. Und letztlich ist der Habsburger Hof von einer Residenz zur anderen übers Jahr gezogen. Also es ging um das beste Jagdrevier je nach Jahreszeit. Und in der Fastenzeit war man dann ein bisschen in der Hofburg untergebracht."
Prunkzimmern hinter Prunkzimmer. Kronleuchter, Deckenfreskos, Goldverzierungen: Alles glänzt wie neu. Nachdem der österreichische Kaiser Karl VI 1740 starb, seien die Räume quasi nicht mehr benutzt, erklärt Kunsthistorikerin Katharina Brandes.
"Der Marmorsaal jetzt direkt oberhalb der Salla terrena gelegen sollte auch das Zentrum und am kostbarsten gestaltete, der Mittelpunkt der ganzen Fassade nach Wien zu werden. Was sie jetzt hier an Kaiserzimmern sehen, sollte gespiegelt werden auf die andere Seite. Aber hinter dieser Tür bricht der Bau dann ab."
Anfang des 18. Jahrhunderts. Das einfache Volk in Europa lebt in tiefer Armut - Kriege und Seuchen haben ganze Landstriche verwüstet. Es ist zugleich die Zeit der Aufklärung, der Moderne. Am Ende des Jahrhunderts werden die Bürger in Frankreich rebellieren, in Großbritannien beginnt die Industrialisierung.
Aber es ist auch die Zeit des Absolutismus. Kaiser Karl VI beginnt um 1730 eine gigantische Residenz am Stift Klosterneuburg zu errichten. Ein österreichisches Escorial soll es werden, eine Kopie des spanischen Prachtbaus. Kloster und Schloss in einem. Weltliche und kirchliche Macht unzertrennlich vereint.
Stift Klosterneuburg thront noch heute wie ein Fels mit vier mächtigen Kuppeln über der Donau. Vier Höfe sollten es werden. Einer wurde nur vollendet.
"Da sieht man ein bisschen runter. Es geht 35 Meter in die Tiefe und hat jetzt noch einen Wasserspiegel von fünf Metern. Klares Wasser."
Die beiden weißen Türme der Kirche ragen mit ihren schwarzen Helmen weit hinauf. Gärtner Josef Bauer und Katharina Brandes führen uns durch den Stiftshof.
"Es gab natürlich viele Stiftsbrände im Mittelalter. Die Holzbauten sind immer zugrunde gegangen. Und hier hatte man den Brunnen, wo man dann das Donauwasser am schnellsten hervor holen konnte. Beim Verduner Altar ist irgendwann das Wasser ausgegangen bei einem Brand. Und man rettete diesen Altar dann, indem man die Weinkeller geplündert hat und Wein drüber gegossen hat."
Der Verduner Altar wurde im Mittelalter aus dutzenden Kupferplatten geschmiedet. Sie zeigen Szenen. Ein Touristenmagnet.
Doch Klosterneuburg ist nicht nur ein Museum. Fast 50 Augustiner-Mönche leben heute noch im Stift
"Der Dechant, der zweithöchste des Hauses, hat diesen Garten gehabt. Ein Stückchen weiter war ein Prälatengarten. Nur ihm zugeordnet. Und sonst der große Konventgarten war für den großen Bereich sämtlicher anderer Chorherren. Also jetzt ungefähr 46. Die haben in diesen Garten gedurft. Und dann hat's noch einen eigenen Junioratsgarten gegeben wo nur die jungen Geistlichen, die noch nicht fertig ausgebildet waren. Also da hat's eine eigene Hierarchie gegeben."
"Wollt's ein Blick rein werfen in den Prälatengarten?"
"Da gibt es noch so kleine historische Grotten, wie es um die Jahrhundertwende und in früheren Jahrhunderten üblich war. Hat man halt immer in diese Fürsten- und Königshäuser und auch stiftlichen Gärten, diese Wassergrotten gebaut mit einer eigenen Quelle."
Vom Prälatengarten hat man einen weiten Blick über die Donau und die abgestufte Parkanlage vor den Stiftsmauern.
"Die Seele des ganzen Garten ist der Ginkgobaum. Der ist der beste Kraftplatz. Das spüren die Leute wenn sie zu uns kommen, dass sie sich da wohl fühlen. Die wussten früher genau, wo sie die großen seltenen Pflanzen hinsetzen müssen. Die müssen das noch gespürt haben. Der Brunnen und der Ginkgobaum sind Kraftplätze. Da sollte man gar nicht länger bleiben als eine dreiviertel Stunde, weil das soviel Energie den Menschen gibt. Wer für diese Sache feinfühlig ist."
