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Streik
In Griechenland türmen sich die Müllberge

Der Streik der griechischen Müllabfuhr geht weiter: In Athen haben am Wochenende nur punktuell private Müll-Entsorger Abfälle abgeholt - trotz Temperaturen von mehr als 35 Grad. Das Gesundheitsministerium warnt vor Gesundheitsgefahren - dennoch bleibt die Gewerkschaft der Beschäftigten hart.

Von Michael Lehmann | 26.06.2017
    In Griechenlands Hauptstadt Athen (hier: Stadtteil Egaleo) türmt sich derzeit bergeweise der Müll, die Müllabfuhr streikt seit zwei Wochen. Laut Gesundheitsministerium eine tickende Zeitbombe. Wegen der Gefahr eines Seuchenausbruchs hat die griechische Regierung die streikenden Müllarbeiter zum Dienst verpflichtet.
    Nicht der erste Streik der griechischen Müllabfuhr: So sah es 2011 in Athen aus. Auch damals warnte das Gesundheitsministerium vor Gefahren. (imago/Andreas Neumeier)
    "Wir lassen uns nicht verarschen", rufen die Müllmänner und -frauen in Athen laut durch die Innenstadt. Sie und vornedran ihre mächtige, kampfentschlossene Gewerkschaft haben am Wochenende entschieden, ihren bereits mehr als eine Woche andauernden Streik noch länger fortzusetzen.
    Auch die griechische Regierung weiß, dass der Müll in Athen und in anderen Städten längst zum Himmel stinkt. Das ist kein schöner Anblick für Touristen. Und möglicherweise gesundheitsgefährdend, wenn der Müll weiter fault und stinkt, sagt das Ministerium für Gesundheit.
    Babis Stavrotos schaut entsetzt auf die Müllberge vor seinem Athener Fitness-Studio:
    "Mikrobakterien – und anderes gefährliches Zeugs wird sich da entwickeln, ich weiß auch nicht. Ich habe gehört, die Regierung wird vielleicht einen Kompromiss aushandeln – das hilft den Leuten von der Müllabfuhr, die zum Teil schon seit 10, 15 Jahren dabei sind. Und der Regierung hilft das dann genauso wie den Leuten, die im Müll ersaufen …"
    "600 Euro gibt’s im Monat"
    10.000 feste Stellen für die Müllabfuhr fordert die Gewerkschaft, die Regierung hat am Wochenende angeboten, 2500 Männern und Frauen eine feste Anstellung anzubieten. Doch das ist den Gewerkschaftern zu wenig. Sie haben angeblich in internen Gesprächen sogar die Zahl von 6500 festen Stellen abgelehnt. Und wollen mit einem möglichst langanhaltenden Arbeitsausstand möglicherweise noch viel mehr erreichen.
    Ioannis ist Fahrer bei der Athener Müllabfuhr und sagt, er habe sich diesen Streik längst verdient, so hart wie er schufte:
    "600 Euro gibt’s im Monat für sieben Stunden Müll abfahren – an fünf Tagen die Woche."
    Das ist in der Tat ein Knochenjob – grade jetzt in extrem heißen Sommertagen, wo Müllwagen durch die Stadt jagen, die Arbeiter hinten drauf meist ohne Mundschutz. Container in den dicht bewohnten Straßen müssen normalerweise täglich gelehrt werden. Im Moment liegt die x-fache Menge Müll einfach um die Container wild verstreut oder notdürftig gestapelt.
    Steigende Temperaturen erhöhen Verhandlungsdruck
    In Athen haben zwar einige private Müllentsorger die Lage etwas entspannt – doch es soll inzwischen sogar auf einigen Urlaubsinseln stinkende Müllberge geben. Dort eben, wo die bestreikte staatliche Müllabfuhr zuständig ist. Vielen Griechen und noch mehr Urlaubern führt dieser Streik vor Augen, wie riesig die Abfallmengen in nur wenigen Tagen sind, die in dem Land anfallen.
    Die meisten Tavernen und Hotels improvisieren und schaffen es irgendwie, dass es vor der eigenen Türe nicht nach Müll stinkt. Dafür stapeln sich dann pralle Müllsäcke umso dichter in Hinterhöfen oder Nebenstraßen.
    Bis Ende der Woche sind für Griechenland Temperaturen bis 41 Grad angesagt. Mit dem Thermometer wird also sehr wahrscheinlich auch der Verhandlungsdruck steigen.