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Ausstellung "Items: Is Fashion Modern?"
Vom Kleidungsstück zum Statement

Hoodie, kleines Schwarzes oder die Levi's 501: Ikonische Kleidungsstücke in 111 Kategorien zeigt die Ausstellung "Items: Is Fashion Modern?" im New Yorker Museum of Modern Art. Die Macher wollen zeigen, wie aus einem Kleidungsstück ein Gegenstand von Bedeutung wird.

Von Max Böhnel | 02.10.2017
    Menschen schauen sich Mode-Ausstellungsstücke an
    Das New Yorker MoMa zeigt Mode mit sozialer und politischer Bedeutung - wie das rote Trikot von Colin Kaepernick mit der Nummer 7. Der Football-Profi weigerte sich, sich zur Nationalhymne zu erheben, um gegen Rassismus und Polizeigewalt zu protestieren. (AFP PHOTO / ANGELA WEISS)
    Wer die Ausstellung "Items: Is Fashion Modern?" des MoMA betritt, stößt zunächst auf eine an einer weißen Wand angebrachte Liste. Sie führt die 111 ikonischen Modegegenstände auf, die zu sehen sein werden, etwa die Levi's 501, der Rollkragenpullover, der Plateauschuh oder das Kopftuch. So nüchtern wie ihre Einführung ist die Präsentation in den beiden großen Ausstellungsräumen selbst: Die meisten Objekte verbergen sich in ausgeleuchteten Glasvitrinen, manche befinden sich an der Wand befestigt hinter einer Absperrung. Die Kuratorin Paola Antonelli ist von dem Konzept und von der Botschaft der Ausstellung überzeugt.
    "Es handelt sich ja eigentlich um eine Designschau, die in diesem Fall die Mode in den Mittelpunkt stellt. Wir zeigen die einzelnen Elemente der Mode und konzentrieren uns dabei auf bestimmte Epochen und deren Schwerpunkte. Wir sind stolz, nach 73 Jahren wieder eine Modeausstellung im MoMA zu haben. 'Is Fashion Modern?' hat sich am Titel der Ausstellung von 1944 orientiert, die damals 'Are Clothes Modern' hieß."
    Welche soziale und gesellschaftliche Bedeutung spielt Mode heute?
    Ging es vor 73 Jahren nur um Kleidung als getragene Textilien, so holt das MoMA dieses Mal viel weiter aus: Welche soziale und gesellschaftliche Bedeutung spielt Mode heute? Träger von Kapuzenjacken wollen häufig auch ein Statement damit abgegeben. Nicht selten werden sie von Gangmitgliedern getragen. Ihren Durchbruch hatten sie in den 1980er-Jahren, als sie durch den afroamerikanischen Hip-Hop zur Mode wurden. Der ursprüngliche Stil war von der Kleidung der Mönche abgeschaut.
    "Die Kapuzenjacke, auch Hoodie genannt, begann in den 1930er-Jahren, um Athleten warm zu halten. Das Hoodie wurde auch von Arbeitern in Kühlhallen getragen, später von männlichen College-Sportlern und deren Freundinnen. In den 1980er-Jahren wurde die Jacke mit der Kapuze von jungen Skateboardern entdeckt, die nicht erkannt werden wollten. Das Hoodie ist sehr funktional, weil es Schutz bietet. Es vermittelt dem Träger den Eindruck, unsichtbar zu sein", erklärt Paola Antonelli.
    Menschen besuchen am 26.09.2017 die Vorbesichtigung der Ausstellung "Items: Is Fashion Modern?" im Museum of Modern Art (MoMA) in New York (USA). "Is Fashion Modern?" (Ist Mode modern?), fragt das New Yorker Museum of Modern Art (MoMA) ab Sonntag in seiner ersten Mode-Ausstellung seit mehr als 70 Jahren. Unter den rund 350 Objekten sind Bikinis, Perlenketten, Krawatten, Yoga-Trainingshosen, Mützen und Abendroben, viele Stücke sind von berühmten Designern.
    Nach 73 Jahren gibt es wieder eine Modeausstellung im MoMA (Christina Horsten/dpa )
    "Das kleine Schwarze ist eher ein Konzept"
    Die Ausstellungsstücke im MoMa sind auf drei Räume nüchtern und schmucklos verteilt. Paola Antonelli hat bei ihrer Ausstellung Mut zur Lücke bewiesen. Ihr Motto scheint eindeutig "weniger ist mehr" zu sein. Kommt man in den zweiten Raum, hängt zum Beispiel ein einfaches rotes Hoodie an einer schwarzen Wand. Ein Trainingsanzug - ein anderes Wahrzeichen des Sports -, das von Amerika aus den Siegeszug durch die Welt machte, ist einer Modepuppe übergezogen. Außerhalb des Sports war er schon Anfang der 1970er-Jahre durch den Kung-Fu-Filmstar Bruce Lee bekannt. Das MoMA zeigt ein Exemplar des roten Zweiteilers mit den weißen Streifen. Getragen wurde er damals von Sportlern. Weiter verbreitet ist der Trainingsanzug seit dem Hip-Hop und Rap der 1980er-Jahre, und das laut MoMA auch in Form eines musikalischen Hits. Die Rapper von Run-D.M.C. betrieben damals Markenwerbung für den Anzug und die Schuhe.
    Einfach wie Trainingsanzug und Hoodie ist auch das sogenannte kleine Schwarze: ein schmales schwarzes Abend- oder Cocktailkleid. Paola Antonelli deutet auf eine ganze Reihe von kleinen Schwarzen hinter Glas.
    "Das kleine Schwarze ist eher ein Konzept. Denn die Farbe bleibt im Lauf seiner Geschichte die gleiche, während sich die Schnitte verändern. Deshalb zeigen wir gleich mehrere."
    Eher nüchtern zu bewerten, trotz Donald Trump
    Das Mode-Original von 1926 stammt von Chanel. Dass das schwarze Kleid ursprünglich aber Trauerbekleidung war, zeigt ein Objekt, das aus der Reihe fällt und, weil es den Mode-Kontext verlassen hat, eine gewisse Schockwirkung auslöst: Das "Little Black Death Dress" einer liegenden Puppe ist ein Totengewand. Es verwandelt sich von Weiß in Schwarz, wenn die Trauernden näher kommen. Dafür sorgt die eingebaute Wärmetechnik. Die MoMA-Ausstellung zeigt 111 Kategorien von Modegegenständen, neben Kleidung auch Ohrringe, Plateauschuhe, Armbanduhren, Anstecker oder Walkmen.
    Mit der Ausstellung wollen wir beweisen, wie ein Gegenstand in unser Bewusstsein eindringt und damit zu einem Gegenstand mit einer Bedeutung wird, sagt Glenn Lowry, der Direktor des MoMA. Das fällt bei manchen Ausstellungsstücken schwer, denn oft bekommt man vom MoMA keine Information dazu. Bei anderen Gegenständen wiederum liegt die soziale und politische Bedeutung auf der Hand, beispielsweise beim roten Footballer-Jersey von Colin Kaepernick mit der Nummer 7. Vor einem Jahr weigerte sich der Profi in den Trainingsspielen seines Vereins, den San Francisco 49ers, sich zur Nationalhymne zu erheben, um gegen Rassismus und Polizeigewalt zu protestieren. Damit löste Kaepernick eine Sportler-Protestwelle aus, über die sich Donald Trump seit Tagen echauffiert. Sein Gepolter ist die beste Werbung für eine Ausstellung, die man ansonsten wohl eher als nüchtern bewerten muss.