Fechtübung auf der Laxenburg wenige Kilometer südlich von Wien. Die Habsburger ließen es sich hier gut gehen. Die beliebte Sommerfrische der österreichischen Herrscherfamilie erhielt Mitte des 19. Jahrhunderts eine eigene Bahnstrecke inklusive Kaiserbahnhof. Um das barocke Schloss wurde eine endlos wirkende Parkanlage im englischen Stil angelegt. Hinein setzte man nach der Mode der Zeit Tempel, chinesische Pavillons und romantische Grotten. Und eine mittelalterlich anmutende Burg, die Franzensburg. Sie schlummert auf einer Insel in einem lang gestreckten See. Durch dichte Baumwipfel strecken sich mühsam ihre Zinnen.
Im Ritterhof macht Norbert Kotras die Runde. Er ist Fechttrainer. Ein Dutzend schwertbepackte Wiener gehen auf sein Geheiß in Position.
"Weich am Schwert ist wenn er nicht drückt. Wenn kein Druck ist, ja. Wenn er zum Beispiel noch mal ausholen möchte, ja, dann stech' ich rein. Ja, das ist weich am Schwert. Hart am Schwert ist, wenn der Druck in meine Richtung geht. Er hat zugeschlagen, und möchte nach dem Hieb reinfahren, ja. Das ist dann hart am Schwert. Das bedeutet, ich muss ihn mit der Stärke an dem Schwäche packen und dann selber stechen. Dumm am Schwert ist, wenn der Druck in die falsche Richtung geht. Zum Beispiel an mir weg. Wenn er jetzt hinein schlägt, und denkt sich 'Haha!' und in eine falsche Richtung drückt, dann lass ich ihn aus und stech' ihn in die andere Seite in die Nieren."
Lachen
Mit einer kleinen Fähre fahren wir an künstlichen Felsen und Wasserfällen vorbei. Kilometerlange Kanäle, die von kleinen geschwungene Brücken überspannt werden, ziehen sich durch die romantisierte Parkanlage. Etwas erstaunt blickt man schließlich durch ein imposantes Tor auf einen Turnierplatz. Das, was wie eine gotische Kapelle aussehe, dort an der Querseite, das sei die Loge, sagt Wolfgang Mastny vom Schloss Laxenburg.
"Es hat hier Wagenrennen gegeben, es hat hier Schaukämpfe gegeben von geharnischten Rittern. Das ganze hat so funktioniert. Wir haben hier ein dominierendes Gebäude, die sogenannte Kaiserloge. In hier hat der jeweilige Regent Platz genommen. In zwei Seitenlogen, die wir hier vorne noch erkennen können, haben sich hier die jeweilige Kinderschar beziehungsweise die Gäste des Kaisers versammelt. Am Turnierplatz hat also der Aufzug statt gefunden. Am Carousel wie man zur damaligen Zeit auch gesagt hat. In Ritterrüstungen, in Streitwägen. Es gibt rechts und links zwei kleinere Richterloge. Hier ist nicht der Scharfrichter gesessen, sondern der jeweilige Preisrichter, der also das ganze Treiben dann beurteilt hat."
Kaiser Franz entwarf in Laxenburg eine Art Ritter-Themenpark. Er sehnte sich ins gute alte Mittelalter zurück, während Napoleon dem Monarchen aus Frankreich zusetzte und das Riesenreich Österreich-Ungarn merklich Risse bekam.
"Ein Spezifikum der Klöster war natürlich die Anfertigung von Büchern. Also ein Skriptorium, wo man geschrieben hat. War ein sehr beliebter Job natürlich. Zwar deshalb, weil das einer der wenigen beheizten Räume war. Weil nämlich die Mönche mit Kielfedern geschrieben, und deshalb konnten sie keine Handschuhe tragen. Damit sie im Winter trotzdem weiter arbeiten konnten, hat man diesen Raum beheizt. Und wir haben hier die ältesten Bücher aus dem 13./ 14. Jahrhundert. Handgeschrieben. Herstellungszeit oft ein bis zwei Jahre. Wir haben hier einige Bücher, die haben Ketten hier oben. Da waren die an den Wänden fest gemacht. So eine Art Fahrradsperre. Die waren einfach sauviel wert."
