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Zukunfts-Fahrplan "Deutschlandtakt"
Schöne neue Bahn-Welt

Das Bundesverkehrsministerium hat den ersten Entwurf für einen Zukunfts-Fahrplan der Bahn vorgestellt. Nach dem sogenannten Deutschlandtakt sollen alle Züge an wichtigen Knotenpunkten künftig zur halben oder vollen Stunde fahren. Damit verbunden sind Milliarden-Investitionen in die Infrastruktur.

Von Philip Banse | 09.10.2018
    ICE-Züge am Flughafenbahnhof, Frankfurt am Main, Hessen, Deutschland, Europa | imageBROKER / picture alliance | Verwendung weltweit, Keine Weitergabe an Wiederverkäufer.
    Bald im Deutschlandtakt? ICE am Flughafenbahnhof Frankfurt am Main (picture alliance / Imagebroker)
    Der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann, war sichtlich stolz auf das, was er und sein Haus heute präsentierten: Das Bundesverkehrsministerium hat sehr konkret berechnen lassen, wie ein Fahrplan im Deutschlandtakt aussehen könnte und was dafür alles umgebaut werden müsste. Deutschlandtakt meint: In wichtigen Knotenpunkten fahren Züge immer zur vollen oder zur halben Stunde, in alle Richtungen - und kommen auch zu leicht merkbaren Zeiten an. Alle Regionalzüge fahren wenige Minuten später ab, so dass Bahnreisende eigentlich nicht mehr auf den Fahrplan schauen müssen, sondern fernreisen wie im öffentlichen Nahverkehr.
    Bisher wurde irgendwie das Schienennetz gebaut und dann geschaut, wie man einen Fahrplan macht. Das führt nicht mehr weiter, sagt Staatssekretär Ferlemann.
    "Und deswegen müssen wir das nun richtiger machen und sagen: Lasst uns einen Modellfahrplan machen. Und dann fragen: Wenn ich diesen Modellfahrplan fahren will, wie muss dann die Infrastruktur dafür aussehen? Also genau umgedreht: Sagen wie das Ziel ist - und darauf die Infrastruktur bauen. Das ist eigentlich das Geheimnis des Deutschland-Taktes."
    Kürzere Reisezeiten - ohne schnellere Züge
    Philipp Schröder von der SMA und Partner AG hat einen sehr konkreten Modellfahrplan als Entwurf präsentiert. In Berlin und anderen Knoten fahren Züge demnach um voll und um halb ab, in anderen nur um voll. Von Berlin nach NRW fahren die Züge halbstündlich, von Ludwigslust etwa nur stündlich. Immer schön im Takt, berechenbar, leicht verständlich und mit minimalen Umstiegszeiten, die die Reisezeiten sehr verkürzen können, ohne schnellere Züge zu kaufen, so Planer Schröder.
    "Von Berlin nach Kiel alleine, obwohl keine Ausbauten auf der Infrastruktur vorgesehen sind, gewinnen sie rund eine Viertelstunde. Das hat mit den Anschlussbeziehungen in Hamburg zu tun, und auch mit dem Halbstunden-Takt von Hamburg nach Berlin. Berlin-Düsseldorf - hier wirkt der Ausbau, den wir unterstellt haben, eine Dreiviertelstunde schneller. Stuttgart-Hamburg rückt in die Flugdistanz von rund vier Stunden."
    Ausbau von Strecken und Bahnhöfen
    Bis 2020 soll jetzt über diesen sehr konkreten Entwurf für Deutschlandtakt diskutiert werden mit Industrie, Ländern, Politik und Kommunen. Doch Stand heute ist der Entwurf für Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband ProBahn schon schlicht:
    "Ein Traum! Es sieht toll aus. Die Frage ist, ob man es wirklich so schnell realisieren kann. Ob die nötigen Mittel bereitgestellt werden - und auch ob man die Bevölkerung vor Ort mitnimmt."
    Bis der Deutschlandtakt komplett eingeführt ist, werden sicher zehn bis zwanzig Jahre vergehen. Denn wenn nicht der Fahrplan dem Schienennetz angepasst wird, sondern das Schienennetz dem Fahrplan, muss sehr viel gebaut und umgebaut werden: Bahnhöfe müssen zu Knoten ausgebaut werden, damit der Takt gehalten werden kann. Der Entwurf sieht vor, dass Strecken etwa von Berlin nach Hamburg viergleisig ausgebaut werden, damit auch Güterverkehr noch Platz hat. Bahnchef Richard Lutz zeigte sich dennoch optimistisch:
    "Ich finde die Idee grundsätzlich fantastisch: Immer vom Zielbild her zu kommen. Und dann drüber nachzudenken, was muss eigentlich passieren bei der Infrastruktur und bei den Fahrzeugen, dass dieses Zielbild Realität wird. Und die spannende Frage wird jetz sein, was bei der Infrastruktur passieren muss, damit dieser Fahrplan auch gemacht wird."
    Scheuers Bekenntnis zur Schiene
    Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer von der CSU sagte, am Geld werde der Deutschlandtakt nicht scheitern:
    "Der Bundesverkehrswegeplan 2030 umfasst ein Gesamtvolumen von 270 Millarden Euro. Knapp 42 Prozent davon entfallen auf die Schiene. Daran können sie die überragende Bedeutung sehen, die die Schiene für uns hat."
    42 Prozent, das wären 108 Milliarden bis 2030 für die Schiene - Wasilis von Rauch, Vorsitzender des Verkehrsclubs Deutschland zeigte sich auch deshalb vorsichtig oprimistisch:
    "Das ist schon ordentlich. Es ist eine Menge Geld drin. Ob es reicht, muss man sehen. Und es muss vor allem an den richtigen Stellen eingesetzt werden."