Bei E-Autos ist Norwegen im EU-Vergleich absoluter Spitzenreiter. Die Verkehrswende dort ist sogar so weit fortgeschritten, dass man seit diesem Jahr staatliche Vergünstigungen beim Neukauf solcher Wagen wieder zurücknimmt.
Währenddessen bewegt sich Deutschland im oberen Mittelfeld, und der deutsche Verkehrsminister blockierte wochenlang einen EU-Beschluss, nachdem ab 2035 keine Neuwagen mehr zugelassen werden dürfen, die Benzin oder Diesel tanken.
Letztlich fiel der Beschluss dann doch – mit einem kleinen Schlupfloch für die vom deutschen Verkehrsministerium protegierten e-Fuels, das sind klimaneutrale synthetische Kraftstoffe, die Verbrenner antreiben können. *
- Wie klima- und umweltfreundlich sind E-Autos?
- Was sind E-Fuels und worum geht es beim Verbrenner-Streit?
- Wie steht es um die Reichweite von E-Autos?
- Wie sieht es mit der Ladeinfrastruktur aus?
- Werden E-Autos in absehbarer Zukunft erschwinglich?
- Von welchen Ländern können wir lernen?
- Ist Individualverkehr überhaupt zukunftsfähig?
Wie klima- und umweltfreundlich sind E-Autos?
Wenn man von E-Autos spricht, meint man im Allgemeinen elektrisch angetriebene Personenkraftwagen. Um die Energie, die über Ladestationen eingespeist wird, speichern zu können, braucht man Batterien. Und diese sind relativ umweltschädlich.
Außerdem hat man immer noch das Problem mit dem Auto an sich: der Herstellung, den Rohstoffen, die dafür verbraucht werden, aber auch mit dem Platz, der für Autos zur Verfügung gestellt werden muss.
Wenn E-Autos mit Strom aus erneuerbaren Quellen wie Sonne oder Wind betankt werden, sind sie emissionsfrei und damit am klimafreundlichsten.
Rohstoffknappheit droht
Die Bundesregierung will bis zum Jahr 2030 15 Millionen solcher PKW auf deutschen Straßen fahren sehen. Doch bisher sind nur rund eine Million davon in Betrieb.
Berechnungen aus dem Verkehrsministerium zeigen, dass Deutschland Engpässe bei Rohstoffen wie Lithium und Kobalt drohen könnten. Auch der Branchenverband Aluminium Deutschland schlägt Alarm. Die gestiegenen Energiekosten führen dazu, dass sich die Aluminiumproduktion - ein weiteres wichtiges Material - in Deutschland nicht mehr lohnt.
Neue Technologien auf dem Vormarsch
Noch braucht man für die Verkehrswende diese Rohstoffe. Doch zukünftig werden sie, vor allem Nickel, Kobalt und Mangan, kaum noch zur Herstellung benötigt, prognostiziert Martin Doppelbauer vom Karlsruher Institut für Technologie. Hochleistungsfähige Batterien kommen noch nicht ohne Lithium aus, doch erste Autobatterien auf Natriumbasis gehen gerade in die Serienproduktion.
Lithiumvorkommen gibt es auf der ganzen Welt, auch in Deutschland, zudem kann man den Rohstoff mittlerweile umweltfreundlich gewinnen. Batterien lassen sich gut recyceln, ein Großteil der eingesetzten Rohstoffe kann zurückgewonnen werden.
Was sind E-Fuels und worum geht es beim Verbrenner-Aus?
Bei E-Fuels handelt es sich um synthetische Kraftstoffe, die man einem herkömmlichen Verbrenner, wie ihn noch die meisten Menschen fahren, einfach zugeben kann. Mit Hilfe von E-Fuels könnten die bereits zugelassenen Fahrzeuge einen entscheidenden Schritt Richtung Klimaneutralität machen.
E-Fuels sind Kraftstoffe, die auf Wasserstoff basieren und mit CO₂ aus der Atmosphäre angereichert werden. Wenn diese mit Strom aus regenerativen Quellen hergestellt werden, sind sie klimaneutral, aber nur dann.
Noch nicht ganz ausgereifte Technologie
Dennoch sind solchermaßen betriebene Autos weniger klimafreundlich als mit Strom betriebene E-Autos, alleine schon wegen der extrem verlustreichen Umwandlung von elektrischem Strom in synthetischen Kraftstoff.
Laut Berechnungen des ADAC kann eine Windkraftanlage mit einer Leistung von drei Megawatt nur 250 Fahrzeuge mit einem auf Wasserstoff basierenden Kraftstoff versorgen, wohingegen dieselbe Menge Strom 1600 E-Autos zum Fahren bringen kann.
Bei der jüngsten Einigung zwischen der deutschen Regierung und der EU-Kommission geht es genau um diese E-Fuels. Der deutsche Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) wollte kein generelles Verbot von Neuzulassungen von Verbrennermotoren ab dem Jahr 2035, wenn man diese auch klimaneutral betreiben könnte. Deswegen wurde nun vereinbart, eine solche Ausnahme zu prüfen.
Wie steht es um die Reichweite von E-Autos?
Stundenlanges Warten beim Laden gehört der Vergangenheit an. Fahrzeuge mit modernster 350 kW-Ladetechnik können schon jetzt sehr schnell geladen werden. Dabei wird in etwa drei Minuten die Energie für rund 100 Kilometer Reichweite geladen. Laut Prof. Uwe Sauer von der RWTH Aachen benötigt man für 300 Kilometer Fahrt einen Nachladestopp von zehn Minuten.