Das Kloster Heiligenkreuz aus dem 12. Jahrhundert liegt abgelegen inmitten des Wienerwalds. Der Zwiebelturm der Stiftskirche, die Höfe und Wirtschaftsgebäude, der sonnendurchflutete Kreuzgang mit seinem Brunnen verbreiten mehr die Ruhe einer Wellness-Oase als die Strenge klösterlicher Askese. Über 80 Zisterziensermönche leben in Heiligenkreuz. Soviel wie nie in der Geschichte des Klosters, sagt Frater Johannes Paul.
Frater Pauls weißes Gewand scheint über dem Steinfußboden zu schweben, während er es mit einer einfachen Kordel um die Hüften ein wenig gerafft hat. Er führt uns hinüber in die Barockkirche.
Das leere Chorgestühl mit seinen gewundenen Säulen scheint auf die Mönche zu warten. Noch ist ein wenig Zeit bis zum Abendgebet, der Vesper. Frater Paul schlägt ein mächtiges Psalmbuch mit Szenen aus der Bibel auf. Daraus sängen die Mönche.
"Da ist halt dargestellt David, der nach der Überlieferung die Psalmen, die wir beten, geschrieben hat. Vor der Bundeslade, wo die zehn Gebote aufgewahrt sind. Und der mit dieser Harfe dann die Psalmen singt. Und wir sind sozusagen seine Nachfolger im Singen der Psalmen."
Vier Stunden pro Tag beten und singen. Das erste Mal kurz nach fünf Uhr morgens. Ein striktes Regiment.
Langsam füllen sich die Reihen. Es wird ruhiger. Alle Sitznischen sind belegt, als der Gregorianische Choral langsam an den Säulen des Kirchenschiffs aufsteigt.
Durch das wildromantische Helenental geht die Wanderung weiter Richtung Kurstadt Baden. Das Tal verengt sich, bis nur noch ein schmaler Weg zwischen heraufragenden Felsen und dem Fluss Schwechat entlangführt. Der Fluss hatte früher eine wichtige Funktion. Über ihn wurde das geschlagene Holz aus dem Wienerwald transportiert, erklärt Klaus Lorenz von der Stadt Baden.
"Das ist hier herunter geflößt worden eigentlich die ganze Schwechat hinunter. Wir kommen auch nachher noch mal da hin, wo der Holzrechen gestanden ist. Der Holzrechen war dort, wo man das Holz dann wieder aus dem Fluss gefischt hat."
"Einfach zugreifen. Ich hab das Schluckerl noch. Ich kenn ihn ganz gut."
Zur Zeit hat Leopold Kernbichler wenig Wein in seinem Keller. Im März wurde alles in Flaschen abgefüllt. Doch ein Rest Chardonnay findet sich noch in einem Fass.
"Das wichtige ist, permanentes Kosten von der Traube bis zum Most. Wenn irgendwas passiert, die Hefe nicht richtig arbeitet, oder die Trauben dann zum Beispiel im Weingarten dann auf den Beeren schon wegen Schlechtwetter ein bisschen Fäulnisprozess passiert ist. Wenn man das kostet, die Trauben, die Moste, den Wein, dann merkt man das sofort und kann als Kellermeister gleich irgendwo was dagegen tun. Also ich hab diesen Wein von der Traube über den Most bis er jetzt fertig ist wahrscheinlich 140, 150 Mal gekostet."
Der Mühlfeldhof ist einer von zahlreichen Weinbauern inmitten der Thermenregion nahe Baden. Die Bedingungen sind optimal hier. Es ist wärmer als sonst in Österreich. Das lässt auch Rebsorten wie Pinot Noir und Zweigelt gut gedeihen.
Draußen, im Heurigen-Garten, gibt's einige Proben davon. Kernbichler erklärt derweil, warum bei Weinbauern blau rot ist und rot weiß. Und das absolut nichts mit Farbenblindheit zu tun hat.
