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Französische Parlamentarier in Syrien
Streit um Besuch bei Assad

Eine Syrienreise von vier Parlamentariern hat in Frankreich eine Debatte über die Syrienpolitik losgetreten. Drei der vier Parlamentarier hatten während ihres Besuchs auch Machthaber Baschar al-Assad getroffen. Präsident Hollande kritisierte das Vorgehen. Doch es gibt auch Zustimmung - aus allen Parteien.

Von Anne Raith |
    Die vier Abgeordneten Jacques Myard (UMP), Gerard Bapt (PS) (obere Reihe von links), Francois Zocchetto (UDI) und Jean-Pierre Vial (UMP) (untere Reihe von links)
    Die vier umstrittenen Abgeordneten Jacques Myard (UMP), Gerard Bapt (PS) (obere Reihe von links), Francois Zocchetto (UDI) und Jean-Pierre Vial (UMP) (untere Reihe von links) (Eric Feferberg/Jean-Francois Monier/Kenzo Tribouillard/Dylan Calves/AFP/Montage Deutschlandradio)
    Das Foto, das heute in vielen Zeitungen abgedruckt ist, zeigt, wie die französischen Parlamentarier auf einer hellblauen Polstergarnitur um einen großen dunklen Holztisch zusammensitzen, mit Syriens Machthaber Baschar al-Assad. (*) Zwei Konservative und ein Vertreter vom Bündnis der Mitte, sie alle Mitglieder der französisch-syrischen Freundschaftsgruppe. Eine private Initiative, an der auch ein sozialistischer Abgeordneter teilgenommen hat, allerdings nicht am Treffen mit Assad. Eine private Initiative, betonen sie also, die nun offiziell scharf kritisiert wird. Denn die französische Regierung hat ihre diplomatischen Beziehungen zu Syrien abgebrochen. Der Sturz Assads ist für die französische Regierung Bedingung für eine Lösung des Konflikts. Präsident François Hollande meldete sich auf seiner Philippinen-Reise zu Wort:
    "Die Parlamentarier (*) haben sich selbst bevollmächtigt, einen Diktator zu treffen, der für einen der schlimmsten Bürgerkriege in den vergangenen Jahrzehnten verantwortlich ist, mit 200.000 Toten. Der sein eigenes Volk bombardiert und auf Chemiewaffen zurückgreift, um Menschenleben auszulöschen."
    Auch Premierminister Manuel Valls verurteilte die Syrienreise der vier Parlamentarier (*) , die in dieser Funktion Frankreich repräsentieren würden und mit Assad einen Schlächter getroffen hätten. Der Besuch, von dem die Regierung gewusst haben soll: ein moralischer Fehler.
    Der Chef der Sozialistischen Partei kündigte wiederum umgehend Sanktionen gegen den mitgereisten sozialistischen Abgeordneten an. Gérard Bapt verteidigt sich:
    "Ich habe Assad nicht getroffen. Das ist Regierungslinie. Ich wollte mir die Wirklichkeit vor Ort anschauen, Vertreter der Zivilgesellschaft treffen, in Krankenhäuser und Flüchtlingslager gehen."
    Punktsieg für Assad
    Bapt erfährt auch Unterstützung in der eigenen Partei: Vielleicht werde durch die Reise eine Entwicklung in Gang gesetzt, hofft etwa François Loncle, auch er Mitglied des französisch-syrischen Freundeskreises. Man müsse wenigstens diskutieren und miteinander sprechen. Das sieht auch Jacques Myard so, Abgeordneter der konservativen Oppositionspartei UMP. Im Gegensatz zu Bapt hat er mit Assad gesprochen, auf dem Foto sitzt er neben dem Machthaber. Dass er nach Syrien gereist ist, heiße nicht, dass er Assad und dessen Politik unterstütze:
    "Wenn man die Situation politisch lösen will, muss man sich mit ihm auseinandersetzen. Er ist nun einmal nicht gestürzt worden. Die ideologische Blindheit der Regierung ist ein geostrategischer Fehler. Wenn Assad stürzt, dann stürzt die Region ins Chaos."
    ...auch mit Blick auf den Kampf gegen den Terror des IS. In der konservativen UMP ist das Meinungsbild geteilt. UMP-Chef Nicolas Sarkozy befand, jeder sei frei zu tun, was er beliebe und betonte, er würde nicht nach Damaskus reisen - obgleich er selbst Assad noch 2008 empfangen hatte. Sein Parteikollege, der ehemalige Premierminister François Fillon, widersprach: Wenn er die Gelegenheit habe, nach Syrien zu reisen, um sich ein Bild von der Lage zu machen, würde er es ohne zu zögern tun.
    Eines hat die Syrienreise der vier französischen Parlamentarier (*) ohne Zweifel gezeigt: Sie hat die Unstimmigkeiten in der französischen Syrienpolitik deutlich werden lassen. Für Beobachter ein Punktsieg für Assad.
    (*) Anmerkung der Redaktion: In der Hörfassung ist von vier Abgeordneten die Rede. Es handelt sich jedoch um vier Parlamentarier: Zwei Abgeordnete und zwei Senatoren.