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Parlamentswahl in Spanien
Neue Chance für die Konservativen

Bei der Neuwahl in Spanien hat sich die konservative Volkspartei zwar als stärkste Kraft behauptet, von einer absoluten Mehrheit ist sie aber weit entfernt. Es ist offen, wer Regierungschef Mariano Rajoy zur notwendigen Mehrheit verhelfen könnte. Auch das Bündnis um die Linkspartei Podemos blieb hinter den Erwartungen zurück.

Von Bianca von der Au | 27.06.2016
    Mariano Rajoy winkt auf einer Bühne seinen Anhängern zu.
    Der Chef der Partido Popular und geschäftsführender Ministerpräsident Mariano Rajoy lässt sich feiern. (picture alliance / dpa / EFE / Javier Lizon)
    Im Laufe des Abends wurde die Stimmung vor dem Museo Reina Sofia immer schlechter. Hier verfolgten hunderte Anhänger einer Politik des Wandels in Spanien die Ergebnisse auf einer großen Leinwand und waren eigentlich auf Fiesta eingestellt. Doch die aufmunternden Chorgesänge "Si se puede" wurden am Ende immer leiser.
    Kein Wunder, dass die Gesänge zunehmend verstummten, holte doch das linksalternative Bündnis Unidos Podemos exakt dieselbe Zahl an Stimmen wie bei der Wahl vor einem halben Jahr – trotz des Bündnisses mit der vereinigten Linken. Podemos-Chef Pablo Iglesias war die Enttäuschung vom Gesicht abzulesen. Dennoch gab er sich kämpferisch:
    "Wenn jemand politische Verantwortung übernehmen will, muss er auf die schönen und weniger schönen Momente vorbereitet sein. Und wir werden nun die Ursachen analysieren, aber stehen nach wie vor dafür, eine Politik für die vielen jungen Menschen in unserem Land voranzutreiben, mit den jungen Politikern, die wir haben. Und ich glaube, wir haben noch viel vor in diesem Land."
    Spanien weiter von linker Regierungsmehrheit entfernt
    Wie ein Hohn dürften diese Worte in der Parteizentrale der sozialistischen PSOE klingen. Dort wurde Pedro Sánchez gefeiert, als wäre er der Wahlsieger. Und in gewisser Weise ist er das auch, hat er es doch entgegen aller Umfragen geschafft, die traditionsreiche Arbeiterpartei auf Platz 2 der Wählergunst zu halten, und wurde nicht, wie die Umfragen es voraussagten, von Unidos Podemos überholt. Jedoch ist Spanien damit weiter von einer linken Regierungsmehrheit entfernt als bei der Wahl vor einem Jahr. Die Schuld gibt Sozialistenchef Sanchez dem Führer von Podemos, Pablo Iglesias. Der hatte eine Regierung unter Führung der PSOE Anfang des Jahres verhindert.
    "Ich hoffe, dass Herr Iglesias über diese Ergebnisse nachdenkt. Er hatte die Möglichkeit, eine fortschrittliche Regierung zu wählen, mit der sozialistischen Partei an der Spitze. Es lag in seiner Hand, der Regierung Rajoy ein Ende zu machen, die der Mittelschicht so viel Schaden zugefügt hat durch all die Sparprogramme. Aber er hat persönliche Interessen über die der Linken gestellt und damit das Ergebnis der Rechten noch verbessert."
    Entsprechend euphorisch war die Stimmung am Parteisitz der konservativen Partido Popular. Der geschäftsführende Ministerpräsident Mariano Rajoy kam minutenlang nicht dazu, seine Rede zu beginnen. Immer wieder wurde er von frenetischem Jubel seiner Anhänger unterbrochen, schaffte es dann aber doch, die, wie er es sagte, schwierigste Rede seines Lebens zu halten.
    Regierungsbildung wird nicht einfach
    "Liebe Freundinnen und Freunde, morgen müssen wir Gespräche beginnen mit allen, und das werden wir auch machen. Viva España. Und wir wollen das Beste für Spanien und für alle Spanier. Darum sind wir hier."
    Aber einfach wird es nicht, denn auch wenn die konservative PP als Wahlsieger mit den meisten Stimmen hervorgeht, braucht sie zum Regieren einen Bündnispartner. Nach der Wahl im Dezember wollte niemand mit Rajoy koalieren. In der Wahlnacht ist das den PP-Anhängern egal. Sie fühlen sich als Sieger und übernehmen den berühmt gewordenen Schlachtruf der Linken: "Si se puede" – "Ja, wir können".