"Blauer Zweigelt, Blauburger, das sind die Rotweine. Die Namensgebung erfolgt von den Rebzüchtern und die haben die Trauben und nicht die Weine. Die Trauben sind bläulich. Deswegen haben die Rotweinsorten alle einen blauen Namen. Und diese roten Trauben, die nur so rosarot sind, sie ergeben Weißweine. Und die heißen dann frühroter Veltliner, spätrot Rotgipfler, sind aber Weißweine."
Der Kurort Baden südlich von Wien. Er ist für vieles bekannt. Für seine Musik, für seine Rosen, aber auch für das Badener Zuckerl. Ein süßes Überbleibsel der Napoleonischen Kriege. Das Rezept für die Bonbons lieferte ein französischer Deserteur. Statt Krieg zu führen verzog er sich in die Backstube.
Das Badener Zuckerl besteht aus Zucker, Sahne und Kaffee. Und es ist lustig eingewickelt in braun und rosa gestreiftes Papier.
"Mein Großvater hat 1918 im Stadtteil Leesdorft begonnen und ist dann seit 1937 hier auf diesem Platz. Und seitdem sind wir hier. Der Großvater, der Vater und jetzt bin ich da. Die Cremeschnitten werden immer noch gleich gemacht. Auch die Kaffeebonbons, die werden genauso. Die können Sie ruhig kosten."
Erich Vocks Gesicht ist staubig-weiß wie das Mehl, das er hinten in der Backstube verarbeitet. Er ist bekannt für seine Cremeschnitten. Und er ist einer der wenigen Konditoren, die noch die Badener Zuckerl selber herstellen. Seine Sahnebonbons zergehen himmlisch-süß auf der Zunge. Das genaue Rezept bleibt natürlich Vocks Geheimnis.
Das Interieur des Cafés erinnert an Heimatfilme der 60er Jahre. Die gestreifte Markise draußen dimmt die Sonne in zarte bonbonfarbene Töne. Zwei ältere Damen sitzen hinten an einem Tisch. Sie trinken Kaffe und gabeln Kuchen. Die eine hat einen ausladenden Hut auf dem Kopf drapiert, während die andere keck aus elegantem Halstuch und rotem Kostüm hervorschaut.
"Ich bin heut schon das zweite Mal da. War ich schon Mittag da und jetzt schon wieder. Aber wir kommen jede Woche drei, vier Mal. Das ist unser Stammcafé. Die Mehlspeisen sind immer frisch und gut. Der Kaffee ist gut. Wir sind hier schon jahrelang. Gewohnheitsmäßig auch macht man das. Manchmal macht man ja was aus Gewohnheit. Und geht gern wo hin, wo man immer hin geht. Das man sich nicht umgewöhnen muss. Heute haben wir - wie heißt das? - Schaumrolle gegessen."
"Die sind Dienstag und Freitag frisch."
"Wir wissen schon immer, wann alles frisch ist. Und Samstag sind die Briochen frisch. Da werden die Briochen gemacht."
"Die Gulatschen sind jeden Tag frisch."
"Die Topfengulatschen sind herrlich."
Im Rosengarten von Baden stehen 30.00 Rosenstöcke. Sie bilden Spaliere, königliche Muster und Figuren in allen Farben. Jetzt im Juni und später im Oktober blüht das ganze auf wie im Chor. Einige Rosen haben spezielle Namen erhalten. Sie heißen "Märchenkönigin", "Goldmarie" oder "Kaiserin Elisabeth", sagt Stadtgartendirektor Gerhard Weber.
"Das ist ja ein einmaliges Gesamterlebnis. Der Duft, das kontemplative Durchspazieren. Das sehen sie auch, wenn sie den Leuten zuschauen, wie sie den Park nutzen, wie sie den Park genießen. Das ist jetzt nicht, dass man mit dem Schreibblock durch geht und sich Notiz um Notiz macht, sondern es ist ein Gesamterlebnis, ein Gefühl in einer Parkanlage zu flanieren. Sich zu ergeben im wahrsten Sinn des Wortes. Und die Rose so am Weg mitzunehmen."
Doch lieber als die stolzen Rosen habe ich einen kleinen weißen Musikpavillon. Er steht nicht weit entfernt im Kurpark. Darin gedrängt etliche Streicher, Bläser, ein Schlagzeuger. Ein Potpourri aus Filmschlagern, Walzer und Polka wird geboten. Der Taktstock wiegt sich dabei sanft in der Luft. Manche Kurgäste schunkeln leicht, andere sehen verträumt in die Ferne. Sie mögen an alte Zeiten denken oder schlicht genießen. Der Wienerwald macht am Ende doch melancholisch.