Für Strecken ins Ausland ist die Versorgung mit Schnellladesäulen in Zentral- und Nordeuropa bereits sehr gut, in Südeuropa wird sie zunehmend besser.
Ein wichtiges Thema ist die Reichweite, gerade auch im Vergleich zu Verbrennerfahrzeugen. Elektroneufahrzeuge fahren mittlerweile mit Reichweiten von 300 bis 600 Kilometern fast so weit wie PKW mit Verbrennermotor. Reichweiten von 800 Kilometern werden bis Ende des Jahrzehnts erwartet. Dies wird nicht nur durch größere Batterien erreicht, sondern auch durch die Verbesserung der Energieeffizienz der Fahrzeuge.
Wie sieht es mit der Ladeinfrastruktur aus?
Die Zahl der Ladepunkte nimmt stetig zu. Doch in Deutschland werden mehr Elektrofahrzeuge zugelassen, als die öffentliche Ladeinfrastruktur versorgen kann. Die Bundesregierung will den Ausbau voranbringen. 2022 gab es laut Bundesnetzagentur etwa 70.000 E-Ladesäulen. Bis zum Jahr 2030 will man auf eine Million kommen.
Vor allem der Ausbau von Ultraschnellladeeinheiten entlang der Autobahnen sollte intensiviert werden, empfiehlt Uwe Sauer von der RWTH Aachen. Grundsätzlich sind die meisten Autobahnabschnitte schon gut mit Ladestationen ausgestattet, diese fehlen vor allem noch an Schnellstraßen und in vielen Innenstädten.
Für Mieter ist es hinderlich, dass es keine gesetzlichen Regelungen gibt, damit auch sie problemlos eigene Ladesäulen zumindest auf eigene Kosten an Mietgebäuden installieren können. Neue Regelungen würden den Ausbau der Ladeinfrastruktur beschleunigen.
Werden E-Autos in absehbarer Zukunft erschwinglich?
Für preiswerte Fahrzeuge mit Elektroantrieb gibt es bisher nur ein geringes Angebot. Doch laut ADAC nimmt die Zahl der Modelle stetig zu. Kleine PKW-Modelle kann man ab rund 20.000 Euro kaufen. Zudem gibt es Förderprämien vom Staat. Niedrigere Kraftstoff- und Unterhaltkosten ergeben auch gegenüber Verbrennern eine gute Bilanz in der Gesamtkostenrechnung.
Von welchen Ländern können wir lernen?
Norwegen ist im EU-Vergleich Spitzenreiter. Die jährlichen Quoten von E-Autoneuzulassungen liegen dort konstant bei mehr als 60 Prozent. Mittlerweile ist jeder fünfte PKW im norwegischen Straßenverkehr ein E-Auto. Und ab dem Jahr 2025 will man nur noch emissionsfreie Neuwagen zulassen. Flankiert wird die Verkehrswende mit finanziellen und sonstigen Erleichterungen: So müssen Halter von E-Autos kaum noch Steuern zahlen, Citymaut und Parkgebühren sind günstiger. Sie dürfen oftmals auch die Busspuren nutzen und kommen somit schneller voran.
Mit dem durchschlagenden Erfolg werden nun aber die Erleichterungen für E-Auto-Halter schrittweise zurückgenommen. So entfällt seit Anfang des Jahres die Befreiung von der Mehrwertsteuer für E-Autos, die mehr als 500.000 Kronen (rund 44.000 Euro) kosten.
Stark ist die E-Mobilität schon heute in China. Der größte Markt für E-Autos befindet sich dort, und die meisten Neuzulassungen dort wie weltweit sind chinesischer Herkunft. Für deutsche E-Auto-Hersteller hingegen läuft es nicht nur in China schlecht. Das liegt auch am geringeren Preis für chinesische Konkurrenzprodukte, also letztlich an den großen Wettbewerbsvorteilen Chinas: geringere Lohn- und Entwicklungskosten als in Europa.
Ist Individualverkehr überhaupt zukunftsfähig?
Einer Studie von Greenpeace zufolge muss der Straßenverkehr in der EU bis 2040 klimaneutral werden, ansonsten kann man die Pariser Klimaziele nicht einhalten. Um dieses Ziel zu erreichen, müsste die Zahl der PKW und LKW auf europäischen Straßen halbiert werden, sagt Benjamin Stephan von Greenpeace im Deutschlandfunk. Autos, die dann noch fahren, müssten elektrisch sein.
„Das Auto als Privatfahrzeug ist am Ende“, fasst die Umweltjournalistin Annette Jensen im Deutschlandfunk Kultur die Situation zusammen. Es gebe schlicht nicht genug Ressourcen, um sämtliche Wagen auf Elektroantrieb umzustellen und zugleich so viele Windräder und Fotovoltaikanlagen zu bauen, wie ihr Betrieb benötige. „Das eröffnet die Chance, Städte neu zu gestalten: mehr Grün, weniger Lärm, bessere Luft – mehr Gerechtigkeit.“
Quellen: DLF, sciencemediacenter, ADAC, mle, ck
* Wir haben an dieser Stelle eine Aussage korrigiert, nach der das deutsche Verkehrsministerium das Verbrenner-Aus auf EU-Ebene gekippt hat. Das ist nicht richtig - der Beschluss wurde verabschiedet.