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Zollstreit in den USA
Kritik an Trumps "Krieg gegen jeden"

Der Widerstand gegen Donald Trumps Zollpolitik wächst, selbst führende Republikaner kritisieren den kompromisslosen Kurs des US-Präsidenten. Ökonomen prophezeien sogar, dass der Handelskonflikt mit China eine Rezession in den USA verursachen werde. Trump reagiert gewohnt kämpferisch.

Von Sarah Zerback | 02.09.2019
US Präsident Donald J. Trump
Gefährdete Wiederwahl? Zum ersten Mal überhaupt ist eine Mehrheit der Amerikaner der Meinung, dass es mit der Wirtschaft bergab geht. (picture alliance / Consolidated News Photos / Ron Sachs)
Sie konnten die neuen Zölle nicht verhindern, auch wenn sie es bis zum Schluss versucht haben. Mit einem Brandbrief an den US-Präsidenten hatten mehr als 200 Schuhhersteller und Vertreter anderer Branchen von Donald Trump wörtlich "Waffenruhe" gefordert, in einem Handelskonflikt, den Trump selbst verschuldet habe, so der Chef des Branchenverbands Matt Priest gegenüber dem Sender Fox.
"Zölle auf Produkte werden vor allem die Preise für Verbraucher erhöhen. Wir hoffen einfach, dass die amerikanischen Kunden verstehen, dass es den Preis beeinflusst, wenn Firmen jetzt an der Grenze zusätzlich zahlen müssen."
Kleidung, Elektronik und Bettwäsche werden teurer
15 Prozent Zölle auf Waren im Wert von 270 Milliarden Euro, die sie aus China importieren; darunter nicht nur Schuhe, sondern auch Kleidung, Elektronik und Bettwäsche. Donald Trump ist sich sicher, dass er damit nicht den amerikanischen Steuerzahler belastet, sondern die Regierung in Peking. In einem Radiointerview fragt er rhetorisch zurück, was seine Kritiker denn eigentlich von ihm wollen:
"Ich nehme meine Hände hoch, China, macht damit weiter uns abzuzocken? Ich gebe direkt auf, China, auch wenn wir gewinnen. Da ist nichts, dass du tun kannst, außer Zölle."
Deshalb gibt es auch noch nicht mal eine Schonfrist für Produkte, die bereits auf dem Transportweg sind. Das hat die US-Zollbehörde am Freitag klar gemacht. Sowieso sollten sich US-Firmen sofort um Alternativen zu China bemühen. Ein Befehl des US-Präsidenten per Tweet, bei dem unklar blieb, wie er ihn durchsetzen will und für den er viel Kritik geerntet hat. Nicht nur für den Ton – so der Branchenverband der Schuhhersteller:
"Die Firmen versuchen den Effekt abzumildern, und das kann heißen, Produktionen aus China abzuziehen, das will die US-Regierung ja anscheinend von US-Firmen. Aber das wird dauern, und das heißt eben trotzdem auch: Höhere Preise."
Mögliche Rezession nur "eine Erfindung der Lügenpresse"
Entweder müssten US-Verbraucher den Zollstreit also ausbaden oder er werde letztlich zum Jobkiller im eigenen Land. Noch sieht es danach nicht aus: Die Arbeitslosigkeit liegt bei niedrigen 3,7 Prozent, die Verbraucher sind in Konsumlaune und das Wirtschaftswachstum lag im zweiten Quartal bei 2,1 Prozent. – Das ist nicht wenig, aber eben viel weniger als die drei Prozent, die Donald Trump als Zielmarke ausgegeben hat.
Befeuert durch die neuen Zölle befürchten Fachleute nun, dass eine Rezession unmittelbar bevorsteht. Doch davon will Trump nichts wissen – das sei unangebracht und nur eine Erfindung der Lügenpresse.
"Ich denke das Wort Rezession ist unangebracht. Denn das ist nur ein Wort, das gewisse Leute, ich sage es auf die höfliche Art, und die Medien, versuchen aufzubauschen."
Stattdessen gibt er der amerikanischen Notenbank die Schuld für die aktuelle Unsicherheit an den Märkten und hat FED-Chef Jerome Powell als Feind ausgemacht – auf einer Stufe mit dem chinesischen Präsidenten. Ihm wirft er vor, das Wachstum mit zu hohen Zinsen zu bremsen. Der wiederum sieht sich nicht zuständig, die Folgen des Handelskonflikts zu begrenzen. Viel wichtiger ist aber, wen die Wählerinnen und Wähler für die schlechtere Konjunktur verantwortlich machen.
Umfrage: Mehrheit sieht Trump als Schuldigen
Die Antwort einer aktuellen Umfrage dürfte Trump ziemlich nervös machen: Eine Mehrheit gibt seiner Wirtschaftspolitik dafür die Schuld. Zum ersten Mal überhaupt ist eine Mehrheit der Meinung, dass es mit der Wirtschaft bergab geht. Das gefährdet die wichtigste Botschaft des US-Präsidenten und damit seine Wiederwahl: Lasst euch nichts erzählen über Skandale und Chaos im Weißen Haus. Amerika geht es so gut wie nie!
Dass es damit vorbei sein könnte, beunruhigt inzwischen auch führende Republikaner, die Sorge haben, das Weiße Haus und ihre Mehrheit im Senat 2020 zu verlieren und das auch öffentlich äußern oder Donald Trumps Handelspolitik kritisieren. So wie Senator Ron Johnson im Fernsehsender CNN:
"Er hat absolut Recht: China ist der Hauptaggressor hier. Ich sehe nur nicht, wie seine Strategie, mit jedem im Krieg zu sein, China davon abhalten sollte, uns genauso zu behandeln."
Ende Juli waren die Handelsgespräche mit Peking vorzeitig beendet worden, ohne erkennbare Ergebnisse. Geplant ist, sie in diesem Monat wieder aufzunehmen – auch, wenn die Vorzeichen dafür denkbar schlecht sind.