
Die zum 1. August angedrohten US-Zölle von 30 Prozent auf Produkte aus der Europäischen Union sind vom Tisch, stattdessen soll in Zukunft ein Basiszollsatz von 15 Prozent gelten. Der Preis für die Einigung ist hoch: Die EU hat sich verpflichtet, innerhalb von drei Jahren fossile Energieträger wie Flüssiggas, Kohle und Erdöl im Wert von 750 Milliarden US-Dollar (rund 640 Milliarden Euro) aus den USA zu importieren und zusätzlich 600 Milliarden US-Dollar in den Vereinigten Staaten zu investieren. Droht die EU damit, ihre Klimaziele aus den Augen zu verlieren?
Welche fossilen Energien sollen importiert werden und in welchen Mengen?
Die EU hat sich in dem Deal mit US-Präsident Donald Trump dazu verpflichtet, innerhalb von drei Jahren Energie im Wert von 750 Milliarden US-Dollar zu beziehen. Konstantin Zerger von der Deutschen Umwelthilfe geht davon aus, dass es sich bei den angekündigten Energieimporten um Kohle, Öl und Gas handelt. Diese werden laut Zerger „in großen Mengen immer noch aus den USA“ importiert.
Aktuell beziehe die EU fossile Energie aus den USA im Wert von etwa 60 Milliarden US-Dollar pro Jahr, so Zerger. Rechne man die zugesagten 750 Milliarden auf drei Jahre herunter, entspräche das 250 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Das würde, erläutert Zerger, eine Vervierfachung der bisherigen Importe von Kohle, Öl und Gas bedeuten.
Schadet das Handelsabkommen dem Klimaziel der EU?
Für das Klimaziel der EU sei der Deal mit den USA „eine totale Katastrophe”, meint Zerger. Ihm zufolge sei die EU derzeit gar nicht in der Lage, so großen Mengen an Kohle, Öl und Gas zu nutzen. Man müsse dafür erst die Infrastruktur schaffen. Kohlekraftwerke müssten wieder in Betrieb genommen, Gaskraftwerke gebaut, noch mehr LNG-Terminals errichtet werden. Auch die USA müssten in den Ausbau einer neuen fossilen Infrastruktur investieren. „Aus Klimaschutzperspektive ist das der Rückwärtsgang und die völlig falsche Richtung”, sagt Zerger.
In der EU gibt es den Emissionshandel. Er legt eine Obergrenze für die gesamte Menge an CO₂-Emissionen fest, die bestimmte Branchen pro Jahr ausstoßen dürfen. Für jede ausgestoßene Tonne CO₂ wird ein Emissionszertifikat benötigt. Unternehmen müssen diese Zertifikate kaufen, erhalten sie teilweise kostenlos oder handeln sie untereinander.
Die nun geplanten umfangreichen Energieimporte aus den USA passen laut Zerger nicht zu diesem System. Denn je mehr fossile Energieträger genutzt werden, desto mehr CO₂ wird freigesetzt. Dafür wären eigentlich zusätzliche Zertifikate nötig. Eine Ausweitung der Gesamtmenge ist im System des Emissionshandels nicht vorgesehen.
Inwieweit folgt der Zoll-Deal Trumps fossiler Agenda?
Der ausgeweitete Export fossiler Energieträger passt in die energiepolitische Linie von US-Präsident Donald Trump. Bei seinem Treffen mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Ende Juli 2025 in Schottland sprach sich der Republikaner deutlich gegen die Energiewende aus: „Stoppt die Windräder, sie zerstören die Schönheit eurer Länder.“
Er treibt die Öl- und Gasförderung im eigenen Land voran und wettert nicht nur gegen erneuerbare Energien, sondern auch gegen Klimaschutzmaßnahmen. Schon früher bezeichnete er den Klimawandel als „großen Schwindel“. Immer wieder sagt er: „Drill, Baby, Drill“ – zu Deutsch: Bohre, Baby, bohre. Damit macht er deutlich, dass er die Förderung von Erdöl und -gas ankurbeln will.
Für den Ökonomen Jens Südekum ist vor allem der Teil des EU-USA-Handelsabkommens zur Energie problematisch: „Dass Europa sich verpflichtet hat, im großen Stil Energie zusätzlich zu importieren – das ist etwas, was der amerikanischen Wirtschaft eindeutig hilft.“
Macht der Zolldeal die EU unabhängig von russischem Gas?
Nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sollen Flüssigerdgas (LNG), Öl und Kernbrennstoffe aus den Vereinigten Staaten die Lücken füllen, die entstehen werden nach dem geplanten vollständigen Verzicht auf russisches Gas und Öl.
Dass der Zolldeal nun zur Unabhängigkeit von russischem Gas führen könne, verneint Konstantin Zerger von der Deutschen Umwelthilfe. Europa sei bereits auf dem Weg, sich von diesem zu lösen.
„Noch wichtiger, als uns vom nächsten autoritären Herrscher abhängig zu machen, wäre es jetzt, aus dem fossilen System auszusteigen, weiter den Gasverbrauch zu reduzieren und auf Erneuerbare zu setzen“, sagt Zerger.
Auch Ökonom Jens Südekum warnt vor neuen Abhängigkeiten: „Wir dürfen uns nicht von den Amerikanern erpressen lassen, dass wir über Gebühr amerikanische Produkte kaufen müssen.“
Sein Fazit ist deutlich: Die EU werde ohne Investitionen in eigene technologische und sicherheitspolitische Souveränität in Verhandlungen mit den USA auch künftig in einer schwachen Position bleiben. Sie müsse am Ende das akzeptieren, was Washington vorgibt.
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