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SPD-Politikerin verlangt Gesetz zur Reduktion von CO2-Emissionen bei Kraftfahrzeugen

Die SPD-Umweltpolitikerin Petra Bierwirth fordert ein Gesetz, wonach die Autohersteller verpflichtet werden sollen, die CO2-Emissionen bei Kraftfahrzeugen zu begrenzen. Die Industrie habe ihre freiwillige Selbstverpflichtung zur Reduktion der Abgase nicht erfüllt. Zugleich müssten die Verbraucher aber auch ihr Fahrverhalten umstellen. Ein weiterer Schritt wäre, dass mehr Biokraftstoffe zum Einsatz kämen, fügte Bierwirth hinzu.

Moderation: Dirk-Oliver Heckmann | 24.01.2007
    Dirk-Oliver Heckmann: Die Energie- und Klimapolitik, das ist ein Schwerpunkt, den sich Bundeskanzlerin Merkel für ihre EU-Ratspräsidentschaft vorgenommen hat. Doch was die Klimapolitik angeht, so tut sich die EU-Kommission derzeit schwer, sich zu einigen. Umweltkommissar Dimas fordert ein Gesetz, wonach die Autohersteller verpflichtet werden sollen, bis zum Jahr 2012 den Kohlendioxid-Ausstoß von Neufahrzeugen um ein Viertel zu vermindern. Applaus bekommt er dafür von Umweltminister Gabriel; Widerspruch erntet er von Wirtschaftsminister Glos. Eine solche Forderung sei mit ihm nicht abgestimmt, meinte Glos gegenüber der "Frankfurter Rundschau". - Am Telefon ist jetzt die Vorsitzende des Umweltausschusses des Deutschen Bundestags Petra Bierwirth von der SPD. Guten Tag!

    Petra Bierwirth: Schönen guten Tag!

    Heckmann: Auch Ihr Parteikollege Industriekommissar Günter Verheugen sperrt sich gegen die Pläne seines Kollegen Dimas. Wegen der Unstimmigkeiten wurde ein Beschluss der EU-Kommission zunächst verschoben. Ist die Kommission also vor der Autolobby eingeknickt?

    Bierwirth: Es macht bald so den Anschein, wobei ich doch froher Hoffnung bin, dass der Umweltkommissar Dimas sich durchsetzen wird, denn schon Mitte der 90er Jahre hat ja eine erste Debatte auf EU-Ebene stattgefunden, die CO2-Emissionen von PKW zu limitieren. Es gab ja damals einen Kompromiss, also noch keine gesetzliche Vorschrift, dass die Automobilhersteller bis 2008/2009 Zeit haben, ihre Emissionen auf durchschnittlich 140 Gramm pro Kilometer zu senken, und man muss heute schlicht das Fazit ziehen, dass sie diese freiwillige Selbstverpflichtung nicht erfüllt haben.

    Heckmann: Was ist dafür der Grund?

    Bierwirth: Vielleicht Desinteresse und auch das Interesse, Autos mit leistungsstarken Motoren zu bauen, die natürlich einen hohen Benzinverbrauch haben und viel CO2 ausstoßen. Sie haben es dann schlicht verschlafen. Nun denke ich ist es an der höchsten Zeit, hier auch gesetzlich einzugreifen.

    Heckmann: Jetzt heißt es allerdings auch, dass deutsche Hersteller es schwerer haben als etwa italienische oder französische Hersteller, die Grenzwerte einzuhalten, diese freiwillige Selbstverpflichtung einzuhalten, weil in Deutschland mehr Mittel- und Oberklassewagen verkauft werden.

    Bierwirth: Na gut, das ist sicherlich, zum einen denke ich auch eine selbst gemachte Nachfrage der Autohersteller. Wenn sie halt nur leistungsstarke Autos produzieren, kaufen die sicherlich viele Leute. Die Verbraucher müssen sich denke ich auch an ihre eigene Nase fassen, wenn sie zugreifen bei solchen Angeboten. Aber hier nun einfach zu sagen, die anderen haben es leichter als wir, das halte ich für ein vorgeschobenes Argument.

    Heckmann: Industriekommissar Verheugen, also Ihr Parteikollege, zielt darauf ab, dass für die Schadstoffreduktion nicht allein die Hersteller verantwortlich gemacht werden sollten. Ist das ein sinnvoller Ansatz, oder macht er sich zum Sachwalter der Interessen der Automobilindustrie?

    Bierwirth: Ich denke man muss da mehrere Faktoren berücksichtigen. Zum einen halte ich es trotzdem für dringend erforderlich, per Gesetz die CO2-Emissionen bei Kraftfahrzeugen zu begrenzen. Zum anderen müssen wir als Verbraucher aber auch unser Fahrverhalten umstellen. Ein weiterer Schritt ist, dass mehr Biokraftstoffe zum Einsatz kommen und auch wirklich darüber nachgedacht wird, ob wir Autos mit so starken PS-Zahlen wirklich benötigen. Das denke ich ist nicht der Fall und da würde ja die Autoindustrie schon noch einen Beitrag leisten zur Senkung der CO2-Emissionen.

    Heckmann: Sie fordern also auch ein Gesetz zur Reduktion dieser Schadstoffe, auch wenn das Arbeitsplätze kostet in der Branche?

    Bierwirth: Das wird ja immer so leicht gesagt. Ich kann das nicht nachvollziehen, wenn man jetzt vorgibt, bis 2020 sollen die ihre Emissionen senken, dass das Arbeitsplätze kostet. Das ist für mich ein vorgeschobenes Instrument oder Argument.

    Heckmann: Inwiefern?

    Bierwirth: Ich meine so eine Forderung erzeugt ja auch wieder Innovationen, also andere Technologien. Zum Beispiel machen uns das ja die Asiaten vor mit der Einführung der Hybrid-Technik, die denke ich gerade auch für den Einsatz von Kraftfahrzeugen in Städten eine gute Alternative ist.

    Heckmann: Industriekommissar Verheugen - ich habe gerade eben schon mehrfach den Namen genannt - schwebt vor, den EU-weiten Emissionshandel auch auf den Straßenverkehr auszuweiten. Das hört sich doch eigentlich ganz vernünftig an?

    Bierwirth: Das hört sich sicherlich auf den ersten Blick vernünftig an, aber hier denke ich gibt es auch berechtigte Befürchtungen, dass die Automobilindustrie sich dann frei kauft, dass sie von anderen Zertifikate kauft und trotzdem halt nicht in eine andere Technik investiert. Das würde ich nicht als oberstes Ziel auf die Fahne "wie erreichen wir eine Minderung im Emissionsbereich des Verkehrs" setzen.

    Heckmann: Wie groß, Frau Bierwirth, ist die Gefahr, dass am Ende dieses ganzen Prozesses ein Kompromiss steht, der niemandem hilft?

    Bierwirth: Ich sehe die Gefahr nicht ganz so schlimm, weil ja der Umweltkommissar nicht allein auf weiter Flur steht. Er hat ja das EP hinter sich, ...

    Heckmann: Das Europäische Parlament.

    Bierwirth: ..., das ja auch eine gesetzliche Festlegung befürwortet. Auch die Bundesregierung gerade in Person des Umweltministers Gabriel, aber auch des Verkehrsministers hat sich ja klar zu einer gesetzlichen Begrenzung bekannt.