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Federico García Lorca
Die Uraufführung von "Bernarda Albas Haus" in Buenos Aires

In seinen sozialkritischen Dramen bildete der Dichter Federico García Lorca die archaische und sittenstrenge Gesellschaft des ländlichen Spaniens der 1930er Jahre ab. Sein letztes Werk wurde vor 75 Jahren in Buenos Aires uraufgeführt – fast neun Jahre nach seiner Ermordung in Spanien.

Von Victoria Eglau |
    Federico García Lorca
    Der Dichter Federico García Lorca gilt als einer der wichtigsten Erneuerer der spanischen Literatur (imago images / United Archives International)
    Buenos Aires in den 1930er Jahren: Die argentinische Hauptstadt vibriert vor kulturellem Leben: Tango, Oper, Literatur und Theater. Am 13. Oktober 1933 steigt hier der Lyriker und Dramatiker Federico García Lorca vom Schiff.
    "Das einzige, was mich interessiert, ist, mich zu vergnügen, auszugehen, Spaziergänge zu machen, zu leben!", sagte der Spanier der Zeitung La Razón kurz nach seiner Ankunft. García Lorca wollte in Buenos Aires eine Reihe von Vorträgen halten und einer Inszenierung seines Stücks "Bluthochzeit" beiwohnen.
    Federico García Lorca - Verhaftet und ermordet durch spanische Faschisten
    Im spanischen Bürgerkrieg wurde Federico García Lorca sein Engagement für die Republik zum Verhängnis: Er wurde von Aufständischen in einer Nacht- und Nebelaktion erschossen.
    Die in Argentinien damals berühmte spanischstämmige Schauspielerin Lola Membrives brachte das Drama mit ihrer eigenen Kompagnie auf die Bühne. In Argentinien, wo es eine große spanische Einwanderer-Gemeinde gab, stieß der Avantgarde-Künstler auf wesentlich mehr Interesse und Zuspruch als in seiner Heimat. Pablo Medina, Autor eines Buchs über García Lorca in Buenos Aires:
    "In einem Brief an seinen Vater schrieb er: Ich bin überrascht. Noch nie habe ich so viel Applaus erhalten, noch nie hat man mich so gefeiert. Ich fühle mich geliebt und unterstützt. Aber ich vermisse Euch."
    Rückkehr nach Spanien
    García Lorca verkehrte mit einheimischen Künstlern und Intellektuellen, darunter die Schriftsteller Oliverio Girondo und Norah Lange, und mit dem chilenischen Dichter Pablo Neruda. Er traf den Sänger Carlos Gardel und andere Tango-Größen, rezitierte eigene Gedichte, erlebte die Premiere seines Stücks "Die wundersame Schustersfrau" und inszenierte selbst Lope de Vegas Komödie "Das dumme Mädchen". Erst im März 1934, viel später als ursprünglich geplant, kehrte Federico García Lorca nach Spanien zurück.
    "Er hatte mit den Inszenierungen in Buenos Aires eine schöne Stange Geld verdient. Zu Hause begann er nun, die Werke auf die Bühne zu bringen, die in Argentinien bereits inszeniert worden waren. Für das damalige spanische Publikum waren seine Stücke neuartig, aber mit der Zeit erlangte er Anerkennung."
    Im Juli 1936 putschten Militärs gegen die spanische Republik – der Beginn des Bürgerkriegs. Federico García Lorca war politisch kaum aktiv, aber er stand den republikanischen Kräften nahe. Der Autor geriet ins Visier der faschistischen Falangisten.
    "‘Bernarda Albas Haus‘ war García Lorcas letztes Werk. Er vollendete es am 19. Juni 1936, kurz vor seiner Ermordung."
    Posthum uraufgeführt
    "La Casa de Bernarda Alba, Tragödie von den Frauen in den Dörfern Spaniens", warf ein Schlaglicht auf zutiefst konservative und autoritäre Kreise der spanischen Gesellschaft – jene, denen García Lorca letztendlich zum Opfer fiel. Das Theaterstück über die tyrannische Witwe aus der Provinz, die ihre fünf Töchter zu einer achtjährigen Trauer zwingt und sie im Haus einsperrt, war eine Anklage gegen erstarrte Konventionen und überkommene Moralvorstellungen.
    Es sollte fast neun Jahre dauern, bis das Drama erstmals aufgeführt wurde – nicht im Spanien Francos, sondern in Buenos Aires – jener Metropole, die dem Dichter Zuneigung und Triumphe geschenkt hatte. Dass "Bernarda Albas Haus" am 8. März 1945 im "Teatro Avenida" Premiere feierte, war der katalanischen und republikanischen Schauspielerin Margarita Xirgu zu verdanken, die im Exil in Argentinien und Uruguay lebte und dort großen Einfluss auf das Theaterleben hatte.
    "Sie war in Spanien seine Lieblingsschauspielerin gewesen. 1936 ging sie nach Mexiko, wo sie die Nachricht von García Lorcas Tod erhielt. Xirgu war es, die beschloss, 'Bernarda Albas Haus' in Buenos Aires auf die Bühne zu bringen."
    Das Publikum, bestehend aus Argentiniern und Exil-Spaniern, reagierte mit großem Interesse, Anteilnahme und Rührung auf die Premiere. Und die Presse lobte das Stück unisono. In einem Artikel der Zeitschrift Letras hieß es:
    "Dieses posthum aufgeführte Werk hat uns gefehlt, um die Dimensionen von García Lorcas herausragendem schöpferischem Genie zu erkennen."