Prunkzimmern hinter Prunkzimmer. Kronleuchter, Deckenfreskos, Goldverzierungen: Alles glänzt wie neu. Nachdem der österreichische Kaiser Karl VI 1740 starb, seien die Räume quasi nicht mehr benutzt, erklärt Kunsthistorikerin Katharina Brandes.
"Der Marmorsaal jetzt direkt oberhalb der Salla terrena gelegen sollte auch das Zentrum und am kostbarsten gestaltete, der Mittelpunkt der ganzen Fassade nach Wien zu werden. Was sie jetzt hier an Kaiserzimmern sehen, sollte gespiegelt werden auf die andere Seite. Aber hinter dieser Tür bricht der Bau dann ab."
Anfang des 18. Jahrhunderts. Das einfache Volk in Europa lebt in tiefer Armut - Kriege und Seuchen haben ganze Landstriche verwüstet. Es ist zugleich die Zeit der Aufklärung, der Moderne. Am Ende des Jahrhunderts werden die Bürger in Frankreich rebellieren, in Großbritannien beginnt die Industrialisierung.
Aber es ist auch die Zeit des Absolutismus. Kaiser Karl VI beginnt um 1730 eine gigantische Residenz am Stift Klosterneuburg zu errichten. Ein österreichisches Escorial soll es werden, eine Kopie des spanischen Prachtbaus. Kloster und Schloss in einem. Weltliche und kirchliche Macht unzertrennlich vereint.
Stift Klosterneuburg thront noch heute wie ein Fels mit vier mächtigen Kuppeln über der Donau. Vier Höfe sollten es werden. Einer wurde nur vollendet.
"Da sieht man ein bisschen runter. Es geht 35 Meter in die Tiefe und hat jetzt noch einen Wasserspiegel von fünf Metern. Klares Wasser."
Die beiden weißen Türme der Kirche ragen mit ihren schwarzen Helmen weit hinauf. Gärtner Josef Bauer und Katharina Brandes führen uns durch den Stiftshof.
"Es gab natürlich viele Stiftsbrände im Mittelalter. Die Holzbauten sind immer zugrunde gegangen. Und hier hatte man den Brunnen, wo man dann das Donauwasser am schnellsten hervor holen konnte. Beim Verduner Altar ist irgendwann das Wasser ausgegangen bei einem Brand. Und man rettete diesen Altar dann, indem man die Weinkeller geplündert hat und Wein drüber gegossen hat."
Der Verduner Altar wurde im Mittelalter aus dutzenden Kupferplatten geschmiedet. Sie zeigen Szenen. Ein Touristenmagnet.
Doch Klosterneuburg ist nicht nur ein Museum. Fast 50 Augustiner-Mönche leben heute noch im Stift
"Der Dechant, der zweithöchste des Hauses, hat diesen Garten gehabt. Ein Stückchen weiter war ein Prälatengarten. Nur ihm zugeordnet. Und sonst der große Konventgarten war für den großen Bereich sämtlicher anderer Chorherren. Also jetzt ungefähr 46. Die haben in diesen Garten gedurft. Und dann hat's noch einen eigenen Junioratsgarten gegeben wo nur die jungen Geistlichen, die noch nicht fertig ausgebildet waren. Also da hat's eine eigene Hierarchie gegeben."
"Wollt's ein Blick rein werfen in den Prälatengarten?"
"Da gibt es noch so kleine historische Grotten, wie es um die Jahrhundertwende und in früheren Jahrhunderten üblich war. Hat man halt immer in diese Fürsten- und Königshäuser und auch stiftlichen Gärten, diese Wassergrotten gebaut mit einer eigenen Quelle."
Vom Prälatengarten hat man einen weiten Blick über die Donau und die abgestufte Parkanlage vor den Stiftsmauern.
"Die Seele des ganzen Garten ist der Ginkgobaum. Der ist der beste Kraftplatz. Das spüren die Leute wenn sie zu uns kommen, dass sie sich da wohl fühlen. Die wussten früher genau, wo sie die großen seltenen Pflanzen hinsetzen müssen. Die müssen das noch gespürt haben. Der Brunnen und der Ginkgobaum sind Kraftplätze. Da sollte man gar nicht länger bleiben als eine dreiviertel Stunde, weil das soviel Energie den Menschen gibt. Wer für diese Sache feinfühlig ist."
