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Vor 1050 Jahren
Als sich Theophanu und Kaiser Otto II. das Ja-Wort gaben

Eine byzantinische Prinzessin als Schwiegertochter - für Kaiser Otto den Großen wie ein Sechser im Lotto. Auch, wenn er dafür eine politische Kröte schlucken musste. Doch am 4.  April 972 vermählte der Papst die junge Griechin Theophanu mit Otto II. und krönte sie zur Kaiserin.

- "Die Kaiserin Theopanu macht sich lustig über ihren Gemahl Otto II nach dessen Niederlage Schlacht am Kap Colonna oder Schlacht bei Crotone. Holzstich nach Zeichnung von Friedrich Hottenroth um 1900
Szenen einer Ehe - Kaiserin Theopanu verhöhnt ihren Gemahl Otto II - nach dessen Niederlage in der Schlacht bei Crotone, 982, Holzstich um 1900 (picture-alliance / AKG)
Über zweieinhalb Kilometer bewegte sich der Hochzeitszug. Von der Apostelbasilika unweit des Kapitols vorbei an Pantheon und Engelsburg zum Vatikanhügel. Dort erwartete Papst Johannes XIII. das Brautpaar. Unter goldschimmernden Mosaiken der Peterskirche segnete der Pontifex die Ehe der jungen Leute, des 17-jährigen Otto und der 13-jährigen Theophanu, und krönte die Braut zur Kaiserin.

Hochzeit mit politischen Hindernissen

Mit der Zeremonie am 14.  April des Jahres 972 kam ein politisches Projekt zum Abschluss, das der Vater des Bräutigams, Kaiser Otto der Große, mit Zähigkeit betrieben hatte. Als einziger Monarch des Westens durfte er eine Prinzessin aus dem oströmischen Kaiserreich seine Schwiegertochter nennen. Allerdings, so der Münsteraner Mittelalter-Historiker Gerd Althoff, es gab einen Wermutstropfen.
„Die Ottonen hatten dabei eine Forderung gestellt, dass sie nämlich eine Porphyrogenneta heißt das im Griechischen, eine im Purpur geborene Prinzessin, wollten. Das heißt also, der Vater musste zu der Zeit Kaiser sein.“

Für den Imperator in Konstantinopel, der seine Herrschaft in ungebrochener Kontinuität auf die Cäsaren des alten Rom zurückführte, war Ottos erst zehn Jahre altes römisch-deutsches Kaisertum indes kaum satisfaktionsfähig. So mussten die Brautwerber sich bescheiden, sagt Gerd Althoff.
„Sie haben schließlich jemanden bekommen, die Theophanu, die alles andere als eine Porphyrogenneta war, nämlich die Nichte eines Usurpators, der vorher den regierenden Kaiser umgebracht hatte.“

Theophanu wird "Coimperatrix"

Doch ließen Otto der Große und sein Sohn und Mitkaiser Otto II., Theophanus Gatte, sich nicht irritieren. Sie überhäuften die junge Frau mit Ehrungen wie eine tatsächlich im Purpur Geborene. Von Beginn an zählte sie zum inneren Führungszirkel, neben den beiden Ottos und ihrer einflussreichen Schwiegermutter Kaiserin Adelheid. Mehr noch, so Gerd Althoff:
„Die Theophanu bekommt ja diesen Titel coimperatrix, und den hatte nicht mal die Adelheid, die hieß consors imperii, also Teilhaberin am Reich. Und Coimperatrix scheint nochmal eine Aufgipfelung der ganzen Stellung dieser Kaiserin.“

Ein kurzes wie dramatisches Leben

Mitkaiserin im Alter von 13 Jahren, mit 14 nach dem Tod des Schwiegervaters Herrscherin an der Seite Ottos II., mit 24 Witwe und Regentin im Namen ihres minderjährigen Sohnes. Theophanus Leben war kurz und verlief in raschem Wechsel von Höhen und Tiefen. Krisenhaft wurde es nach dem frühen Tod des Gemahls in Rom, als der erst dreijährige Thronerbe Otto III. von einem Mitbewerber gekidnappt wurde. Mit Schwiegermutter Adelheid und Schwägerin Äbtissin Mathilde von Quedlinburg wartete Theophanu in Pavia ab, bis deutsche Fürsten dem Usurpator klargemacht hatten, das Kind lieber zurückzugeben. Über ihre Leistung als Regentin urteilte später Bischof Thietmar von Merseburg:
„Mannhaft wachte sie über das Reich ihres Sohnes, huldvoll zeigte sie sich gegenüber allen Getreuen, furchterregend und siegreich gegenüber allen Rebellen.“

Bild der Theophanu bleibt ambivalent

Tatsächlich ist heute kaum noch zu beurteilen, ob ihre persönliche Macht weit über die Grenzen hinausreichte, die einer hochgestellten Frau im Mittelalter gezogen waren. Dazu Gerd Althoff:
„Sie hat für die Armen zu sorgen, also Sozialpolitik sozusagen zu machen, und noch einige andere natürlich repräsentative Aufgaben. Aber bei den Beratungen um politische Entscheidungen, da sind Frauen normalerweise nicht dabei.“
Als Griechin scheint Theophanu auch Vorbehalten begegnet zu sein. Man warf ihr vor, mit modischen Extravaganzen westlichen Frauen den Kopf zu verdrehen. Alles andere als spannungsfrei war das Verhältnis zur Schwiegermutter. Sogar Thietmar schreibt, sie habe Adelheid vom Hof „vertrieben“. Ohnehin wurde sie im sächsischen Familienclan ihres Mannes wohl nie heimisch. So ließ sie sich nach ihrem Tod mit erst 32 Jahren nicht im ottonischen Hauskloster Quedlinburg bestatten, sondern in der Kölner Abtei Sankt Pantaleon. Pantaleon war ein in Konstantinopel besonders verehrter Märtyrer. Hinzukommt, sagt Gerd Althoff: „Sankt Pantaleon ist eben kein ottonischer Einflussbereich. Und das ist schon eine dicke Distanzierung.“ Seit 1965 birgt ein Sarkophag aus weißem griechischem Marmor Theophanus Gebeine in Köln.