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Zukunftsmarkt Weltraum
Luxemburg wagt und gewinnt

Beim luxemburgischen Weltraumkonzept geht es in erster Linie ums Geschäft. Das Land hat eine nationale Weltraumagentur gegründet. Sie soll junge Unternehmen mit guten Ideen, die sowohl für die Erde als auch für den Weltraum taugen, nach Luxemburg locken.

Von Tonia Koch |
Mikrosatellit ESAIL im Reinraum von Luxspae
Mikrosatellit ESAIL: Mitte März soll er ins All geschossen werden (LuxSpace Sàrl / Mike Zenari)
Behutsam bewegen die Ingenieure von LuxSpace einen Mikrosatelliten. Der achtzig mal achtzig Zentimeter große Satellit wird von Joroen Buursink und seinen Kollegen behandelt wie ein rohes Ei. Der würfelförmige Körper ist mit Goldfolie verkleidet, um den Temperaturschwankungen im Orbit zu trotzen. „Da wird eine ganz dünne Schicht Gold auf Plastik aufgedampft, das sind dann sechs oder zehn Folien hintereinander und alle zusammen isolieren dann bis zu 99,x Prozent."
Dieser Beitrag gehört zur fünfteiligen Reihe "Der Traum vom All – Luxemburg will den Weltraum erobern".
Die Solarpaneele auf beiden Seiten sind eingeklappt. Angst dass sie sich womöglich nicht öffnen, bestehe nicht, sagt Buursink. "Das passiert nicht, wir haben es natürlich getestet."
Vega-Rakete schießt den Satelliten ins All
Ende März wird der Satellit mit einer Vega-Rakete von Kourou in Französisch Guayana ins All geschossen [*]. Er wird in geringer Höhe um die Erde kreisen und Signale großer Fracht- und Passagierschiffe einsammeln, wo auch immer auf hoher See sie sich befinden mögen, sagt der technische Leiter Marino Poppé. "Es gibt auf der Erde einige Nutznießer davon oder interessierte Parteien davon, wie zum Beispiel Reedereien, Institute oder auch Behörden für maritime Sicherheit."
Aufgelegt und kontrolliert wird das Projekt von der ESA, der Europäischen Weltraumagentur. Die maritimen Daten werden später von einer kanadischen Firma ausgewertet und gebaut wird der Mikrosatellit von LuxSpace, von dessen Aufträgen wiederum die Raumfahrtindustrie in anderen europäischen Ländern profitiert. "Das bedeutet, unser Satellit hat viele Komponenten drin, Subsysteme, die aus verschiedenen europäischen Ländern stammen", sagt Marino Poppé.
Finanzierungmodell der ESA eröffnet Spielräume
Nicht jedes Mitgliedsland der ESA muss jedes Programm mitfinanzieren. Aber wenn ein Land an einem sogenannten Wahlprogramm teilnimmt, dann soll das eingezahlte Geld auch wieder in Form von Aufträgen an die Industrie zurückfließen. Insbesondere kleinere Länder wie Luxemburg achteten darauf. "Da sind wir gut, ja!", sagt der Vorsitzende der luxemburgischen Raumfahrtagentur Marc Serres nicht ohne Stolz. "Alle Euro, die wir in die ESA reingeben, kommt zurück in die luxemburgische Industrie."
Das wiederum eröffnet Spielräume. Vor wenigen Wochen hat Luxemburg einen Fonds aufgelegt, in den der Staat und auch eine Reihe privater Firmen bislang 70 Millionen Euro investiert haben. Geld für junge Unternehmen, die sich auf Weltraumtechnik spezialisieren möchten. Aber allein die gute Idee reiche nicht, so Serres:
"Ich kann mir vorstellen, dass in Amerika mit der NASA so Sachen möglich sind, dass die NASA während – ich weiß nicht- zehn bis fünfzehn Jahren die Firmen am Leben erhalten kann, um Technologien zu entwickeln, aber in Luxemburg kann das nicht funktionieren."