Fechtübung auf der Laxenburg wenige Kilometer südlich von Wien. Die Habsburger ließen es sich hier gut gehen. Die beliebte Sommerfrische der österreichischen Herrscherfamilie erhielt Mitte des 19. Jahrhunderts eine eigene Bahnstrecke inklusive Kaiserbahnhof. Um das barocke Schloss wurde eine endlos wirkende Parkanlage im englischen Stil angelegt. Hinein setzte man nach der Mode der Zeit Tempel, chinesische Pavillons und romantische Grotten. Und eine mittelalterlich anmutende Burg, die Franzensburg. Sie schlummert auf einer Insel in einem lang gestreckten See. Durch dichte Baumwipfel strecken sich mühsam ihre Zinnen.
Im Ritterhof macht Norbert Kotras die Runde. Er ist Fechttrainer. Ein Dutzend schwertbepackte Wiener gehen auf sein Geheiß in Position.
"Weich am Schwert ist wenn er nicht drückt. Wenn kein Druck ist, ja. Wenn er zum Beispiel noch mal ausholen möchte, ja, dann stech' ich rein. Ja, das ist weich am Schwert. Hart am Schwert ist, wenn der Druck in meine Richtung geht. Er hat zugeschlagen, und möchte nach dem Hieb reinfahren, ja. Das ist dann hart am Schwert. Das bedeutet, ich muss ihn mit der Stärke an dem Schwäche packen und dann selber stechen. Dumm am Schwert ist, wenn der Druck in die falsche Richtung geht. Zum Beispiel an mir weg. Wenn er jetzt hinein schlägt, und denkt sich 'Haha!' und in eine falsche Richtung drückt, dann lass ich ihn aus und stech' ihn in die andere Seite in die Nieren."
Lachen
Mit einer kleinen Fähre fahren wir an künstlichen Felsen und Wasserfällen vorbei. Kilometerlange Kanäle, die von kleinen geschwungene Brücken überspannt werden, ziehen sich durch die romantisierte Parkanlage. Etwas erstaunt blickt man schließlich durch ein imposantes Tor auf einen Turnierplatz. Das, was wie eine gotische Kapelle aussehe, dort an der Querseite, das sei die Loge, sagt Wolfgang Mastny vom Schloss Laxenburg.
"Es hat hier Wagenrennen gegeben, es hat hier Schaukämpfe gegeben von geharnischten Rittern. Das ganze hat so funktioniert. Wir haben hier ein dominierendes Gebäude, die sogenannte Kaiserloge. In hier hat der jeweilige Regent Platz genommen. In zwei Seitenlogen, die wir hier vorne noch erkennen können, haben sich hier die jeweilige Kinderschar beziehungsweise die Gäste des Kaisers versammelt. Am Turnierplatz hat also der Aufzug statt gefunden. Am Carousel wie man zur damaligen Zeit auch gesagt hat. In Ritterrüstungen, in Streitwägen. Es gibt rechts und links zwei kleinere Richterloge. Hier ist nicht der Scharfrichter gesessen, sondern der jeweilige Preisrichter, der also das ganze Treiben dann beurteilt hat."
Kaiser Franz entwarf in Laxenburg eine Art Ritter-Themenpark. Er sehnte sich ins gute alte Mittelalter zurück, während Napoleon dem Monarchen aus Frankreich zusetzte und das Riesenreich Österreich-Ungarn merklich Risse bekam.
"Ein Spezifikum der Klöster war natürlich die Anfertigung von Büchern. Also ein Skriptorium, wo man geschrieben hat. War ein sehr beliebter Job natürlich. Zwar deshalb, weil das einer der wenigen beheizten Räume war. Weil nämlich die Mönche mit Kielfedern geschrieben, und deshalb konnten sie keine Handschuhe tragen. Damit sie im Winter trotzdem weiter arbeiten konnten, hat man diesen Raum beheizt. Und wir haben hier die ältesten Bücher aus dem 13./ 14. Jahrhundert. Handgeschrieben. Herstellungszeit oft ein bis zwei Jahre. Wir haben hier einige Bücher, die haben Ketten hier oben. Da waren die an den Wänden fest gemacht. So eine Art Fahrradsperre. Die waren einfach sauviel wert."
