Galt der deutsche Föderalismus zu Beginn der Corona-Pandemie noch als Erfolgsrezept, steht das Krisenmanagement derzeit in der Kritik – besonders die Ministerpräsidenten-Konferenz. Die sei jedoch kein Gremium, um verbindliche Beschlüsse zu fassen, betonte Nathalie Behnke, Professorin am Institut für Politikwissenschaft der TU Darmstadt, im Dlf. "Die Ministerpräsidenten-Konferenz ist ein Gremium, in dem die Regierungschefs von relativ souveränen Teilstaaten sich austauschen und verständigen, was sie tun wollen."
Um einheitliches Handeln in allen Bundesländern in der Corona-Pandemie herzustellen, müsste nicht die Ministerpräsidenten-Konferenz, sondern die Bundesgesetzgebung erreicht gewählt werden. "Unsere Staatsarchitektur bietet Mittel und Wege, um im Notfall auch wesentlich einheitlicheres Handeln zu ermöglichen", sagte Behnke.
Ministerpräsidenten-Konferenz dient dem Austausch
Die Ministerpräsidenten-Konferenz könnte keine verbindlichen Beschlüsse treffen, denn sie sei kein Verfassungsorgan, führte die Wissenschaftlerin weiter aus. Das Gremium wurde von den Ländern kurz nach der Gründung der Bundesrepublik ins Leben gerufen. Der Grund, so Behnke: Die Länderchefs hätten damals realisiert, dass im föderalen System der Austausch und die Abstimmung untereinander wichtig sei. Dies sei auch die grundlegende Funktion der Konferenz und auch ein Vorteil, so Behnke. Sie sei quasi durch die vielen Beteiligten ein "lernendes System". So sei zum Beispiel gerade zum Beginn der Pandemie in kurzer Zeit Verschiedenes ausprobiert worden.
In der aktuellen Situation werde die Ministerpräsidenten-Konferenz aber "völlig überfrachtet", sodass Erwartungen an die Leistungsfähigkeit dieser Institution gerichtet würden, für die sie nicht gemacht sei. Die Verfassung ermögliche jedoch Beschlüsse über die Bundesverordnung, die auf Landesebene umgesetzt werden müsste, so die Politologin. Auf diese Weise würde eine höhere Verbindlichkeit entstehen, ohne dass die Verfassung geändert werden müsste, erläuterte Behnke.
Schwierg sei zudem, dass es im föderalen System der Bundesrepublik 16 Länder und damit auch 16 elektorale Demokratien gebe. Diese befänden sich ebenso wie die Demokratie auf Bundesebene derzeit im Wahlkampf: Dadurch entstehe "eine enorme und Unruhe und Hektik" sowie "eine Neigung zu sachfremden Entscheidungen", sagte Behnke.