Künstlerische Darstellung des Solar Orbiter im Einsatz
ESA-Missionen 2020: Sonne, Mars und Erde im Visier
Die ESA hat sich viel vorgenommen: Sie will den Sonnenwind untersuchen, einen Rover zum Mars schicken und einen Erdbeobachtungssatelliten starten, um den Anstieg der Meeresspiegel präzise zu vermessen.
Mit Weltraum-Innovationen Geld verdienen
Gefragt sei eine Doppelstrategie: Mit Innovationen, die für den Weltraum taugen, soll zunächst einmal auf der Erde Geld verdient werden. Das macht auch Maana Electric. Das Start-up wurde vom Niederländer Joost van Oorschot direkt nach dem Studium gegründet.
"Ich wusste, ich wollte ein Unternehmen gründen und Luxemburg ploppte auf in der Szene mit seiner Space-Initiative, und nun sind wir hier und in nur zwei Jahren beschäftigen wir schon 30 Leute."
Porträt des Start-up-Gründers Joost van Oorschot
Der Niederländer Joost van Oorschot produziert mit seinem Start-up Solarzellen für Großprojekte in unwirtlicher Umgebung (Deutschlandradio / Tonia Koch)
Solarzellen für die Wüste und den Mond
Maana Electric entwickelt Solarzellen für Großprojekte in unwirtlicher Umgebung, wie zum Beispiel in der Wüste. Sie werden direkt vor Ort produziert und aufgestellt. Und sie brauchten dafür eigentlich nur Sand, erläutert Joost.
"Wir haben einen Produktionsprozess entwickelt, der in einen Schiffscontainer passt, und wir füttern die Maschine mit Sand und Elektrizität und es kommen funktionstüchtige Solarzellen heraus." Dieses System funktioniere eben nicht nur in den Wüsten dieser Welt, sondern - so die Idee - auch auf dem Mond.
"Unsere Technik ist perfekt für eine Umgebung, wo es nichts gibt, keinerlei Infrastruktur, sondern nur Sand und Sonne. Es ist das Gleiche wie auf dem Mond, da gibt es auch keine Lieferkette, um dich mit allem zu versorgen, was du brauchst, um Solarzellen herzustellen. Nein, auch da hast Du nur Sand und Sonne."
Das Unternehmen wächst, und hat bereits große Energieversorger für seine Idee begeistern können. Im Moment stünden sie zwar ziemlich breitbeinig auf der Erde, aber ein bisschen weiter denken wollten sie schon. "Von einer Maschine auf dem Mond, ja davon träumen wir."
Fokus: Ressourcen vor Ort produzieren und nutzen
Und mit ihnen Marc Serres der Leiter der luxemburgischen Spaceagentur. Es bahne sich ein Paradigmenwechsel an, so Serres. Im Moment sei in der Raumfahrttechnik noch alles darauf ausgelegt, Materialien zu entwickeln, die den Raketentransport ins All auch überstehen. Aber die Vorstellung, Ressourcen vor Ort zu nutzen, gewinne immer mehr an Bedeutung.
"Heute kostet es - wenn ich mich nicht irre - ungefähr 50.000 Dollar, um einen Liter Wasser auf den Mond zu bringen. Wenn jetzt eine Firma es fertig kriegt, einen Liter Wasser auf dem Mond zu produzieren, für die Hälfte des Preises, dann gibt es einen Business-Case, dann ist es interessanter, Wasser direkt auf dem Mond zu produzieren und nicht alles mit der Rakete mitzunehmen."
Noch könne die Frage nach der Wirtschaftlichkeit nicht beantwortet werden, erst müsse es mal einer schaffen. Aber damit es einer schafft, dabei wolle Luxemburg im Rahmen seiner Möglichkeiten gerne helfen.
[*] Anm. d. Red.: In diesem Satz haben wir den Startzeitpunkt und den Namen der Rakete geändert.