Das Kloster Heiligenkreuz aus dem 12. Jahrhundert liegt abgelegen inmitten des Wienerwalds. Der Zwiebelturm der Stiftskirche, die Höfe und Wirtschaftsgebäude, der sonnendurchflutete Kreuzgang mit seinem Brunnen verbreiten mehr die Ruhe einer Wellness-Oase als die Strenge klösterlicher Askese. Über 80 Zisterziensermönche leben in Heiligenkreuz. Soviel wie nie in der Geschichte des Klosters, sagt Frater Johannes Paul.
Frater Pauls weißes Gewand scheint über dem Steinfußboden zu schweben, während er es mit einer einfachen Kordel um die Hüften ein wenig gerafft hat. Er führt uns hinüber in die Barockkirche.
Das leere Chorgestühl mit seinen gewundenen Säulen scheint auf die Mönche zu warten. Noch ist ein wenig Zeit bis zum Abendgebet, der Vesper. Frater Paul schlägt ein mächtiges Psalmbuch mit Szenen aus der Bibel auf. Daraus sängen die Mönche.
"Da ist halt dargestellt David, der nach der Überlieferung die Psalmen, die wir beten, geschrieben hat. Vor der Bundeslade, wo die zehn Gebote aufgewahrt sind. Und der mit dieser Harfe dann die Psalmen singt. Und wir sind sozusagen seine Nachfolger im Singen der Psalmen."
Vier Stunden pro Tag beten und singen. Das erste Mal kurz nach fünf Uhr morgens. Ein striktes Regiment.
Langsam füllen sich die Reihen. Es wird ruhiger. Alle Sitznischen sind belegt, als der Gregorianische Choral langsam an den Säulen des Kirchenschiffs aufsteigt.
Durch das wildromantische Helenental geht die Wanderung weiter Richtung Kurstadt Baden. Das Tal verengt sich, bis nur noch ein schmaler Weg zwischen heraufragenden Felsen und dem Fluss Schwechat entlangführt. Der Fluss hatte früher eine wichtige Funktion. Über ihn wurde das geschlagene Holz aus dem Wienerwald transportiert, erklärt Klaus Lorenz von der Stadt Baden.
"Das ist hier herunter geflößt worden eigentlich die ganze Schwechat hinunter. Wir kommen auch nachher noch mal da hin, wo der Holzrechen gestanden ist. Der Holzrechen war dort, wo man das Holz dann wieder aus dem Fluss gefischt hat."
"Einfach zugreifen. Ich hab das Schluckerl noch. Ich kenn ihn ganz gut."
Zur Zeit hat Leopold Kernbichler wenig Wein in seinem Keller. Im März wurde alles in Flaschen abgefüllt. Doch ein Rest Chardonnay findet sich noch in einem Fass.
"Das wichtige ist, permanentes Kosten von der Traube bis zum Most. Wenn irgendwas passiert, die Hefe nicht richtig arbeitet, oder die Trauben dann zum Beispiel im Weingarten dann auf den Beeren schon wegen Schlechtwetter ein bisschen Fäulnisprozess passiert ist. Wenn man das kostet, die Trauben, die Moste, den Wein, dann merkt man das sofort und kann als Kellermeister gleich irgendwo was dagegen tun. Also ich hab diesen Wein von der Traube über den Most bis er jetzt fertig ist wahrscheinlich 140, 150 Mal gekostet."
Der Mühlfeldhof ist einer von zahlreichen Weinbauern inmitten der Thermenregion nahe Baden. Die Bedingungen sind optimal hier. Es ist wärmer als sonst in Österreich. Das lässt auch Rebsorten wie Pinot Noir und Zweigelt gut gedeihen.
Draußen, im Heurigen-Garten, gibt's einige Proben davon. Kernbichler erklärt derweil, warum bei Weinbauern blau rot ist und rot weiß. Und das absolut nichts mit Farbenblindheit zu tun hat.
"Blauer Zweigelt, Blauburger, das sind die Rotweine. Die Namensgebung erfolgt von den Rebzüchtern und die haben die Trauben und nicht die Weine. Die Trauben sind bläulich. Deswegen haben die Rotweinsorten alle einen blauen Namen. Und diese roten Trauben, die nur so rosarot sind, sie ergeben Weißweine. Und die heißen dann frühroter Veltliner, spätrot Rotgipfler, sind aber Weißweine."
