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Malaria-Mücken
Gene erklären nicht die Vorliebe für menschliche Ziele

Malaria wird von Mücken der Gattung Anopheles übertragen - allerdings nur von einigen Arten. Andere Mücken interessieren sich nicht für den Menschen. Der Genom-Vergleich von 16 repräsentativen Anopheles-Arten, der jetzt in "Science" veröffentlicht wurde, ergab jedoch keinen Hinweis auf die Unterschiede. Dafür, so ein weiterer Artikel, scheinen sich die Mückenarten gern miteinander zu paaren und so Gene auszutauschen.

Von Joachim Budde | 28.11.2014
    Äußerlich sind die beiden Mücken-Spezies Anopheles gambiae und Anopheles quadriannulatus identisch, darum sprechen Entomologen von Zwillings-Arten. Und doch unterscheiden sie sich. Anopheles gambiae überträgt sehr effizient Plasmodium-Parasiten, die Malaria-Erreger, auf den Menschen. Anopheles quadriannulatus überhaupt nicht, denn sie sticht ausschließlich Rinder. Woher diese Unterschiede kommen, lässt sich nur schwer sagen. Ein internationales Forscherteam hat jetzt die Genome von 16 Anopheles-Spezies sequenziert, sagt Dr. Daniel Neafsey vom Broad Institute, dem Forschungszentrum für Biomedizin und Genomik der Hochschulen MIT und Harvard.
    "Erstmals können wir alle Gene dieser Mückenarten vergleichen, um zu verstehen, welche Gene hinter den Unterschieden im Verhalten und in ihrer Fähigkeit stecken, Malaria zu übertragen. "
    Neafsey und seine Kollegen untersuchten zum Beispiel ob Unterschiede in den Genen, die für den Geruchssinn kodieren, erklären können, dass Anopheles gambiae auf den Menschen fliegt, Anopheles quadriannulatus hingegen nicht.
    "Wir waren ziemlich überrascht, dass die Gene für den Geruchssinn bei den Mücken fast gleich sind, obwohl sich ihre Vorlieben unterscheiden. Wenn nicht die Gene dahinter stecken, dann müssen die Mücken diese Gene unterschiedlich ein- und ausschalten."
    Fluktuation in den Genomen
    Statt schon einzelne Gene als Grundlage für ein bestimmtes Verhalten oder für eine bestimmte Eigenschaft benennen zu können, haben die Forscher aber gesehen, dass die Genome der Anopheles-Arten sich ständig verändern.
    "Wir haben große genetische Vielfalt gefunden und ein großes Maß an Fluktuation. Viele Arten benutzen ganz verschiedene Gene für ein und dieselbe Funktion. Die Mücken sind also evolutionär sehr flexibel."
    Diese Flexibilität haben die Mücken mehrfach unter Beweis gestellt; etwa, als sie Resistenzen gegen Insektenschutzmittel entwickelten. Dafür ist noch eine weitere Fähigkeit der Tiere verantwortlich. Das haben die Forscher bei sechs Arten gesehen, die sie genauer untersucht haben. Die seien nicht besonders nah verwandt, sagt Professor Nora Besansky von der Universität von Notre Dame.
    "Trotzdem hat es einen regen Gen-Austausch zwischen ihnen gegeben. Das muss ihnen geholfen haben, sich an neue Umweltbedingungen und neue Wirtstiere anzupassen und die Krankheit besser zu übertragen."
    Genaustausch über Artgrenzen
    Die Forscher sprechen bei diesem Gen-Austausch über Artgrenzen hinweg von Hybridisierung. Die Vorteile liegen auf der Hand.
    Besansky: "Eine Art kann lange auf die genetischen Mutationen warten, die einen guten Malaria-Vektor ausmachen. Tauschen ein guter Überträger und ein schlechter Gene aber direkt aus, dann können sie mit einem Schlag alle nötigen Mutationen übertragen."
    Evolution auf der Überholspur, wenn man so will. Weil die Anopheles-Genome so flexibel sind, bleiben die Tiere schwierig zu bekämpfen.
    Besansky: "Wir hoffen, neue Ansätze zu finden. Wenn wir die physikalischen und biochemischen Vorgänge und die Grundlagen für das Verhalten besser verstehen, können wir Strategien finden, denen die Mücken weniger leicht ausweichen können als bisher."
    Techtelmechtel mit Anopheles gambiae könnten also auch aus Anopheles quadriannulatus schnell einen Malaria-Überträger machen. Welche Gene die Mücken genau weitergeben müssten, das müssen weitere Studien in dem Projekt zeigen.