Der Kurort Baden südlich von Wien. Er ist für vieles bekannt. Für seine Musik, für seine Rosen, aber auch für das Badener Zuckerl. Ein süßes Überbleibsel der Napoleonischen Kriege. Das Rezept für die Bonbons lieferte ein französischer Deserteur. Statt Krieg zu führen verzog er sich in die Backstube.
Das Badener Zuckerl besteht aus Zucker, Sahne und Kaffee. Und es ist lustig eingewickelt in braun und rosa gestreiftes Papier.
"Mein Großvater hat 1918 im Stadtteil Leesdorft begonnen und ist dann seit 1937 hier auf diesem Platz. Und seitdem sind wir hier. Der Großvater, der Vater und jetzt bin ich da. Die Cremeschnitten werden immer noch gleich gemacht. Auch die Kaffeebonbons, die werden genauso. Die können Sie ruhig kosten."
Erich Vocks Gesicht ist staubig-weiß wie das Mehl, das er hinten in der Backstube verarbeitet. Er ist bekannt für seine Cremeschnitten. Und er ist einer der wenigen Konditoren, die noch die Badener Zuckerl selber herstellen. Seine Sahnebonbons zergehen himmlisch-süß auf der Zunge. Das genaue Rezept bleibt natürlich Vocks Geheimnis.
Das Interieur des Cafés erinnert an Heimatfilme der 60er Jahre. Die gestreifte Markise draußen dimmt die Sonne in zarte bonbonfarbene Töne. Zwei ältere Damen sitzen hinten an einem Tisch. Sie trinken Kaffe und gabeln Kuchen. Die eine hat einen ausladenden Hut auf dem Kopf drapiert, während die andere keck aus elegantem Halstuch und rotem Kostüm hervorschaut.
"Ich bin heut schon das zweite Mal da. War ich schon Mittag da und jetzt schon wieder. Aber wir kommen jede Woche drei, vier Mal. Das ist unser Stammcafé. Die Mehlspeisen sind immer frisch und gut. Der Kaffee ist gut. Wir sind hier schon jahrelang. Gewohnheitsmäßig auch macht man das. Manchmal macht man ja was aus Gewohnheit. Und geht gern wo hin, wo man immer hin geht. Das man sich nicht umgewöhnen muss. Heute haben wir - wie heißt das? - Schaumrolle gegessen."
"Die sind Dienstag und Freitag frisch."
"Wir wissen schon immer, wann alles frisch ist. Und Samstag sind die Briochen frisch. Da werden die Briochen gemacht."
"Die Gulatschen sind jeden Tag frisch."
"Die Topfengulatschen sind herrlich."
Im Rosengarten von Baden stehen 30.00 Rosenstöcke. Sie bilden Spaliere, königliche Muster und Figuren in allen Farben. Jetzt im Juni und später im Oktober blüht das ganze auf wie im Chor. Einige Rosen haben spezielle Namen erhalten. Sie heißen "Märchenkönigin", "Goldmarie" oder "Kaiserin Elisabeth", sagt Stadtgartendirektor Gerhard Weber.
"Das ist ja ein einmaliges Gesamterlebnis. Der Duft, das kontemplative Durchspazieren. Das sehen sie auch, wenn sie den Leuten zuschauen, wie sie den Park nutzen, wie sie den Park genießen. Das ist jetzt nicht, dass man mit dem Schreibblock durch geht und sich Notiz um Notiz macht, sondern es ist ein Gesamterlebnis, ein Gefühl in einer Parkanlage zu flanieren. Sich zu ergeben im wahrsten Sinn des Wortes. Und die Rose so am Weg mitzunehmen."
Doch lieber als die stolzen Rosen habe ich einen kleinen weißen Musikpavillon. Er steht nicht weit entfernt im Kurpark. Darin gedrängt etliche Streicher, Bläser, ein Schlagzeuger. Ein Potpourri aus Filmschlagern, Walzer und Polka wird geboten. Der Taktstock wiegt sich dabei sanft in der Luft. Manche Kurgäste schunkeln leicht, andere sehen verträumt in die Ferne. Sie mögen an alte Zeiten denken oder schlicht genießen. Der Wienerwald macht am Ende doch melancholisch.

